Villa Victoria wird Stiftungssitz

Bad Homburg (js). Nach knapp 20 Jahren Leerstand soll wieder Leben in die alte „Villa Victoria“ am Kurpark einziehen. Die Else-Kröner-Fresenius-Stiftung hat die Villa für vier Millionen Euro von der Kur- und Kongress-GmbH gekauft und will darin ihren Stiftungssitz einrichten. Schon 2023 soll das ambitionierte Projekt vollendet sein, Stiftungsvorstand Michael Madeja kalkuliert mit Umbaukosten in Höhe von etwa sechs Millionen Euro.

Der Charme der einst wunderbaren Villa mit der besonderen Fassade aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts hat in den vergangenen Jahrzehnten arg gelitten. Anbauten in Betonklotzform für reine Zwecknutzung haben die historische Villa gar „erdrückt und ihres Charmes beraubt“. So drastisch hat es Oberbürgermeister Alexander Hetjes bei der „erfreulichen Bekanntmachung“ der neuen Besitzerin am Dienstag formuliert. Und erweiterte den gerne genutzten Begriff von der Win-win-Situation hin zur „Win-win-win-win-Situation“. Der Einzug einer renommierten Stiftung sei ein „immenser Gewinn für die Stadt“, der Kurdirektor bekomme, salopp gesagt, „etwas Geld in die Kriegskasse“, die Stiftung einen repräsentativen Sitz und die Bürger der Stadt eine „wunderbare neue alte Fassade“, ein Schmuckstück an der rückwärtigen Kurparkseite.

Als „Geschenk an die Bürgerinnen und Bürger Bad Homburgs“ sehe die Stiftung tatsächlich die Rekonstruktion der alten Fassade aus der Blütezeit der Kurstadt, sagte deren Vorstandsvorsitzender Madeja, sie solle an diese einstige Blütezeit erinnern. Es werde eine der „schönsten Fassaden der Stadt“ werden, glaubt der OB, Kurdirektor Holger Reuter erhofft sich eine „architektonisch attraktive Lösung mit einer positiven Wirkung auf den Kurpark“. Ziel aller Mitspieler beim Verkauf der Villa, bei Stiftung und Architekturbüro, Stadtverwaltung und Denkmalpflege, sei es, der Villa Victoria ihre „ursprüngliche Würde“ wieder zu geben. „Sichern und Hand draufhalten“, war laut Kurdirektor die Devise, als die Kur 1999 als Käufer auftrat, die Jahre davor passten so gar nicht mehr in das Kurstadt-Image. Zuletzt waren 890 Quadratmeter des knapp 2700 Quadratmeter großen Grundstücks überbaut, nach dem Umbau sollen es nur noch 376 Quadratmeter sein, mithin 14 Prozent der Grundfläche.

Angefangen hat die wechselvolle Geschichte des Hauses 1857 mit dem Bau der kleinen „Villa Victoria Kirdorf“, nicht wirklich gesichert ist nach Recherchen der Bauherren und Architekten der Ursprung der Namensgebung. Vermutet wird aber, dass es sich um Kronprinzessin Victoria von Großbritannien und Irland handelt, die später Kaiserin wurde und wohl 1870 erstmals in Homburg weilte. Die erste Erweiterung nach hinten wurde 1884 vollzogen, eine seitliche Erweiterung kam 1903 dazu. Das Haus wurde als Sanatorium und Fremdenpension genutzt, in den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurde darin ein Kinderheim eingerichtet, das später in ein Müttergenesungsheim umgewandelt wurde. Im Weltkrieg diente die Villa als Reserve-Lazarett, nach Kriegsende als Wohnquartier für Repräsentanten der Siegermächte, in den 50er-Jahren wurde sie Erholungsheim des Bundes der Kriegsblinden Deutschlands, das 2002 geschlossen wurde.

Alle Bewohner haben ihre Spuren hinterlassen, jetzt steht die vollständige Entkernung und der Abriss des Bettentrakts an. Das Konzept des Architekturbüros Schneider & Schumacher aus Frankfurt klingt spannend. Der Anbau kommt weg, aus dem alten Komplex wird ein Stück herausgeschnitten, ein moderner Anbau für das Verwaltungsgebäude hinzugefügt. Zentrum des Hauses soll ein dazwischen geschobenes durch Dachverglasung belichtetes Treppenhaus sein, ein „Herzstück“, das als Begegnungs- und Kommunikationsraum für die Stiftungsarbeit angelegt ist. Die Else Kröner-Fresenius-Stiftung ist mit knapp 27 Prozent Hauptaktionärin des weltweit mit 280 000 Mitarbeitern agierenden Gesundheitskonzern Fresenius. Das Stiftungsvolumen beträgt rund 60 Millionen Euro im Jahr, für die Stiftung arbeiten 17 Mitarbeiter. In der Kurstadt hat der Konzern sein Zentrum, „für uns Wunschstandort der Stiftung“, so Michael Madeja

Der Charme der einst wunderbaren Villa mit der besonderen Fassade aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts hat in den vergangenen Jahrzehnten arg gelitten. Foto: js

Stiftungsvorstand Michael Madeja kalkuliert mit Umbaukosten in Höhe von etwa sechs Millionen Euro. Foto: js

Weitere Artikelbilder



X