Zwei-Klassen-Gesellschaft im Kirdorfer Frauenknast

Insassin Susanne von Reich (Anna Denfeld), Direktor Rudi Schloss (Philipp Ernst), Staranwalt Dr. Dr. Rossi (Klaus Ernst) und Polizistin Rosa Riegel (Daniela Pohlen).Foto: fch

Bad Homburg (fch). Wer schon immer einmal wissen wollte, wie es in einem Frauenknast zugeht, der war bei den Aufführungen des Kolping Theaters der Kolpingfamilie St. Johannes Kirdorf richtig. Das Ensemble unter Leitung von Regisseurin Daniela Pohlen gewährte seinen Zuschauern im Vereinshaus Gonzenheim mit der Kriminalkomödie in drei Akten „Im Frauenknast bei Schloss und Riegel“ von Brigitte Wiese und Patrick Siebler amüsante Einblicke in das Leben hinter schwedischen Gardinen.

Im Frauenknast gibt es eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Gefängnisdirektor Rudi Schloss (Philipp Ernst) bietet seinen finanzkräftigen Gefangenen wie der „Managerin des edelsten und teuersten Etablissements in ganz Kirdorf“, Susanne von Reich (Anna Denfeld), eine luxuriöse Unterbringung. Zur Ausstattung der De-luxe-Zellen gehören ein Weinkeller samt Degustier-Raum sowie eine Gourmetverpflegung mit Bedienung durch Kellner (Oliver Ernst). Die ärmeren Gefangenen müssen sich derweil mit Eintopf und Plastikeimer statt Toilette begnügen. Zu ihnen gehören Ilse Wech (Bianca Bickel), Edeltraut Blindgänger genannt Madonna (Annette Ochs) und Maria Opfer (Veronika Held). Sie müssen sich zudem mit Therapeut Lars Laber (Nils Thoma) und seinen Therapiegesprächen herumschlagen sowie den zackigen Befehlen der Gummiknüppel schwingenden Polizistin Rosa Riegel (Daniela Pohlen) folgen.

Kein Wunder, wenn die Gefangenen einen Ausbruch planen. Werner Wech (Stefan Kozubik), der Bruder von Insassin Ilse, bringt ihr deshalb bei seinem Besuch einen Kuchen mit, in den er einen Dietrich eingebacken hat. Der sorgfältig geplante Ausbruchsversuch scheitert allerdings an Ilses Mitgefangener Edeltraut Blindgänger. Die ist nicht die Schlauste. Sie hat ihren Heißhunger auf Süßes mit Ilses Kuchen gestillt. Und dabei auch gleich den Dietrich für die Außentür mitgegessen. Auch eine Rückkehr in die Zellen vom Besucher-zimmer scheitert, weil Edeltraut einen anderen Dietrich in der Tür zum Zellentrakt von innen hat stecken lassen. Das Duo streckt seine müden Glieder auf den Stühlen im Besucherzimmer aus. Dort werden sie morgens fest schlafend von Polizistin Rosa Riegel entdeckt. Die schlägt Alarm, und der Gefängnisdirektor streicht zur Strafe Mahlzeiten. Währenddessen träumt die Gefangene Maria Opfer von einer De-luxe-Unterbringung im Frauengefängnis, die sie sich aber bei den saftigen Tagessätzen des Direktors nicht leisten kann. Der Direktor kennt eine Lösung und vermittelt Opfer den Kontakt zu Susanne von Reich und ihrem gewieften Staranwalt Dr. Dr. Rossi (Klaus Ernst). Die De-luxe-Gefangene Reich würde für die arme Insassin Opfer die Kosten für eine Unterbringung übernehmen. Falls diese einen Text ihres Anwalts auswendig lernt und eine entsprechende Aussage vor dem Richter macht. Opfer soll angeben, das sie als Zimmermädchen bei Reich gearbeitet hat und es sich beim Etablissement nicht um einen Edelpuff, sondern um ein Hotel handelt. Keine schwierige Aufgabe wäre Maria Opfer nicht vergesslich. „Ich konnte mir schon in der Schule kein Gedicht merken“, sagt sie.

Ob es ihr gelingt, ihren Gefangenenstatus trotzdem zu verbessern, welche Pläne der Staranwalt verfolgt, welche Rolle der Therapeut beim erneuten Ausbruchsversuch von Wech und Blindgänger spielt und wer die Gefangene Wech in Wirklichkeit ist, haben die Zuschauer erfahren. Sie bedankten sich bei der mit viel Herzblut spielenden Theatergruppe der Kolpingfamilie mit anhaltendem Applaus für eine gelungene wie kurzweilige Inszenierung. Geprobt hatten die Laien-Schauspieler die Komödie gerade einmal zwei Monate lang. „Normalerweise treten wir im Bürgerhaus Kirdorf auf. Jedes Jahr im Herbst – eine Ausnahme war 2020 – führt unsere Theatergruppe an einem Oktober-Wochenende ein Theaterstück auf“, berichtet Petra Ernst vom Leitungsteam. Begründet hat die Tradition des Theaterspielens der verstorbene, langjährige Vorsitzende Günter Ochs.

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