Altenhain (Sc) – Der Altenhainer GeschichtsVerein e.V. hat es sich zum Ziel gesetzt, die Erinnerung an den Ort Altenhain aus historischer Sicht zu erhalten. War es zuletzt die Neugestaltung der vereinseigenen Webseite, die von sich Reden machte, so hatte am vergangenen Donnerstagabend Harald Horn in das alte Rathaus von Altenhain eingeladen, um über die „alten Zeiten“ nicht nur zu referieren, sondern auch mit seinen Gästen zu plaudern.
Im Rahmen der Vortragsrunde „Alehaaner Dorfgeschichten“, die in lockerer Folge zwei- bis dreimal im Jahr stattfindet, konnte sich Harald Horn über ein volles Haus freuen. Zahlreiche Altenhainerinnen und Altenhainer hatten den Weg in das alte Rathaus gefunden, um seinen Geschichten aus und über den Ort Altenhain zu lauschen, denn wenn der Vereinsvorsitzende erst einmal richtig loslegt, dann gibt es sehr viel zu erzählen. Ob alte Geschichten, eigene Erinnerungen oder Anekdoten aus der Familie – Harald Horn kann wahrscheinlich ganz Abende mit kurzweiligen Erzählungen füllen. Selbst zwar nicht in Altenhain geboren, hat er doch sein Leben im Ort verbracht, kennt die „alteingesessenen“ Familien und weiß deshalb auch so manches zu berichten. „Redde tu ich, wie mer der Schnabel gewachse is“, so Horn. Dass ein Großteil des Vortrags in „Mundart“ stattfand, war selbstredend!
Familienfotos
Den Anfang machten an diesem Abend einige Fotos der Familie Horn – ob in den Straßen von Altenhain, unter dem Weihnachtsbaum oder bei Familienfeiern – immer wusste Harald Horn zu den Bildern auch einige Begebenheiten zu berichten, die ihn nicht nur in die familiäre, sondern auch in die ortsgeschichtliche Vergangenheit zurückblicken ließen. Es war interessant zu erfahren, dass die „Hörnsche“, wie die Familie Horn im Ort früher genannt wurde, Hasenbraten zum Weihnachtsfest hatte, das Menue dann drei Tage lang auf den Tisch kam und Harald Horn bei den Verwandten Unterschriften „schnorrte“, um zu Silvester Böller kaufen zu können. Die Böller, und da wären wir beim Ortsgeschehen, gab es in den damals noch existierenden Altenhainer Geschäften zu erwerben, deren Inhaber natürlich genau wussten, wem sie da – noch nicht volljährig – die Silvesterkracher verkauften.
Braver Bub mit vielen Freunden
Dass Harald Horn – und auch das ist selbstverständlich mit Fotos belegt – immer ein braver Bub war, daran bestand von Beginn an keine Zweifel. Stets lächelnd und mit seinen Freunden auf dem Acker wild kampierend, wurde in den 60er Jahren durchaus auch Lagerfeuer gemacht und der Akrobatik gefrönt. Dass die Zuhörer jeden der damals anwesenden Jungs namentlich benennen konnten, trug erheblich zur allgemeinen Erheiterung bei. Lustig war auch ein Foto, auf dem die Mutter mit einem Schlegel hinter dem Bub her war, weil er für ein zerbrochenes Fenster verantwortlich war. Zwar war er nicht der fotografierte Bub und die Dame nicht seine Mutter, aber das Bild passte so gut in die Erzählung einer zerbrochenen Fensterscheibe, dass die Dramatik einem jeden sofort bewusst war. Gegrillt wurde des Nachts, nachdem man sich aus dem Haus geschlichen hatte, übrigens auch auf dem Dach des „Wasserwerks“. Das geröstete Hähnchen, so Harald Horn, war wohl eher ein „Gummivogel“, aber das Abenteuer ist ihm auch heute noch gut im Gedächtnis geblieben.
