Mit Walter Röhrl am Steuer über den Hockenheimring

Für Ingrid Heinen gehört ein Besuch auf der IAA in Frankfurt seit 40 Jahren zum Start in den Herbst. Stolz ist sie auf ihre Sammlung von Autopins aus Emaille von namhaften Automobilherstellern. Foto: fch

Bad Homburg (fch). Für die Präsentation ihrer neuesten Modelle brennen die Automobil-hersteller jedes Jahr auf der Internationalen Automobil Ausstellung (IAA) in Frankfurt ein wahres Feuerwerk ab. Vom 12. bis zum 22. September dreht sich in der Mainmetropole erneut alles um die im Licht der Scheinwerfer glänzenden Neuheiten. Passend zum Motto „Driving Tomorrow“ präsentiert sich die IAA 2019 mit Themen wie Elektromobilität, alternative Antriebe, vernetztes und automatisiertes Fahren sowie urbane und digitale Mobilitätskonzepte.

Von Beginn an zählen bei der IAA neben sportlichen, familientauglichen oder umweltverträglichen Autos auch schöne Messehostessen zu den viel bewunderten Höhepunkten. Sie präsentieren zwei Wochen lang die Modelle der Hersteller mit Charme. Sie zeichnen sich trotz ihres harten Knochenjobs neben chromblitzenden Modellen meist lächelnd durch souveränes wie kundenorientiertes Auftreten aus. Wer glaubt, dass sich die Aufgabe der Messehostessen darauf beschränkt, nur zu postieren und sich fotografieren zu lassen, der unterliegt einem gewaltigen Irrtum wie Ingrid Heinen betont. So wie ein Bekannter, der zu ihr sagte: „Ach, du warst auch so eine Kühlerfigur?“

Ingrid Heinen gehörte 1979 zu den ersten Hostessen, die auf der IAA Autos präsentierten. „Messehostess auf der IAA zu sein, das ist ein anspruchsvoller Job. Man muss die Geschichte des Automobilherstellers und seine Modelle kennen, etwas über die neuen Autos sagen können, gebildet, eloquent und belastbar sein.“ Heinen spricht Englisch und Französisch, was wichtig war, um mit dem internationalen Publikum zu kommunizieren. Bevor es vor 40 Jahren soweit war und sie ihre Premiere auf der IAA feierte, musste sie eine Prüfung in der Zentrale von Simca in Neu-Isenburg bestehen. „Wir wurden eine Woche lang geschult. Auf dem Programm stand Technik und alles rund um das Auto.“

Von Simca zu Talbot

Von den 40 Interessentinnen bestanden 28 die Prüfung. „Am Ende fuhren wir, jede von uns mit ihrem zu präsentierenden Wagen, ich im Simca 1510 LS, zum Hockenheimring. Dort sollten wir einen Tag lang über den Kurs fahren, um alle Besonderheiten und Eigenschaften unseres jeweiligen Fahrzeugs fahrtechnisch zu erlernen. Um auf der IAA die Standbesucher kompetent und technisch versiert informieren zu können.“ Da Mercedes am dafür vorgesehenen Tag Reifentests auf dem Hockenheimring durchführte, wurde der praktische Teil geändert. Und so lenkte nicht Ingrid Heinen einen Simca 1510 LS über die Rennstrecke, sondern der damalige Rennfahrer Walter Röhrl. Jeweils vier Hostessen saßen als Beifahrerinnen mit ihm in den verschiedenen Modellen und ließen sich über die Fahreigenschaften informieren.

In Fachkreisen ein Topthema

Am ersten Messetag erlebten die 28 Hostessen dann eine Überraschung. „Am Eröffnungstag, dem 13. September 1979, wurde das Unternehmen von Simca zu Talbot umfirmiert.“ Das war eine Sensation, die das Interesse der internationalen Presse und Fernsehstationen weckte. Und die Fremdsprachenkenntnisse der Hostessen forderte. „Gleich zu Messebeginn kam der Pressechef eines großen deutschen Automobilkonzerns zu mir, um sich von mir die innovative transistorgesteuerte Zündung des Simca 1510 LS erklären zu lassen. Die war in Fachkreisen eines der Topthemen.“

Ingrid Heinen erklärte ihm und seinem eifrig mitschreibenden Assistenten die zuvor erlernten technischen Details der Zündung. Mit einem großen Lob über so viel Sachkompetenz verabschiedete sich das Duo von ihr. Stolz berichtete Messehostess Heinen ihrem Standleiter vom Interesse des deutschen Konkurrenten.

Ebenfalls ein Anliegen ist es von ihr, einem weiteren Klischee über Messehostessen entgegenzutreten. „Es wurde viel Wert daraufgelegt, dass wir seriös wirkten und waren.“ Unerwünscht am Stand waren private Gespräche mit den Besuchern oder gar Verabredungen sowie alles, was einen schlechten Eindruck hätte verursachen können. „Seriosität, Freundlichkeit und fachliche Kompetenz, das war unser Credo! Das bis heute in einigen Kreisen weit verbreitete Image der Hostessen wird weder dem Niveau noch der Ausbildung der Frauen gerecht“, betont Heinen, die seit 25 Jahren in Ober-Eschbach wohnt und zum Chor der „Eschbach Singers“ gehört.

Messeerfahrung gesammelt hat sie auf vielen weiteren internationalen Messen wie der Buchmesse oder der Interstoff, auf der sie Modedesigner wie Caren Pfleger, von Dior oder anderen großen Modehäusern kennenlernte. Seit 40 Jahren ist Ingrid Heinen auf der IAA. Erst als Hostess und dann bis heute als Besucherin. Auch dieses Mal freut sie sich wieder auf die Atmosphäre, das Treffen mit Hostessen und Mitarbeitern. „Gespannt bin ich auf E-Autos und ob es innovative Vorschläge für Diesefahrzeuge gibt“, sagt die Sammlerin von Autostickers aus Emaille.



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