Auf der Straße des Lebens unterwegs

Den Sonnenuntergang bewusst genießen –am besten noch in der Gruppe mit anderen Menschen und sich dabei austauschen. Beim „Walk and Talk“ mit David Hemken geht es darum bewusst zu entspannen. Foto: csc

Bad Homburg (csc). Bei jedem Summen des Smartphones glauben wir, dass wir sofort reagieren müssen. Ständig sind wir auf „Empfang“ eingestellt. Zur Ruhe kommen erscheint vielen Menschen schwierig bis fast unmöglich, weil sich das Gedankenkarussell sich ständig dreht. Auch David Hemken kennt die negativen Auswirkungen von Stress und hat früh begonnen, sich mit dem Thema Achtsamkeit zu beschäftigen. Seit kurzem bietet er gemeinsam mit dem Caritas-Kiosk im Quartier Berliner Siedlung/Gartenfeld immer donnerstags von 18.30 Uhr einen „Walk and Talk“ an.

„Mir ist schnell klar geworden, dass mir Stress und Hektik nicht guttun“, erzählt er. Seit frühester Kindheit leidet der zertifizierte Entspannungstrainer unter Neurodermitis und Allergien. Durch verschiedene Techniken, die der 41-Jährige ausprobiert hat, machte er die Erfahrung, wie positiv es sich auswirkt, Ruhe aktiv zu nutzen – dieses Wissen will er nun professionell weitergeben. In Zusammenarbeit mit Pia Aporta vom Caritas-Kiosk entstand die Idee zu „Walk and Talk“, was übersetzt gehen und sprechen bedeutet. „Bei uns in der Siedlung gibt es einige Menschen, die einsam und isoliert sind. Das hat mich nachdenklich gemacht“, so der gelernte Gross- und Außenhandelskaufmann. Auch diese Menschen möchte David Hemken sprichwörtlich mit auf den Weg nehmen. „Ich möchte Menschen motivieren sich gemeinsam zu entwickeln und in dieser Zeit ist es egal, wer wir sind und welchen Hintergrund wir haben. Am Ende soll jeder zufrieden nach Hause gehen“, betont Hemken.

Das Rezept ist simpel. Die Kombination aus Natur und Bewegung in Verbindung mit Gesprächen über das, was den Teilnehmern in dem Moment wichtig ist, soll den Geist öffnen. Hemken gibt auch gern Tipps zu Meditation, Dankbarkeitsübungen, positiven Glaubenssätzen und vielem mehr weiter. Dazu müsse man kein teures Retreat auf Bali buchen, versichert er.

Ich möchte wissen, was auf diesen Spaziergängen genau passiert und daher nimmt mich David Hemken mit. Wir laufen einfach los. Der asphaltierte Weg führt ins Feld, dem Sonnenuntergang entgegen. Wann habe ich eigentlich das letzte Mal bewusst einem Sonnenuntergang zugeschaut? Ich muss lange nachdenken – im Urlaub an der Adria in einem Liegestuhl am Strand – fast ein Jahr her. Verdammt, dabei nehme ich mir jeden Tag vor, mehr die kleinen Momente im Leben zu genießen. Wie mir geht es wahrscheinlich vielen Menschen. Die ersten paar Meter reden wir fast gar nicht. In der Zwischenzeit passieren wir die Schrebergartenparzellen Am Platzenberg. „Moment mal“, sagt da plötzlich David Hemken. „Schau mal, da das Tor.“ Ich schaue. Braunes Holztor, schon etwas verwittert. Nichts Besonderes eigentlich, wenn da nicht dieses selbst gemalte Schild wäre. „Lieblingsmensch“ steht darauf. Keine zwei Meter weiter ein schöner Stein vor einem Naturgarten mit vielen Narzissen, die schon aus dem Rasen lugen. Den Stein krönt ein Metallschild mit der Aufschrift „Achtung, wilde Blumen“. Humor am Wegesrand macht gute Laune. „Warum bist du hier?“ Die Frage stellt David Hemken irgendwann mal, während wir immer weiter durch das Feld streifen. Viele unterschiedliche Antworten habe er auf diese Frage schon gehört: Luft und Bewegung genießen. Gemeinschaft erfahren. Mit anderen was Neues entdecken. Und ganz oft auch „Um zu lernen mich in Ruhe zu entspannen“. Aber manchmal liegt das Besondere auch abseits der gewohnten Pfade. Eine Stelle am Bach ist immer Fixpunkt, beim „Walk and Talk.“ „Versuch dich mal auf das Plätschern des Bachs zu konzentrieren“, rät David Hemken. Tatsächlich höre ich am Anfang nur ein Rauschen, doch mit der Zeit werden Nuancen hörbar.

Weiter geht der Weg Richtung Kleiner Tannenwald. Ich weiß nicht, ob der plätschernde Bach eine Metapher war, aber aus mir sprudeln die Gedanken plötzlich einfach so heraus. Ich erzähle davon, was meine verstorbene Oma mir so alles mit auf den Lebensweg gegeben hat, von meinem Job, meinen Schwiegereltern, die einst als Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Dinge, die mich beschäftigen, ohne dass ich mir manchmal selbst darüber im Klaren bin. Währenddessen betrachten wir die Spiegelungen auf dem Teich am Dorischen Tempel, bevor es gleich dunkel werden wird. Als wir nach etwa eineinhalb Stunden wieder an unserem Ausgangspunkt ankommen, fühle ich mich wortwörtlich mit guten Gedanken aufgeladen. Es war ein schönes Gespräch, das auch Raum für Perspektivwechsel gelassen hat. Zum Abschied zieht David Hemken einen Stapel Karten hervor und bittet mich darum, eine auszuwählen. „Mach die Dinge doch mal mit links“ steht darauf. Da ist er wieder, der Perspektivwechsel. Die Kraft den Moment zu genießen ist in uns“, sagt er, „wir müssen sie nur nutzen.“

Wer mehr über David Hemken erfahren möchte, kann sich im Internet unter www.kraftderachtsamkeitcoaching.de informieren.

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