Den Wahnsinn eines ganzen Jahres ins Gedächtnis gerufen

Florian Schroeder blickt mit seinem Publikum im Kurtheater Bad Homburg zurück auf die kleinen und großen Ereignisse des vergangenen Jahres. Foto: fch

Bad Homburg (fch). Mit aufmunterndem Applaus versuchte das Publikum im Kurtheater, Florian Schroeder auf die Bühne zu locken. Als der Vorhang auch 15 Minuten später immer noch geschlossen war, erklangen die ersten Rufe „Anfangen!“. Kurz darauf öffnete sich der Vorhang, Spots erleuchteten die Bühne und der sehnsüchtig erwartete Kabarettist begrüßte das Publikum. Den verspäteten Programmbeginn entschuldigte er mit einem Missgeschick. Er sei aus Versehen nicht in die S5 nach Bad Homburg eingestiegen, sondern in die S2 nach Eppstein. Nachdem er dort die S-Bahn verlassen hatte, musste er sich erst noch ein Taxi organisieren, um nach Bad Homburg zu kommen.

Mitgebracht hatte er den Kabarettfans sein aktuelles Programm „Schluss jetzt! Der satirische Jahresrückblick“. Für diesen benötigte der 45-Jährige zwei Stunden. In dieser Zeit ließ er von der großen Politik bis zu kleinen Alltagsereignissen die vergangenen zwölf Monate Revue passieren. Florian Schroeder beobachtete, hinterfragte, analysierte, kommentierte und parodierte den Wahnsinn eines ganzen Jahres auf politischer und gesellschaftlicher Ebene ganz genau. Mal lustig und mal böse, dafür aber immer schnell rief er seinen Zuhörern ins Gedächtnis, wie es in „Deutschland am Ende eines Jahres, in dem eine Krise die nächste jagte“ zuging. Er listete Positives wie „Hansi Flick ist weg“ und Negatives wie die „Re-Migrationspläne der AfD“ auf. Auf der einen Seite gab es Querdenker, Umdenker, Andersdenker und Nichtdenker. Auf der anderen Seite die Mehrheit, das Publikum. „Sie haben Humor, sie lachen das Jahr weg, statt zu nörgeln und zu jammern. Sie sagen: Auch schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten, denn Sie gehen zu ‚Schluss jetzt!‘“, lobte Florian Schroeder. Um dann im Laufe des Abends das Bad Homburger Publikum mit dem Etikett „grün und links“ zu versehen.

Schelte gab es für eine ganze Reihe von Politikern. Die Bandbreite reichte von Annalena Baerbock über Alice Weidel bis hin zu Ursula von der Leyen, von Björn Höcke über Karl Lauterbach bis hin zu Olaf Scholz. Von Baerbock wünschte er sich keine „feministische Außenpolitik, sondern eine menschliche“. Beamte sollten nicht wie in den Leitlinien der feministischen Außenpoltik gefordert, Reflexe haben, sondern reflektieren. Schroeder outete sich als Fan von Friedrich Merz: „Ich habe vom ersten Tag an gewusst, der liefert super Material. Und er ist zuverlässig.“ Zur AfD sagte er mit Blick nach Thüringen: „Man macht mit den falschen Leuten keine Geschäfte.“ Seine Aussage stützte er mit eingeblendeten Ausschnitten aus dem MDR-Sommerinterview mit Björn Höcke.

Die Re-Migrationsplänen der AfD kommentierte er mit der Warnung: „Wir alle sind gefährdet. Jeder, der nicht macht, was die AfD will. Sie ist nicht irgendeine Partei, sondern das Ende aller Freiheit, die wir kennen.“ Verantwortlich für den Erfolg der AfD seien „die Wähler der AfD. Sie sind alle Nazis.“ Angesprochen wurden unter anderem Themen wie die Bewegungen der Klimaaktivisten „Fridays for Future“ und „Die letzte Generation“, zu der er sagte „die Ziele sind super, super, super, aber die Art und Weise, mit der sie diese vertreten, die Festkleberei, kotzt mich an“. Zur geplanten Cannabis-Legalisierung der Bundesregierung kommentierte Schröder: „Karl Lauterbach ist der Minister, bei dem man nach seiner Rede weniger versteht als vorher“. Zu den aktuellen Demonstrationen der Bauern sagte Schroeder: „Ich gehöre der Zwischengeneration an, bin die vorletzte Generation, deshalb bin ich auf der Seite der Bauern. Bis ich sie reden hörte und gesehen habe.“ Kritik sei wichtig, eine Sache für sich, die gratis sei und okay, auch wenn man deshalb nichts besser machen müsse. Zum Deutschland-Ticket lautete sein Kommentar: „Das Deutschland-Ticket ist eine gute Idee, aber nicht mit der DB.“ Auch die deutsche „Härte Band“ Rammstein und deren Sänger Till Lindemann, gegen den 2023 Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs erhoben wurden, fanden Erwähnung im satirischen Jahresrückblick. Der garantierte Satire, Comedy und jede Menge Spaß. Florian Schroeder hielt seinem Publikum einen Spiegel vor und regte es zum Nachdenken an, auch darüber, dass Kritik die Voraussetzung von Demokratie ist, denn ohne Kritik sei Demokratie überflüssig.



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