Seit 125 Jahren im Bund mit den Christen im Orient

125 Jahre gemeinsam auf dem Weg mit Christen im Orient: Dieses Jubiläum feiert der Christliche Hilfsbund in der Erlöserkirche – im Bild (v. l.) Andreas Baumann, Geschäftsführer und Theologischer Leiter, der ehemalige Vorsitzende des Hilfsbunds, Pfarrer Willi-Hermann Merten, und der neue Hilfsbund-Vorsitzende, Pfarrer Daniel Geiss. Foto: Bergner

Bad Homburg (a.ber). „Unser Werk ist noch nicht getan. Der Christliche Hilfsbund ist ein kleines Hilfswerk, aber Mitarbeiter, Mitglieder und Unterstützer von nah und fern haben über 125 Jahre hin einen Bund mit den Christen im Orient geschlossen. Freunde, Spender und Beter aus den Kirchengemeinden, aus Politik und Wirtschaft: Euer Einsatz wird gesehen!“ In einer Feierstunde von eindrücklicher Intensität beging der in Bad Homburg beheimatete Christliche Hilfsbund im Orient sein 125-jähriges Bestehen. Pfarrer Daniel Geiss, Vorsitzender des aktuell in Libanon, Syrien, Irak, Armenien und Deutschland tätigen Hilfswerks, verstand es bei der Jubiläumsfeier in der Erlöserkirche, den Wert der Kontinuität der Hilfsbund-Arbeit seit 1896 für verfolgte und notleidende Christen deutlich zu machen.

Seit der ersten Flugblatt-Aktion des Frankfurter Pfarrers Ernst Lohmann am 2. Februar 1986 nach den Massakern an der armenischen Bevölkerung im Osmanischen Reich, aus der wenig später eine große Hilfsbewegung und der „Deutsche Hülfsbund für christliches Liebeswerk im Orient e.V.“ hervorging, haben die Mitarbeiter bis heute ein Netzwerk an Helfern nicht nur in Armenien, sondern auch in anderen Ländern des Nahen Ostens aufgebaut, auf das auch in aktuellen Krisen wie derzeit in Syrien, Libanon und Irak zurückgegriffen werden kann. Die Hilfsbundstationen – Waisenhäuser, Schulen, medizinische Einrichtungen und Ausbildungsstätten für armenische Christen – die nach 1896 in der heutigen Türkei entstanden waren und viele damals vor Verfolgung und Tod bewahrten, hatten sich nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs ab 1915 plötzlich inmitten eines Völkermords wiedergefunden, dem rund 1,5 Millionen Armenier im Osmanischen Reich zum Opfer fielen. Mitarbeiter versuchten damals, Waisenkinder und ganze Familien in den Einrichtungen zu schützen und halfen gemeinsam mit Schweizer Verbündeten vielen zur Flucht in den Libanon; die Hilfsbundmitarbeiterin Beatrice Rohner eröffnete 1915 im syrischen Aleppo ein Waisenhaus, da die Deportationszüge in die syrische Wüste an Aleppo vorbeigingen. Wohl Tausende überlebten aufgrund der Missionare des Hilfsbunds in diesen Jahren. 1922 gründeten Hilfsbund-Mitarbeiter im elsässischen Strasbourg die Action Chrétienne en Orient (ACO), die den deutschen Hilfsbund besonders nach dem Zweiten Weltkrieg unterstützte und ihm gemeinsam mit dem 1937 gegründeten Schweizer Hilfsbund heute noch verbunden ist.

Dass auch die Nachkommen der armenischen Familien aus türkischen Gebieten aus den Erfahrungen des Genozids heraus heute in Libanon und Syrien mit dem Christlichen Hilfsbund zusammenarbeiten, dessen Hilfe in Anspruch nehmen und ihre Kinder in Internaten, Kindergärten, in Schulen und Feriencamps eine christliche Erziehung und praktische Nächstenliebe erfahren, wurde bei der 125-Jahr-Feier in den Grußworten und Bildsequenzen aus der Arbeit des Hilfsbunds deutlich. Mehrfach wurde die langjährige Erfahrung des Werkes im Orient, seine mit Partnerorganisationen am Ort umgesetzten effektiven und verlässlichen Hilfsprojekte und der direkte Einsatz von Hilfsgeldern in den Krisengebieten hervorgehoben.

