Bad Homburg (js). „Wir wissen nicht, wer wie kommt.“ Ein Satz, in dem Landrat Ulrich Krebs zusammenfasst, auf was sich der Hochtaunuskreis und seine einzelnen Kommunen in der aktuellen Phase mit der Zuweisung von Flüchtlingen seitens des Landes einstellen müssen. Ob die Menschen, die hier auf Asyl hoffen, alleine kommen, in Familien oder Gruppen, aus welchen Ländern sie stammen werden, ob sie eine Bleibeoption haben, wie es behördlich heißt, all das weiß man im Kreishaus nicht. Sicher aber ist, dass es pro Woche etwa 30 Menschen sein werden, die mit Hoffnung auf ein anders Leben in den Taunus kommen. Und dass möglichst schnell etwa 1000 Plätze in verschiedenen Gemeinschaftsunterkünften bereitgestellt werden müssen. „Und wir tun gut daran, dieses Asylrecht hochzuhalten.“
Krebs sagt dies im ersten Absatz seiner Begrüßung der über 200 Menschen, die am Freitagabend zu einer Bürgerinformation in den Ortsteil Ober-Erlenbach gekommen sind. Und ihm Beifall schenken für seine sachlichen Informationen zur Flüchtlingslage im Kreis, der seit 2015 rund 10 000 Flüchtlinge aufgenommen hat, zuletzt etwa 3200 Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind.
Im Gebäude der Stadtwerke an der Steinmühlstraße, weit draußen im Gewerbegebiet Steinmühle, geht es an diesem Abend um das Kontingent an Flüchtlingen, mit denen der Ortsteil rechnen muss. Die Stimmung dort ist wachsam, es hat sich auch bereits eine Bürgerinitiative gebildet, die keine „Massenunterkunft“ will. Es wird diskutiert über die Aufnahme von Flüchtlingskindern in Kitas und Grundschulen, über Sicherheitsthemen. Man hat 100 Stühle im weiten und hohen Innenraum des Gebäudes aufgestellt. Im Eingangsbereich zählt Stadtbrandinspektor Daniel Gui-schard die Menschen, es sind am Ende 210 Besucher.
Die Moderatorin auf der Bühne bittet um „ausschließlich sachliche Kommentare“ und einen „gemeinsamen Dialog“. Im Stehen reden an einem Tisch der Landrat und die Leiterin der Hochtaunus-Ausländerbehörde, Johanna von Arnim, am anderen Bad Homburgs Oberbürgermeister Alexander Hetjes und beim letzten öffentlichen Auftritt die scheidende Sozialdezernentin Lucia Lewalter-Schoor.
OB Hetjes spricht von einer „trügerischen Ruhe“, die sich zuletzt über die Kurstadt gelegt habe. Die Gemeinschaftsunterkünfte in Kronberg (für 600 Menschen) und im früheren Sporthotel Erbismühle in Altweilnau (400) hätten den „Druck vom Kessel genommen“, auch die Unterbringung von 800 Menschen aus der Ukraine mit großer Unterstützung des Rabbis der Jüdischen Gemeinde habe dazu beigetragen. Das aktuelle „Delta“ von 300 Plätzen zum vorgegebenen Schlüssel bei der Verteilung aber müsse nun bereinigt werden. Bad Homburg bietet derzeit 260 Wohnplätze in der Gemeinschaftsunterkunft Niederstedter Weg und 60 Plätze in der Unterkunft Portikus in Ober-Eschbach. Der Umgang in beiden Einrichtungen und im Zusammenspiel mit der Umgebung sei „sehr harmonisch“, sagt die Leiterin der Ausländerbehörde. Bestätigt wird das von den drei Hauptkommissaren der Polizei in der ersten Reihe, es gebe bisher nirgendwo „Anlass zu Sorgen“. Außerdem sei die Polizei an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden im Einsatz.
240 Plätze, zwei Standorte
In Oberursel ist vergangene Woche eine neue Unterkunft im ehemaligen Thomas-Cook-Gebäude im Gewerbegebiet Süd eröffnet worden. Die ersten 80 Bewohner sind dort bereits eingezogen, 400 Plätze können wohl geboten werden, so steht es im Mietvertrag mit dem Unternehmen, das die Unterkunft betreibt. In Ober-Erlenbach geht es in der aktuellen Planung um 240 Plätze. Verteilt auf zwei Standorte in der Steinmühlstraße. Relativ schnell gehen könnte es in der Hausnummer 26, dem jetzigen Sitz der Stadtwerke Bad Homburg, die bald in das Gewerbegebiet Mitte umziehen werden. Das noch relativ neue Haus mit seinen drei Ebenen müsste dann zu Wohnzwecken umgebaut werden. Die Stadt will dort 90 Geflüchtete aus ihrem Kontingent unterbringen, für ÖPNV-Anbindung in die Stadt ist dort gesorgt.
Ein paar hundert Meter entfernt verfügt die Stadt über ein Grundstück, das zuletzt als Lagerfläche für den Betriebshof und die Stadtwerke genutzt wurde. Die Brache würde ins Konzept passen, dort eine unter der Obhut des Hochtaunuskreises stehende Gemeinschaftsunterkunft zu installieren. Eine konkrete Planung dafür gebe es allerdings noch nicht, heißt es von beiden Seiten, wie bei allen anderen geprüften Standorten sind Verhandlungen mit potenziellen Vertragspartnern schwer. „Die Standortsuche ist eine Mammutaufgabe“, so Johanna von Arnim. Ziel ist, dort eine Unterkunft für 150 Menschen zu errichten. Die abschließende kurze Fragestunde blieb wie sachlich und konstruktiv.
Die überwiegende Mehrheit Raum schloss sich dem Leitsatz einer Frau aus dem Ortsteil an: „Wir sind eine offene Gesellschaft in Ober-Erlenbach.“ Sie plädierte für die Einrichtung eines „Runden Tisches“, um alle Themen und Fragen offen zu diskutieren und Vorbereitungen zu treffen, damit die Neuen im Ortsteil so gut wie möglich integriert werden können. Gefordert wurde lediglich eine bessere und vor allem frühzeitige Information seitens der Stadt- und Kreisbehörden.