Wortgewaltiger Auftakt des Festivals mit Ben Becker

Bad Homburg (jas). Im Mittelpunkt des Poesie- und Literaturfestivals 2020 steht im Gedenkjahr die Verleihung des Friedrich-Hölderlin-Literaturpreises. Sie findet am Todestag Hölderlins, am Sonntag, 7. Juni, statt. Der Träger steht noch nicht fest. Wegen der Besonderheit dieses Tages hat Festival-Chef Bernd Hoffmann außerdem für den Abend eine Lesung mit Musik in der Erlöserkirche geplant. Einzelheiten stehen noch nicht fest.

Die Sonderveranstaltung am 2. April zum Auftakt des Festivals verspricht, spektakulär zu werden: Ben Beckers mächtige Stimme füllt die Erlöserkirche und das mit der von ihm selbst konzipierten Solo-Performance „Ich, Judas“. Sie basiert auf Texten von Walter Jens und Amoz Oz. Becker hinterfragt in seiner Rezitation wortgewaltig die gängige Beurteilung des als Verräter gesehenen Apostels und führt zu neuen Einsichten. Das Bühnenereignis war im Berliner Dom schon über ein Dutzend Mal ausverkauft.

Seine Verkörperung des Kommissars Gereon Rath in der weltweit beachteten Sky-Serie „Babylon Berlin“ sowie eine der Hauptrollen in der großen dreiteiligen Weltkriegs-Saga „Unsere Mütter, unsere Väter“ des ZDF machten Volker Bruch über Nacht dem ganz großen Publikum bekannt. Nun debütiert er am 27. Mai zur Festival-Eröffnung im Kurtheater, und zwar mit einem Kultbuch: Hermann Hesses „Siddhartha“.

Erstmals dabei ist auch Marie Bäumer. Die vielfach ausgezeichnete Schauspielerin erhielt zuletzt für ihre sensible Verkörperung von Romy Schneider im Kinofilm „Drei Tage in Quiberon“ den deutschen Filmpreis für die beste weibliche Hauptrolle. In Bad Homburg hat sie die romantisch-realistische Novelle „Die Dame mit dem Hündchen“ von Anton Tschechow sowie weitere russische Liebesgeschichten dabei. Gelesen wird am Donnerstag, 28. Mai, in der Villa Wertheimber, Tannenwaldallee. Romantisch wird es auch einen Tag später, am Freitag, 29. Mai: Open-Air am Abend im Schlosshof, mit Märchen und mit Andrea Sawatzki und Christian Berkel. Das Schauspieler-Ehepaar wird das Publikum mit einer spektakulären und musik-illuminierten Märchenlesung verzaubern, unter anderem mit „Die Schöne und das Tier und weiteren Märchen aus Frankreich und Italien.

Am Mittwoch, 3. Juni, folgt im Hotel Steigenberger wiederum ein Debüt – in zweifacher Hinsicht: Katty Salié tritt zum ersten Mal beim Poesiefestival auf, und sie ist keine Schauspielerin. Die Literaturwissenschaftlerin arbeitet als Fernsehjournalistin und seit vielen Jahren als Moderatorin des ZDF-Kulturflagschiffs „Aspekte“. Sie kommt mit „Wer wir waren“ von Roger Willemsen. In ihm hat ihr Fernseh-Kollege kurz vor seinem allzu frühen Tod 2016 ein ebenso aufrüttelndes wie poetisches Bild unserer aktuellen sowie der kommenden Gesellschaft entworfen. Wenn „Don Camillo und Peppone“, dann in einer Kirche! Bernd Hoffmann hat für den 5. Juni St. Marien gewählt und dazu einen Mann, der überzeugend sowohl in die Figur des italienischen Dorfpfarrers als auch in die des kommunistischen Bürgermeisters schlüpfen kann, nämlich Max Moor, dessen Charisma beim Vorlesen in Bad Homburg bestens bekannt ist.

Für unheimliche Geschichten prädestiniert scheint Matthias Matschke. Am Mittwoch, 10. Juni, liest er im Güterbahnhof aus dem Gruselklassiker „Frankenstein“ von Mary Shelley. Der Roman ist mehr als gruselig: Er erzählt, wie das künstlich erschaffene Wesen ob seiner Hässlichkeit aus menschlicher Gemeinschaft ausgeschlossen bleibt und sich in ein Monster verwandelt. Mit dabei auch wieder die Virtuosin Vivi Vassileva mit Marimba und Percussion. Die vielfach preisgekrönte Schauspielerin Nina Hoss kommt am Donnerstag, 11. Juni, nach Bad Homburg. Im Güterbahnhof liest sie aus Harper Lees Klassiker „Wer die Nachtigall stört“ und schlüpft in die Rolle der Protagonistin, die über Kindheit, Heranwachsen und Rassismus in den Südstaaten der USA in den 30er-Jahren erzählt.

„Bergdoktor“ Hans Sigl wird diesmal im Kurtheater die ganz große Bühne bereitgestellt (Samstag, 13. Juni). Nun für Thomas Manns „Die Bekenntnisse der Hochstaplers Felix Krull“, der Geschichte eines jungen Außenseiters, der nach gesellschaftlichen Aufstiegsmöglichkeiten sucht und mit spöttischem Blick hinter die Fassade der wilhelminischen Bürgerlichkeit blickt.

Für die letzte Lesung am 14. Juni hat Bernd Hoffmann den Berliner Schauspieler Peter Kurth gewinnen können. Er spielte unter anderem als Kommissar Wolter in „Babylon Berlin“ neben Volker Bruch und war in jüngster Zeit in Ulrich Tukurs „Tatort“ zu sehen. Den Festival-Abschluss, der als Matinee – Beginn 12 Uhr – in der Francois-Blanc-Spielbank stattfindet, gestaltet Peter Kurth mit Henry Miller. „Das Lächeln am Fuße der Leiter“ ist eine magische Fabel über Träume und die Dinge des Lebens, bei denen das Lachen oft aus Tränen geboren wird.

Die Lesungen des Poesie- und Literaturfestivals beginnen in der Regel um 19.30 oder 20 Uhr. Alle werden mit passenden Musik-Darbietungen untermalt, und stets stehen die Protagonisten im Anschluss für Autogramme bereit. Eine Weihnachtsveranstaltung wird es 2020 ebenfalls geben. Näheres steht noch nicht fest.

!Eintrittskarten sind erhältlich in der Tourist Info + Service im Kurhaus, Telefon 06172-1783710, E-Mail: tourist-info[at]kuk.bad-homburg[dot]de, oder bei Frankfurt Ticket, Telefon 069-1340400. Das komplette Programm ist im Internet unter bad-homburger-poesie-und-literaturfestival.de nachzulesen.

Erstmals dabei ist Marie Bäumer. Die vielfach ausgezeichnete Schauspielerin liest aus der romantisch-realistischen Novelle „Die Dame mit dem Hündchen“ von Anton Tschechow. Foto: S. Simon/V. Essler

Zum Auftakt des Festivals füllt Ben Beckers Stimme die Erlöserkirche und das mit der von ihm selbst konzipierten Solo-Performance „Ich, Judas“. Foto: Meistersinger-Faceland

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