Immense Unterstützung von vielen Seiten

Der Blick von oben auf das Gestüt Erlenhof in Dornholzhausen zeigt die Ausmaße des verheerenden Feuers: Der Pferdestall ist komplett zerstört, die Reithalle stark beschädigt.

Von Janine Stavenow

Bad Homburg. Aus der Luft gesehen wird das ganze Ausmaß der Katastrophe erst deutlich: Das Feuer, das vergangene Woche auf dem Erlenhof der Familie Rothenberger in Dornholzhausen wütete, hat die Stallungen komplett zerstört und die angrenzende Reithalle stark beschädigt. Fünf Pferde sind dem verheerenden Brand zum Opfer gefallen, Menschen wurden verletzt. Der Schaden beläuft sich auf mehrere Millionen Euro. Doch die Hilfsbereitschaft ist groß und gibt den Rothenbergers Kraft, weiterzumachen.

„Wir haben gerade nur Zeit für ein paar Zeilen, möchten uns aber von ganzem Herzen für die positive Energie bedanken, die Ihr uns entgegenbringt“, schreibt die Familie noch am Tag des Brandes auf ihrer Internetseite. „Ganz besonders gilt unser Dank auch allen, die heute Morgen geholfen haben, unsere Pferde zu retten, sowie den Einsatzkräften von Feuerwehr und Polizei, die hier Unvorstellbares geleistet haben.“

Am frühen Donnerstagmorgen gegen 6.20 Uhr hatten Bewohner von Dornholzhausen bei der Rettungsleitstelle des Kreises Rauschschwaden und einen Feuerschein im Bereich des Erlenhofs gemeldet. Durch Hund Nera war Sanneke Rothenberger aufgeweckt worden, hatte Rauch aufsteigen sehen und sofort ihren Bruder Sönke, Goldmedaillengewinner der Olympischen Spiele in Rio, geweckt. Zusammen mit Mitarbeitern des Gestüts hatten beide versucht, möglichst viele der 35 Pferde aus ihren Boxen zu befreien.

Etwa 250 Feuerwehrleute – außer den Bad Homburger Wehren waren Feuerwehren aus dem gesamten Hochtaunuskreis sowie aus Frankfurt und Offenbach im Einsatz – kämpften gegen die Flammen an und versuchten, ein Übergreifen des Feuers auf das Wohnhaus und weitere Gebäude zu verhindern. „Als wir am Gestüt eintrafen, stand der Stall bereits komplett in Brand“, sagt Branddirektor Daniel Guischard, der den Einsatz auf dem Erlenhof von der Größenordnung mit dem beim Brand der Taunus Therme 1983 vergleicht. Reibungslos habe die Zusammenarbeit aller Helfer – auch das Roten Kreuz, THW und Polizei waren am Ort der Katastrophe – geklappt. Polizei und Feuerwehr haben „alles gegeben, um dem Grauen Einhalt zu gebieten“, schreiben die Rothenbergers auf ihrer Webseite.

Wasser aus Forellenteichen

Eine besondere Herausforderung waren die Löscharbeiten auch durch die enormen Wassermengen, die benötigt wurden. Vor allem Tankfahrzeuge waren gefragt. Auch die Infraserv-Werkfeuerwehr aus Höchst war mit einem Spezialfahrzeug, das 20 000 Liter Wasser fasst, zum Einsatzort gekommen. „Die Polizei musste alle Zufahrtsstraßen zum Gehöft absperren, um den Löschwasser-Pendelverkehr aufrechterhalten zu können“, sagt Guischard. Zusätzlich sei eine Versorgungsleitung zu den Forellenteichen im Tannenwaldweg gelegt worden. „Mit einer Hochleistungspumpe wurden pro Minute 8000 Liter Wasser herausgepumpt, um die mobile Zisterne zu füllen.“

Um die Versorgung der Bad Homburger mit Trinkwasser nicht zu gefährden, wurde das Löschwasser schließlich wieder aufgefangen und in die Kläranlage gebracht. „Dort wurden Proben genommen“, sagt Guischard. Als es grünes Licht gab, konnte das Wasser in das Abwassersystem eingeleitet werden.

Mittlerweile geht die Polizei davon aus, dass der Brand durch eine „derzeit noch nicht näher zu benennende elektrische Ursache im Bereich der Stallungen“ ausbrach. Es werde weiterhin kriminaltechnisch ermittelt, so Guischard. Brandstiftung war zunächst nicht ausgeschlossen worden.

Nach dem Feuer reißt die Hilfsbereitschaft nicht ab. Die geretteten Tiere haben Notquartiere gefunden. Das Olympiapferd Cosmo sowie weitere Pferde waren zunächst bei Sven Rothenbergers Schwager Dr. Marc Krause auf dem Hof untergekommen. Semmiekes Stuten hatten auf der Riedmühle von Marga Groeninger und Ralph Westhoff in Butzbach einen Stall gefunden. Ihre Hilfe bot auch Familie Linsenhoff-Rath vom Schafhof in Kronberg an. „Nachdem wir als Familie eine Nacht weiter waren, war es für uns einleuchtend, dass wir unsere Pferde gern so nah wie möglich zusammen und mit viel Ruhe haben wollten. Wir nahmen das Angebot von Ann Kathrin Linsenhoff sehr gerne an, und so wurden gestern Daisy, Geisha, Santiano und Cosmo auf den Schafhof gefahren. Das erste Training haben sie alle gut überstanden, und Cosmo fühlt sich sichtlich wohl auf dieser wunderschönen Anlage“, schreibt Gonnelien Rothenberger am Sonntag auf der Webseite.

Das Schicksal der Rothenbergers ist vielen nah gegangen, die Anteilnahme ist groß. Viele möchten helfen. „Wir als kleine Familie möchten Ihnen Hilfe anbieten. Gerne kommen wir an Wochenenden zu Ihnen und unterstützen Sie, wo wir gebraucht werden und helfen können. Sicher haben sie unzählige Helfer. Trotzdem möchten wir unsere Hilfe anbieten. Auch zu einem späteren Zeitpunkt, wenn schon viel geschafft ist kommen wir gerne“, heißt es zum Beispiel in einem Gästebucheintrag. An anderer Stelle ist zu lesen: „Wie kann man helfen? Habe alle Führerscheine. Kann man sich da irgendwie einbringen? Bagger fahren oder Lkw? Wenn Hilfe benötigt wird auf dem Gebiet, einfach mal melden. Viel Kraft für die nächste Zeit.“

Die Rothenbergers sind ausgesprochen dankbar für jede Art von Unterstützung, bitten allerdings darum, nicht einfach unangemeldet auf den Erlenhof zu kommen. Wichtig ist, die Hilfsangebote zu koordinieren. „Da so viele fragen, ob sie mit anpacken können, haben wir Folgendes beschlossen: Wir brauchen jede Menge Helfer, um hier aufzuräumen und alles zu organisieren. Falls Ihr also mithelfen möchtet und es ernst meint, meldet Euch bitte mit dem untenstehenden Formular. Bitte kommt nicht einfach vorbei, sondern wartet auf unsere Rückmeldung – wir brauchen Euch!“, schreibt Tochter Semmieke in ihrer Blogpost.

In besagtem Formular, das ebenfalls auf der Internetseite unter www.dressurstall-rothenberger.de zum Download bereitsteht, wird nicht nur nach der möglichen Dauer eines Arbeitseinsatzes, sondern auch nach handwerklichen Kenntnissen und vorhandenen Führerscheinen gefragt. „Danke allen für die immense Unterstützung“, schreibt Semmieke.

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