Ortsansichten
Begeistern konnten sich die anwesenden Gäste auch für die alten Ortsansichten, die Harald Horn mitgebracht hatte. Der Blick hinunter über die ehemals mit Pappeln gesäumte Neuenhainer Straße, oder die Erinnerung an die Wiesen oberhalb des „Dreckbach“, wo die Kinder früher ihr Winterparadies hatten und Ski oder Schlitten fahren konnten. Heute, so berichtete Horn mit Wehmut, sind diese Wiesen bebaut und das „Paradies“ verschwunden. Auch die Fotos mit Blick auf die Straßen in Altenhain lösten Diskussionen aus. Das schöne war: damals gab es noch keine Autos und die Straßen waren entweder gar nicht, oder mit Kopfsteinpflaster befestigt. Wer wohnte wo und wem gehörten die wenigen Autos, die damals im Ort unterwegs waren? – Diese und ähnliche Fragen waren es, die die Anwesenden ins Gespräch brachten und dazu beitrugen, dass aus einem kurzweiligen Vortrag eine muntere Gesprächs- und Diskussionsrunde wurde.
Kinderkram
Fasching war in Altenhain auch ein großes Thema! Die Erinnerung an den Kinderfasching im Gasthaus „Grüner Baum“ wollte Harald Horn nicht loslassen. Ein Gruppenfoto war schnell herbeigezaubert und los ging es mit dem lustigen Raten von Namen. Wer ist wer und noch besser: wer der Fotografierten war am Donnerstag live dabei? Tatsächlich kamen fast alle Namen zusammen und gleichzeitig machte sich ein wenig Wehmut breit im Gedenken an diejenigen, die heute nicht mehr dabei sein können. Die Erinnerung an den Verkauf von „Knallmunition“ just im Saal brachte auch so manche Geschichte von wilder Knallerei und Knallern inmitten der Kinderschar ans Licht.
Woran sich jeder erinnerte, war übrigens das „rote Auto“, von dem Harald Horn ebenfalls ein Foto dabei hatte. Dieses Auto wurde jede Woche sehnsüchtig erwartet, denn es brachte die „Bravo“ und zahlreiche Comics wie „Fix und Foxy“ oder „Ivanhoe der tapfere Ritter“ zum Geschäft der Familie Stöhr.
Diese und viele Geschichten mehr hatte Harald Horn im Gepäck. Erzählungen über die Gepflogenheiten der Bäckerei Pfeifer ebenso, wie Geschichten über das Kino, was es in Altenhain auch einmal gab. Ob Rabattmarken, das „Häusl überm Alltag“ oder die Streitfrage, ob und wann das „Treppsche“ zur „Pfeifer Trepp“ wurde – Harald Horn kennt so viele schöne Geschichten, dass diese sicher noch für unzählige kurzweilige Vorträge reichen werden.
Leben, wie es früher einmal war
„Man kann die Zeiten nicht zurückdrehen“, so Harald Horn, aber in seiner Stimme klang bei diesem Satz doch sehr viel Wehmut mit. Seine persönlichen Erinnerungen, die er mit den Gästen an dem Abend teilte, hütet er wie einen Schatz und bedauerte, dass die Kinder heute fast keine Möglichkeit mehr haben, frei und unbeschwert im Ort zu spielen. Damals, so Horn, war der gesamte Ort die „Spielwiese“ – mit Rodelhängen, Sportplätzen, Waldrand und viel Freiflächen, um seinem Abenteuerdrang freien Lauf lassen zu können. Heute sei, und das merkt er mit großem Bedauern an, alles mit Zäunen abgesperrt, zugebaut oder dem Naturschutz untergeordnet. Seine Geschichten sind – mit viel Humor und einem Augenzwinkern – ein Blick in eine vergangene Zeit. Diese wird nicht wieder zurückkommen, aber es ist deshalb umso schöner, sich im Rahmen der „Alehaaner Dorfgeschichten“ gemeinsam an sie (und die Menschen, die sie schrieben und mit Leben füllten) zu erinnern.