Ein bisschen mehr Miteinander wäre schön ...

Obwohl das saftige Frühjahrsgrün lockt - aufgrund der Kontaktbeschränkungen ist ein gemeinsamer Spaziergang von Bewohnern und Familienangehörigen im Park des Augustinums momentan bedauerlicherweise nicht möglich. Foto: Augustinum

Bad Soden (Sc). Es ist stiller geworden im wunderschönen Park der Seniorenresidenz Augustinum in Bad Soden. In „normalen Zeiten“ wurde die weitläufige Gartenanlage an sonnigen Tagen vielfach von den Bewohnern und ihren Gästen für einen Spaziergang oder ein nettes Gespräch auf der Parkbank genutzt. In Ermangelung der Besucher bleiben die Wege und Bänke nun aber weitestgehend leer. Darüber hinaus waren die aktiven Bewohner des Augustinums gerne in Bad Soden unterwegs, pflegten ihre persönlichen und gemeinschaftlichen Kontakte und nahmen mit großer Begeisterung an dem vielfältigen Kulturprogramm innerhalb und außerhalb der Seniorenresidenz teil.

Bewohner mit eingeschränkter Mobilität freuten sich normalerweise über den persönlichen Kontakt zu ihren Familienangehörigen, deren Besuch auch oft ein Fenster in die Welt nach draußen bedeutete. Alle diese Freiheiten, die Bewohner*innen und deren Familien als selbstverständlich erachtet haben, wurden im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stark eingeschränkt. Aus Sorge um die Gesundheit der Bewohner und zur Vermeidung von Covid-19-Infektionen wurden Senioren- und Pflegeeinrichtungen praktisch von der Außenwelt abgeschottet – bis zum 11. Mai durften keine betriebsfremden Personen die Senioreneinrichtungen betreten, Besuche waren damit faktisch untersagt. Für alle nicht mobilen Bewohner der Senioreneinrichtungen bedeutete dies oft den Totalverlust ihrer persönlichen Kontakte „nach draußen“.

Gesundheitspolitischer Spagat

Nun wurden die strengen Kontaktbeschränkungen gelockert und es besteht offiziell die Möglichkeit, dass Bewohner einmal in der Woche für eine Stunde besucht werden dürfen. „Es ist nicht mit einem würdevollen Leben zu vereinbaren, dass Alte und Pflegebedürftige ohne soziale Kontakte auskommen müssen“, ließ der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier verlauten, denn über die Sorge um die Gesundheit der älteren Menschen darf eines nicht vergessen werden: Niemand hatte die betroffenen Senioren gefragt, ob sie diesen Einschränkungen überhaupt zustimmen. Wenn man bedenkt, dass die Bewohner der Senioreneinrichtungen für Wochen fast ohne Kontakte zur Außenwelt „festsaßen“, kaum vor die Tür konnten und niemand zu ihnen hinein durfte, sind die Auswirkungen auf das soziale Miteinander und die gesellschaftliche Teilhabe gravierend. Während „Otto-Normalverbraucher“ wenigstens eigenverantwortlich entscheiden kann, ob er im Home-Office arbeiten oder ob er auf dem Wochenmarkt einkaufen möchte (wobei er sich natürlich auch an Rahmenbedingungen halten muss), hat man den Senioren in den Einrichtungen dieses Recht auf Selbstbestimmung pauschal abgesprochen – wenn auch unter der Maßgabe, ihre Gesundheit bestmöglich schützen zu wollen. Ein gesundheitspolitischer Spagat, der auch im Nachhinein Diskussionsstoff liefern dürfte.

Lockerungen

Nun also eine Lockerung der strengen Kontaktbeschränkungen in den Senioreneinrichtungen – grundsätzlich einmal eine Stunde Besuch in der Woche ist schon mal besser als nichts! Jede Senioreneinrichtung muss nun ein Besuchskonzept entwickeln, welches Besuche in dem vorgegebenen Rahmen ermöglicht, das Infektionsrisiko jedoch minimiert. Da jede Einrichtung über andere bauliche Voraussetzungen und eine individuelle Bewohnerstruktur verfügt, sieht die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen auch überall anders aus. Im Augustinum Bad Soden hat man sich dazu entschieden, wieder einzelne Besuche – nach vorheriger telefonischer Terminvereinbarung mit dem zuständigen Mitarbeiter – in einem gesonderten Raum mit Zutrittsmöglichkeit von außen zu ermöglichen. Die Bewohner*innen werden gebeten, sich zu überlegen, welche Besuche jetzt wirklich notwendig sind, damit möglichst viele Wünsche auch zeitnah erfüllt werden können.

