Im Rock-Musical „Hölder“ prallen zwei Welten aufeinander

Sechs der acht Kammerchormitglieder bei der Probe der Trinkszene (von links): Mia Saric, Aylin Pawlowski-Brioso, Alina Bachmann, Sarah Haßler, Arkyn Kabadayi und Carolin Eckhart. Foto: fch

Bad Homburg (fch). Vorfreude und Lampenfieber steigen kontinuierlich bei den 20 Chormitgliedern der Humboldtschule an. Noch zwei Tage und dann stehen sie am Samstag, 2. Juli, in der Inszenierung „Hölder – Rock-Musical“ im Rampenlicht auf und seitlich vor der Bühne des Kurtheaters. Für ihren Auftritt mit einem professionellen Ensemble samt Band und Tanz-Ensemble des Hölderlin-Gymnasiums aus Lauffen am Neckar proben die Schüler bereits seit acht Monaten.

„Die Musikproben haben Anfang Dezember 2021 begonnen, seit Februar proben wir auch Szenen“, sagt Musiklehrer Björn Nolting. Das bedeutet für die Chormitglieder viel Arbeit, denn in 14 von 18 Szenen ist der Chor der Klassen acht bis 13 „The CHORds“ mit dabei. Acht Schülerinnen aus seinen Reihen bilden den Bühnen-Kammerchor. Dieser singt gemeinsam mit den Solisten auf der Bühne, übernimmt die Statisten- und Sprechrollen sowie alle Umbauten, die während der laufenden Szenen auf offener Bühne stattfinden. „Die Proben sind eine riesige Herausforderung für alle. Sie finden vor allem nachmittags und an den Wochenenden statt.“

Die Anfrage, ob die Humboldtschule den Chor und Bühnen-Kammerchor mit Solisten unter Leitung von Musiklehrer Nolting stellen möchte, traf bereits vor drei Jahren beim Gymnasium in der Kurstadt ein. Dann kam Corona, und die Aufführung verschob sich. Heute sind noch drei Sänger aus dem ersten Chor dabei. Alle anderen sind neu in diesem Schuljahr ins Projekt eingestiegen. „Das Musical wagt den spannenden Versuch, den Philosophen und Dichter Friedrich Hölderlin in unserer heutigen Zeit neu zu sehen und zu hören. Hölderlins über alle Zeiten hinweg aktuelles Thema von Freiheit, Freundschaft und einer besseren Welt steht im Mittelpunkt des Musicals. Hölderlins Gedankenwelt erweist sich als überraschend aktuell, als intensiv und leidenschaftlich. Das Ganze wird spektakulär und gefühlvoll eingerahmt von handgemachter Rockmusik, ausdrucksstarkem Tanz und atmosphärischer Projektion“, schwärmt der Musiklehrer.

In „Hölder – Rock-Musical“ prallen zwei Welten aufeinander. Das Jahr 1793 trifft auf das Heute. Erzählt wird die Geschichte der Freundschaft von Hölderlin, Schelling und Hegel. Das Trio trifft sich während seiner Studienzeit am Tübinger Stift. Sie entwerfen mit ihrer Gesellschafts-Ethik zugleich das „älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus“. „Im Kern formulieren die drei, wie wir Menschen zu einem guten Leben für alle gelangen – als Teil der Natur“, heißt es im Pressetext. Über diese, mittlerweile zwar 230 Jahre alte, aber immer noch ziemlich steile These gerät im Laufe der Handlung eine Schulklasse der Gegenwart in Streit. Hintergrund bilden ein Schuljubiläum und die geplante Einweihung eines Hölderlin-Denkmals, das ein zwielichtiger Investor stiften will. Passt das, was die Dichter schreiben wirklich in die heutige Zeit? Wie nah ist uns Hölderlin heute? Wie viel liegt zwischen unserer und der Welt des ausgehenden 18. Jahrhunderts als der schwäbische Dichter und seine Freunde an der Utopie einer neuen Werte-Ordnung feilen?

Freiheit, Natur, Schönheit, Göttlichkeit, alles sollte damals zusammengedacht werden, um aufzubrechen in ein besseres Leben. Wie aktuell ist die Werte-Ordnung des Trios? Ist sie so brandaktuell, dass Hölderlins Worte die Probleme der Zukunft lösen können? Fragen über Fragen, auf die es im Rock-Musical vielleicht eine Antwort gibt. Zwischen „Gestern“ und „Heute“, zwischen Friedrich Hölderlin und den Protagonisten aus dem Jahr 2022, steht auf der Bühne nur eine hauchdünne Leinwand. Das eröffnet der Dramaturgie die einmalige Chance, dass sich die Handelnden „leibhaftig“ begegnen und die mehr als 200 Jahre alte Gedankenwelt in die Jetzt-Zeit transportieren. Damals wie heute müssen die Protagonisten bereit und offen sein für Hölderlins Traum einer Wiederkehr der Harmonie von Natur und Menschenwelt. Wie Autor und Komponist Götz Schwarzkopf erklärt, geht es in dem Stück um die Möglichkeit „mit der Natur wieder in einer resonanten Beziehung zu stehen“.

Da es sich bei dem Stück um ein Musical handelt, darf die Musik nicht zu kurz kommen. Freuen können sich die Besucher auf 16 rockig-peppige Songs vom Rap über die Popballade bis hin zu gesungenen Appellen wie „Komm! Ins Offene, Freund!“. Es ist zugleich das Motto des Musicals. „Die Songs verarbeiten teils Texte von Hölderlin“, informiert der Musiklehrer. In Szene gesetzt wird die Handlung von einem engagierten Ensemble, einem starkem Chor, leidenschaftlich spielenden Rockmusikern ausdrucksstarken Tänzern und einer atmosphärischen Projektion.

!Am Samstag, 2. Juli, ab 19.30 Uhr gastiert „Hölder – Rock-Musical“ im Kurtheater. Karten gibt es im Vorverkauf bei Tourist-Info + Service im Kurhaus, Telefon 06172-1783710 sowie im Internet unter www.reservix.de. Der Eintritt beträgt 26 Euro, Schüler sowie Studenten zahlen 15 Euro.



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