Durch Untertauchen die Reinheit vor Gott erlangen

In spätestens acht Wochen hoffen Rabbi Shalom Rabinovitz und die Vorstandsmitglieder Eugen Sternberg und Arthur Iliyav Oberbürgermeister Alexander Hetjes (3. v. l.) zur Einweihung der Mikwe begrüßen zu können. Foto: fch

Bad Homburg (fch). In sechs bis acht Wochen ist es soweit. Dann möchte Rabbiner Shalom Dov Ber Rabinovitz mit den 400 Mitgliedern seiner 2011 neugegründeten Jüdischen Gemeinde Bad Homburg, die Teil der Jüdischen Gemeinde Frankfurt ist, die Einweihung der neuen Mikwe, dem rituellen jüdischen Tauchbad, feiern. Der Spatenstich erfolgte im Februar 2021 neben der 2018 eröffneten Synagoge und dem Jüdischen Zentrum im Töpferweg.

Es ist der erste Neubau einer Mikwe für die Jüdische Gemeinde Frankfurt seit 1945. Mit dem Bau der Mikwe knüpft die Gemeinde an eine 1938 zerstörte Tradition jüdischen Lebens in der Kurstadt an. Damals waren die alte Synagoge in der Elisabethenstraße und das im jüdischen Gemeindehaus untergebrachte, rituelle Tauchbad von Nationalsozialisten zerstört worden. Mit dem Bau einer Mikwe erfüllt die Gemeinde ein wichtiges Grundgebot, informiert der Rabbiner. „Es stand und steht eigentlich noch vor dem Bau einer Synagoge.“

Nach den halachischen Regeln sei das rituelle Tauchbad, in das jüdische Frauen einmal vor der Hochzeit und danach immer einmal im Monat nach Beendigung ihrer Menstruation eintauchen, um körperliche und seelische Reinheit zu erlangen, ein wichtiger religiöser Baustein. Zum einen zur Entwicklung der Gemeinde, zum anderen als Bestandteil der Hygiene-Regeln, „die Juden schon seit Jahrtausenden beachten“, informierte Gemeindemitglied Arthur Iliyav. Durch diese Hygiene-Regeln seien viele Seuchen im Mittelalter an den jüdischen Gemeinden vorbeigezogen. Gefüllt wird das rund 1,30 Meter breite und vier Meter lange Mikwe mit fließendem Grund- oder Regenwasser, das gereinigt wird. Damit die Badenden durch Untertauchen die Reinheit vor Gott erlangen können, liegt der Wasserspiegel bei, 1,20 Meter, so der Rabbiner.

Die neue Mikwe wird neben dem Tauchbad auch Umkleideräume, sanitäre Anlagen und ein Büro für den Rabbiner haben. Bauherr ist der Verein „Freunde und Förderer der jüdischen Kultur und Religion Bad Homburg“, dem die Stadt das Gelände am Töpferweg samt des Synagogengebäudes in Erbpacht überlassen hat. Die Kosten belaufen sich nach aktuellem Stand auf 380 000 Euro. Bei Baubeginn wurde mit 250 000 Euro kalkuliert. Die Stadt Bad Homburg steuert 100 000 Euro bei. Der größte Teil wird mit Spenden aus der Gemeinde und von Bad Homburger Bürgern finanziert. „Wir wachsen langsam, haben bald alle Teile einer jüdischen Gemeinde in Bad Homburg“, sagte der Rabbiner. Der größte Teil der Gemeindemitglieder komme aus russischsprachigen Ländern der ehemaligen Sowjetunion, aber auch aus den USA und Deutschland. Jetzt kommen jüdische Familien aus der Ukraine, die vor dem Krieg nach Bad Homburg und in den Hochtaunuskreis geflüchtet sind, hinzu. Noch nicht in der Kurstadt realisiert werden konnte ein jüdischer Kindergarten. Aber es gibt im Jüdischen Zentrum eine Tagesmutter-Gruppe. Auf dem Friedhof in Ober-Eschbach soll demnächst ein Gräberfeld für Menschen jüdischen Glaubens eröffnet werden.



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