Keine Normalität

Trotzdem ist das soziale Miteinander noch weit von der Normalität entfernt. „Wir bitten die Bewohner*innen immer wieder darum, nach Möglichkeit in der eigenen Wohnung zu bleiben und auch ansonsten den gebotenen Abstand zueinander einzuhalten“, beschreibt Frank Peters, Direktor der Seniorenresidenz Augustinum Bad Soden, die aktuellen Gegebenheiten. „Die meisten Bewohner*innen halten sich erfreulicherweise an die Empfehlungen und nutzen für ihre Spaziergänge unseren großen Park.“ Darüber hinaus gibt es für die Bewohner*innen des Augustinums auch weiterhin Einschränkungen in ihrem gewohnten Lebensumfeld. Das hauseigene Restaurant ist noch immer geschlossen. Stattdessen werden die Mahlzeiten direkt an die Wohnungstüren gebracht, natürlich unter Wahrung der Hygiene- und Abstandregelungen. Zum großen Bedauern der kulturinteressierten Bewohner*innen finden derzeit auch keine Bewohner- und Kulturveranstaltungen statt, allerdings ist die Unternehmensleitung äußerst kreativ: Damit keine Langeweile aufkommt, wurde das hausinterne Mitteilungsblatt „umgemodelt“ und liefert nun auch Denksportaufgaben, Rätsel und Gymnastikübungen, die man gut alleine machen kann. Darüber hinaus gibt es noch das beliebte „Life-Programm“ auf dem Haus-Fernsehkanal.

Die Bewohner gehen, so Frank Peters, sehr umsichtig mit der veränderten Situation um. „Wir bekommen viele positive Rückmeldungen, für unsere Vorsichtsmaßnahmen genauso wie für unsere Angebote zum hausinternen Zeitvertreib.“ Diese besonderen Zeiten erfordern von den Mitarbeitern jedoch auch besonderen Einsatz, den die Bewohner*innen sehr wohl wahrnehmen und für den sie sich in vielfältiger Weise, sei es durch nette Grüße an den Wohnungstüren, am Telefon oder auch per E-Mail herzlich bedanken. „Natürlich vermissen die Bewohner das gemeinsame Mittagessen im Restaurant, die Kulturangebote und die vielen Gelegenheiten zur Geselligkeit. Aber das Verständnis für die Situation ist groß und wir hören öfter: Wir haben den zweiten Weltkrieg überstanden und werden auch die Corona-Krise meistern“, merkt Frank Peters an. Außerdem wird viel telefoniert und viele Senior*innen sind so fit in den neuen Medien, dass sie per Videotelefonie Kontakt zu ihrer Familie halten. Das Briefeschreiben erlebt eine wahre Renaissance und vieles wird aktuell per E-Mail erledigt.

Beschränkungen bleiben

Nicht nur die Seniorenresidenz Augustinum in Bad Soden hat es sich zum Leitbild erkoren, ihren Bewohner*innen generell ein sehr selbstbestimmtes und auch aktives Leben zu ermöglichen. Die momentane Situation läuft diesem Anspruch jedoch weitgehend zuwider und erfordert nun ein ganz besonderes Fingerspitzengefühl bei den Verantwortlichen. „Die Corona-Situation ist ein Spagat“, fasst Frank Peters zusammen. „Wir müssen die Risikogruppen schützen, gleichzeitig gehört ein auch in der Pandemie vertretbares Maß an sozialen Kontakten zu einem gesunden Leben.“ Sein Rat an alle Beteiligten lautet deshalb, sich weiterhin an Maskenpflicht, Abstandsgebot und Hygieneregeln zu halten. Seine Mitarbeiter werden alle Besucher nachdrücklich dazu auffordern, wobei es Besuche bis auf Weiteres nur einzeln, mit Angehörigen oder einer Vertrauensperson geben wird. „Das soziale Leben wird sicherlich noch eine Weile beschränkt sein müssen, aber wenn alle Mitarbeiter, Bewohner und Besucher weiterhin aufmerksam und vorsichtig sind, dann sind maßvolle Kontakte auch möglich.“



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