Seit 2004 gibt es die Stiftung Christlicher Hilfsbund, die die Verwaltungskosten des Hilfswerks weitgehend deckt, sodass jeder gespendete Euro in die Projekte und den Dienst der Mitarbeiter am Ort sowie die Informationsarbeit in Deutschland fließt. Während die Arbeit im Libanon seit dem Zweiten Weltkrieg läuft und in der derzeitigen instabilen Situation dort intensiviert wird, hilft das der evangelischen Kirche und dem Arbeitskreis Evangelikaler Missionswerke (AEM) angeschlossene Bad Homburger Hilfswerk seit 1988 auch in Armenien, seit 2007 durch die Kooperation mit CAPNI im Irak und seit neun Jahren wieder in Syrien einheimischen Christen: Humanitäre Projekte, Trinkwasser-Brunnenbohrungen, Bildungsarbeit und gemeindliche Jugendarbeit werden organisiert und durchgeführt.

„Wenn wir Veränderung wollen, müssen wir die Kinder stärken“, sagte Baru Jambazian, Leiter der Partnerorganisation Diaconia Charitable Fund in Armenien, bei der Feier und berichtete von der erneuten Traumatisierung der Armenier durch die verlorenen Karabach-Kriege; Flüchtlinge und Kriegsopfer bekommen Nothilfe, Diaconia und Hilfsbund betreuen 3000 Patenkinder; das Kinderheim Zatik und das „Regenbogen-Haus“ für ältere Mädchen werden unterstützt. Im Irak läuft zurzeit das Jubiläumsprojekt des Christlichen Hilfsbundes: Anlässlich 125 Jahren Bestehen wurden 125 000 Euro Spenden gesammelt, mit dem Geld werden 30 weitere Arbeitsplätze für Christen im Nordirak geschaffen, wo der Hilfsbund mit CAPNI Kredite für Wiederaufbauprojekte an Familien vergibt, die vom IS aus ihren christlichen Dörfern vertrieben worden waren. Im syrischen Aleppo werden unter anderem Studenten gefördert, Sommer-Bibelschulen für Kinder abgehalten und Nachhilfe an christlichen Schulen durchgeführt.

Bewegend waren die Grußbotschaften, die der CAPNI-Leiter Erzdiakon Emanuel Youkhana aus dem irakischen Dohuk, der armenische Diakon Ashot Mnatsakanyan aus Eriwan und der Pfarrer der Bethel-Gemeinde aus Aleppo und armenisch-evangelische Kirchenpräsident Syriens Harout Selimian geschickt hatten: Von der „konkreten Ermutigung für armenische Christen und dem Funken der Hoffnung in dieser geschundenen Welt“, von der Hilfsbund-Arbeit als „Ausdruck der Liebe und Fürsorge Jesu Christi“ und der „Freude zu wissen, dass der Christliche Hilfsbund im Orient wahrhaft bei uns war und ist in all den Nöten der letzten Jahre“ war die Rede.

Pastor Raffi Messerlian aus Beirut, Weltbund-Präsident des EC, führte in einem Vortrag im Rahmen des Jubiläums-Gottesdienstes in der Erlöserkirche den Anwesenden die akute Gefährdung des Libanon vor Augen. „Wir als Kirchen in einer rechtlich gesicherten Position müssen unsere Stimme erheben für die Kirchen und rechtlosen Christen im Nahen Osten. Es ist beschämend und ermutigend zugleich für uns Christen in Deutschland, zu erfahren, wie mutig und glaubensstark Christen dort ihren Glauben bezeugen“, sagte Dekan Michael Tönges-Braungart von Evangelischen Dekanat Hochtaunus. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher Peter Braun betonte Tönges-Braungart, dass der Christliche Hilfsbund im Orient fester Bestandteil der Kirche am Ort und der Stadt Bad Homburg sei. „Die Entwicklung und Arbeit des Hilfsbundes verdient unsere Hochachtung“, so Peter Braun.

!Informationen über die Arbeit des Christlichen Hilfsbunds im Orient gibt es im Internet unter www.hilfsbund.de/aktuelles; Exemplare der Jubiläumsschrift Hilfsbund-Impulse können per E-Mail an info[at]hilfsbund[dot]de oder unter Telefon 06172-898061 kostenlos bestellt werden; über das Patenschafts-Projekt Armenien informiert Gabi Wichner unter der angegebenen Telefonnummer.

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