Wagners Tannhäuser spricht die Ur-Sehnsüchte der Menschen an

„In dieser Oper pilgert ständig jemand nach Rom“: Susanne Rohn (Mitte), künstlerische Leiterin des Opern-Projekts „Tannhäuser“, spielt auf der Sauer-Orgel der Erlöserkirche den berühmten „Pilgerchor“ aus Wagners Oper in einer Fassung von Franz Liszt – OB Hetjes (r.), Volker Siegert vom Förderverein Kirchenmusik (l.) lauschen. Foto a.ber

Bad Homburg (a.ber). Der legendenreiche Sängerkrieg auf der Wartburg, bei dem im Hochmittelalter Minnesänger miteinander dichterisch um Kunst und Gunst am thüringischen Fürstenhaus wetteiferten, hat sicher nicht mit derartiger Klangfülle aufwarten können wie die konzertante Aufführung von Richard Wagners Oper „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg“, die am 12. und 14. September in der Erlöserkirche Bad Homburg zu hören sein wird. Fast 200 mitwirkende Chorsänger, Solisten und Instrumentalisten werden unter der künstlerischen Leitung von Kantorin Susanne Rohn die berühmte romantische Opernmusik zu Gehör bringen.

Drei Stunden lang wird es um Liebe gehen: „Caritative Liebe und die mittelalterliche Todsünde der Wollust, um Seelenheil und freie Liebe“, wie Kantorin Rohn auf einer Pressekonferenz zu dem musikalischen Groß-Projekt erläuterte. Gemeinsam mit Oberbürgermeister Alexander Hetjes stellte die Kirchenmusikerin der Erlöserkirche und Musikprofessorin die geplante Aufführung vor, die unter dem Leitmotiv „Tannhäuser 2025 – eine Stadt, ein Projekt“ steht. Bereits im Jahr 2013 war in der Erlöserkirche mit „Parsifal“ ein Monumentalwerk des Komponisten Richard Wagner erklungen. Nun also „Tannhäuser“ mit hochkarätigen Solisten, den beiden Chören der Erlöserkirche, dem Jugendchor Hochtaunus unter Leitung von Tristan Meister und dem Orchester L’Arpa festante auf historischen Instrumenten. Tenor Marco Jentzsch, ein gefragter Wagner-Interpret, wird die Titelrolle des Tannhäuser singen, Sopranistin Lena Kutzner die Elisabeth von Thüringen und Mezzosopranistin Katrin Wundersam die Rolle der Venus. Die konzertante Aufführung kommt ohne Kostüme, Bühnenbild und szenische Darstellung aus. Um die mächtige Klangfülle der Wagnerschen Oper an die Akustik der Kirche anzupassen, konzertiert das Orchester L’Arpa festante auf Instrumenten, wie sie im 19. Jahrhundert gängig waren: „Die Geigen mit Darmsaiten und einer etwas tieferen Stimmung, die Blechbläser in weicherer Intonation und auch die alte romantische Harfe tragen dazu bei, dass die 1845 komponierte Oper so erklingen wird – und wir beziehen den ganzen Kirchenraum vielfältig mit ein“, so Rohn. Die Proben mit den verschiedenen beteiligten Ensembles beginnen nach Ostern. Von einer „absoluten musikalischen Besonderheit“ sprach Bad Homburgs Oberbürgermeister Hetjes, Schirmherr des Projekts. Besonders für die Jugendlichen des Jugendchor Hochtaunus sei es eine großartige Chance, einmal eine Wagner-Oper mitzusingen.

Wie beim „Parsifal“ werde die Erlöserkirche erneut auf eine „historisch informierte Aufführungspraxis“ setzen, so Kantorin Rohn. Eintauchen in die Materie, in Musik und Inhalt, in die Partitur des Opernwerkes und seine weltanschaulich-religiösen Inhalte: dies soll ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Vorträgen und Workshops in Schulen bieten. Denn der Komponist Richard Wagner sei nicht unumstritten, manches erläuterungsbedürftig. Doch „wenn wir die Person vom Werk trennen, ist Wagners Musik einfach ‚Triple-A‘“, so Susanne Rohn vor den Pressevertretern. Die hochdramatische Oper „Tannhäuser“ in einer Kirche? Pfarrer Andreas Hannemann von der Erlöserkirche erläuterte, dass Wagner die Ur-Sehnsüchte der Menschen anspreche, „der Mensch zwischen Freiheit und Begrenztheit, Schuld und Vergebung.“ Über die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Werk und den Austausch darüber könne die Kirche als Plattform für den musikalischen Prozess einen Diskurs „als Bewegung in die Stadt hinein“ ermöglichen, so der Pfarrer, der in zwei Predigten am 31. August und 7. September die „Tannhäuser“-Motive Schuld und Sühne sowie Erlösung durch Liebe aufgreifen wird.

Die Vortragsreihe startet am 18. August mit Erläuterungen zu mittelalterlicher Frömmigkeit, politischem Kontext, höfischer Sitte und zum Pilgerwesen; am 25. August geht es um Harmonik, Musikbeispiele und Leitmotive der Oper; am 2. September um die Quellen zu den Themen, die Richard Wagner für das Libretto zusammenführte.

Rund 180 000 Euro sollen die beiden Aufführungen kosten. Hauptsponsor ist der Kulturfonds Rhein-Main; auch der Förderverein Kirchenmusik der Erlöserkirche beteiligt sich; Stadt und Spielbank geben 10 000 Euro dazu. Die Aufführungen finden am Freitag, 12. September, um 18 Uhr und am Sonntag, 14. September, um 16 Uhr in der Erlöserkirche statt. Karten kosten zwischen 15 und 60 Euro. Alle Infos zu dem Projekt „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg“ und zu den Vortragsterminen sind auf www.tannhaeuser-badhomburg.de zu finden.



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