Der „Erdölbohrer“ hilft beim Pflanzen der Obstbäume

Bad Homburg (eh). Als „Paradies der Artenvielfalt“ wird das Kirdorfer Feld häufig bezeichnet. Einen maßgeblichen Anteil an dieser Artenvielfalt haben die Streuobstwiesen im Feld mit fast 4000 hochstämmigen Obstbäumen. „Vor allem sind es alte oder lokal vorkommende und meist seltene Sorten, die zum Artenreichtum beitragen“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF), Michael Korwisi. Viele Bäume sind allerdings überaltert, weil in den 1960er- bis 1980er-Jahren relativ wenig gepflanzt wurde und so die ertragreichen Obstbäume im guten Alter zahlenmäßig eher gering sind. „Jedes Jahr gehen 30 bis 40 alte Bäume ein“, informiert Korwisi. „Damit die Vielfalt der Obstsorten unter den Äpfeln, Birnen, Quitten sowie dem Steinobst, das sind in erster Linie Zwetschen, Mirabellen und Kirschen, erhalten bleibt, muss ständig nachgepflanzt werden.“

Alte Sorten ausgewählt

Seit 13 Jahren hat sich die IKF außer der allgemeinen Feldpflege dieser Aufgabe verschrieben. In dieser Zeit wurden auf den Streuobstwiesen der IKF-Mitglieder 300 hochstämmige Obstbäume gepflanzt. In der gerade zu Ende gehenden Pflanzperiode von November 2018 bis März 2019 haben die ehrenamtlichen IKFler noch einmal 65 Jungbäume in die Erde gebracht. Darunter so alte Sorten wie Goldparmäne – ein wichtiger Befruchter für andere Äpfel –, Jakob Lebei, Berner Rosenapfel, Alkmene, Ingrid Marie, Champagner Renette und seltene Birnensorten wie Doppelte Phillipsbirne, Badische Mostbirne oder die Winterbutterbirne, auch Großer Katzenkopf genannt, sowie die Klassiker Hauszwetsche und Mirabelle von Nancy. Die IKFler achten auch bei Birnen, Zwetschen und Mirabellen darauf, an die klimatischen Bedingungen des Kirdorfer Feldes angepasste Sorten zu pflanzen. Alle Bäume, die gepflanzt wurden, sind Hochstämme. „Das ist gut für die Flora und Fauna auf den Wiesen und erleichtert deren Pflege“, sagt Michael Korwisi. Am Rosenmontag wurden dann die letzten zehn Bäume der zu Ende gehenden Pflanzperiode auf dem Grundstück von Jörg Eggersdorfer gepflanzt. Eggersdorfer hatte sein Grundstück im vergangenen Jahr erworben und in mühevoller Arbeit von der vom Nachbargrundstück wuchernden Verbuschung – vor allem Brombeeren und Kratzbeeren – befreit. „Und wir haben 50 Bäume gefällt“, ergänzt Jörg Eggersdorfer.

43 Löcher in vier Stunden

Dabei wurde er von der IKF tatkräftig unterstützt, und auch jetzt waren bei der Pflanzung der Bäume Nummer 56 bis 65 die beiden IKF-Vorsitzenden Fred Biedenkapp und Michael Korwisi sowie Mitglied Uli Hett, auf dessen Grundstück in der Nähe die ersten Pflanzungen durchgeführt worden waren, dabei. Eine große Hilfe beim Pflanzen der Bäume ist für die IKF eine Neuanschaffung, ein großer Erdbohrer, der an die Antriebswelle eines Traktors angeschlossen werden kann und in kürzester Zeit ein 70 Zentimeter Durchmesser umfassendes und 60 Zentimeter tiefes Pflanzloch erbohrt. Das mühsame Graben von Pflanzlöchern entfällt. „Wir können jetzt in vier Stunden 43 Löcher bohren“, sagt Korwisi. „Wenn wir das mit dem Spaten graben würden, bräuchten wir fünf Tage.“

„Erdölbohrer“ wird das Bohrungetüm in Kirdorf spaßeshalber genannt. In die Bohrlöcher wird lockere Erde, ein Teil der ausgeworfenen Erde sowie reifer Kompost gefüllt. Dann wird die mit einem unverzinkten Drahtgeflecht als Schutz gegen Wühlmäuse umwickelte Wurzel in das Loch gestellt, mit weiterer Erde bedeckt und mit reichlich Wasser eingeschlämmt. Zum Schluss wird der Pflanzpfahl in den Boden geschlagen, der Baum angebunden und mit einem Verbissschutz gegen Hasen, Rehe und Schafe versehen.

„Mit unserer diesjährigen Pflanzaktion leistet die IKF erneut einen wichtigen Beitrag zum dauerhaften Erhalt der Streuobstwiesen des Kirdorfer Feldes für künftige Generationen, wobei wir vorbildlich von der Stadt bei unserer Arbeit unterstützt werden“, betont Biedenkapp.

Max, Jörg und Judith Eggerdorfer (v. l.) pflanzen auf ihrem Grundstück im Kirdorfer Feld eine „Mirabelle von Nancy“. Michael Korwisi (r.) hat mit dem „Erdölbohrer“ das Pflanzloch vorbereitet. Foto: Ehmler



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