Bad Soden (Sc) – Mit einem vollen Haus gingen am Sonntag die 19. Mendelssohn Tage der Musik zu Ende. Mit dem Konzert „Die Akte Mozart“ führten die beiden verantwortlichen Damen – Sabine Schaan (Bad Sodener Musikstiftung Dr. Jürgen Frei) und Claudia Neumann (Stadt Bad Soden) eine liebgewonnene Tradition fort. Am Finale der Konzertreihe steht das „besondere Konzert“, welches die Gäste in eine musikalische Welt entführt, die sich nicht „nur“ mit der Musik eines Komponisten, sondern auch auf erheiternde und interessante Weise mit dessen Leben befasst.
Die Affaire Mozart
Das besondere Konzert wurde aufgeführt von der wunderbaren Annette Postel, die in ihren musikalischen Erzählungen über das Leben und Wirken Wolfgang Amadeus Mozarts – kurz und liebevoll „Wolferl“ genannt – vom Salonorchester Schwanen begleitet wurde. Die elf Berufsmusiker hegen eine erkennbare Zuneigung zu ihrem Lieblingskomponisten und stürzten sich in eine ebenso musikalische wie variantenreiche Liebesbeziehung zu Mozart. Grandios die „Komödiantin der Spitzenklasse“ Annette Postel, die sich allerhand eigene Freiheiten herausnahm und als Mätresse – oder besser Muse – musikalisch beschwingt aus ihrem Leben mit dem größten „Popstar seiner Zeit“ berichtete.
Wer war Mozart?
Die alles umspannende Frage dieses Abends lautete: Wer war Mozart? Postel plauderte aus dem musikalischen „Nähkästchen“ – berichtete aus dem Leben mit einem musikalischen Genie und ließ am Ende die Frage offen: Erfand Mozart tatsächlich den Tango und den Jazz? Hat dieses junge Genie die Musikszene damals tatsächlich so „aufgemischt“, und wie stand er zu lispelnden Sängerinnen und singenden Raben? Um sich diesen Fragen zu nähern, schlüpfte die musikalische Komödiantin der Extraklasse in die Rolle von „Wolferls“ Mätresse, plauderte mit knuffigen Rabenvögeln, kokettierte mit dem Publikum und begeisterte die Gäste mit einer „Show“, die wohl einzigartig war. Die quirlige Diva besitzt eine große Klanggewalt und eine Bühnenpräsenz, die begeisterte und für einen Abend voll „grandioser Musik, sprühendem Witz und großer Virtuosität“ sorgte.
Mozarts Briefe
Den Rahmen für diese großartige musikalische Aufführung bildeten jene Briefe, die Mozart seiner „Muse“ (oder seiner „Mozartkugel“) schrieb. Immer ein bisschen frech („…manches kann man nicht vorlesen“) und manchmal auch ein kleines bisschen frivol ließ sie den Menschen Mozart in seiner Zeit auferstehen und berichtete über große und kleine Erlebnisse aus dem Alltag Mitte des 18. Jahrhunderts. So offenbarte sie Mozarts Spielsucht („krankhafter Spieler“) und sinnierte charmant über die Gerüchte, das Musikgenie hätte Melodien „geliehen“ und ganze Opern „gestohlen“.
Ein musikalisches Genie
Dass Mozart ein genialer Komponist war, sollte allgemein bekannt sein – dass seine Melodien auch in „poppigerem“ Arrangement fantastisch klingen – davon konnten sich die Gäste des Konzertabends persönlich überzeugen. Die Rachearie der „Königin der Nacht“ aus der Oper „Die Zauberflöte“ durfte ebenso wenig fehlen wie ein besonderes Arrangement der „Kleinen Nachtmusik“ oder die „Ungarischen Tänze“ – und wer noch nie den Rolling Stones Hit „We can get no satisfaction“ im echten „Mozartsound“ gehört hatte, dem war dieser besondere musikalische Leckerbissen am Sonntagabend vergönnt. Das Publikum war begeistert, ließ sich von Annette Postel darüber hinaus zu einem Kanon („Bona Nox – Ich bin ein Ochs“) überreden und hatte an diesem Abend herrlich viel Spaß! Als dann die Sopranistin noch zur Chansonette wurde und im Stil einer Marlene Dietrich „Du kannst alles haben, nur nicht mein Herz“ sang, war es auch um die letzten Gäste endgültig geschehen.
Nicht wirklich gestorben … (?)
Dass Wolfgang Amadeus Mozart am 5. Dezember 1791 wirklich am „Frieselfieber“ starb, konnte Annette Postel – in Gestalt der Muse – nicht wirklich glauben – mehr noch: Sie hielt es für lachhaft. Vielmehr wäre das „Wolferl“ den Gläubigern entkommen, habe den Franzosen noch schnell die Melodie zur Marsaillaise geschrieben und sei danach inkognito nach Paris entschwunden. Denkbar sei, dass er seinen Namen geändert und sich auf das Operettenfach verlegt habe – nicht anders sei der plötzliche Erfolg eines gewissen „Jaques Offenbach“ zu erklären. Stammt also der weltberühmte „CanCan“ in Wahrheit auch von Mozart? Es wird ein ewiges Rätsel bleiben!
So endete die musikalische und erzählerische Hommage an einen großen Komponisten und „Popstar“ seiner Zeit mit einem echten Knalleffekt – tosender Applaus war dem Orchester und natürlich Annette Postel gewiss.
Ein wundervoller Abend war zu Ende und machte ganz sicher große Lust auf mehr im nächsten Jahr: Dann nämlich begeht die Bad Sodener Musikstiftung Dr. Jürgen Frei ihr 20-jähriges Jubiläum, und man darf gespannt sein, welche wunderbaren Konzerte auf die Gäste warten.