Bürgerversammlung zum Thema „Starkregengefahrenkarten“ stieß auf große Resonanz

Dipl. Ing. Andreas Blank (Ingenieurgemeinschaft Ruiz Rodrigues + Zeisler + Blank GbR), Michael Serba (Fachbereichsleiter Bauen und Entwickeln), Bürgermeister Dr. Frank Blasch, Stefan Perleth (Abteilungsleiter Tiefbau und Heilquellen) und Ingo Hartmann begleiteten die Bürgerversammlung zum Thema „Starkregenkarten“. Foto: Scholl

Bad Soden (bs/Sc) – Großes Interesse herrschte bei der Bürgerinformationsveranstaltung der Stadtverwaltung zum Thema „Starkregen“. Für alle, die nicht teilnehmen konnten: Starkregengefahrenkarten für Bad Soden am Taunus können auf der städtischen Website eingesehen werden.

Zwei Starkregenereignisse in Bad Soden am Taunus

Der 14. August 2020 und der 16. August 2023 – zwei Daten aus der jüngeren Vergangenheit, die bei vielen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Bad Soden am Taunus unangenehme Erinnerungen wachrufen. An diesen Tagen im August wurde das Stadtgebiet von so genannten Starkregenereignissen getroffen, und es gab große Schäden durch die Wassermassen. Viele Straßen und Keller standen unter Wasser und auch öffentliche Flächen wie das FreiBadSoden, der Alte Kurpark und das Gelände des städtischen Bauhofs wurden erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Bei diesen kurzen, aber sehr kräftigen Niederschlägen müssen große Wassermassen oberirdisch abfließen, da sie nicht mehr vollständig vom Kanalnetz oder angrenzenden Gewässern aufgenommen werden können. Solche Ereignisse, zum Beispiel während eines sommerlichen Gewitters, betreffen oft nur wenige Quadratkilometer, weshalb die genaue örtliche Eingrenzung der Vorhersage für Meteorologen nahezu unmöglich ist.

Vorstellung der Starkregengefahrenkarten

Um die Folgen eines Starkregens besser einschätzen zu können, hat die Stadt Bad Soden am Taunus die Ingenieurgemeinschaft Ruiz Rodriguez + Zeisler + Blank mit der Erstellung von Starkregengefahrenkarten beauftragt. „Ziel dieser Karten ist es, die Orte im Stadtgebiet kenntlich zu machen, in denen sich nach einem Starkregen Wasser sammelt und Gebäude und Freiflächen überschwemmen könnten“, erklärt Bürgermeister Dr. Frank Blasch.

Die Vorstellung dieser Starkregengefahrenkarten fand am 3. Juli im Bürgersaal des Bürgerhauses Neuenhain statt, und viele Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, um den Ausführungen von Ingenieur Andreas Blank zu folgen.

Gefährdung simuliert

Die Grundlage für diese hydraulischen Untersuchungen bildet ein hochaufgelöstes Abbild des vorhandenen Geländes, das aus den landesweit vorliegenden Laserscandaten entnommen wird. Als zusätzliche Eingangsgrößen werden die Nutzungsarten des Geländes, abflussrelevante, linienhafte Hindernisse im Einzugsgebiet und hydrologische Eingangsparameter verwendet.

Mittels einer zweidimensionalen hydraulischen Simulation ermitteln die Ingenieure dann die Gefährdung durch Starkregen für die verschiedenen Niederschlagsbelastungen für das Stadtgebiet Bad Soden am Taunus. Zusätzlich wurde eine Risikobewertung für die Siedlungsbereiche durchgeführt, in der die Gefährdung für diese Gebiete innerhalb der Kommune untersucht und klassifiziert wurde.

Entwicklung von Schutzmaßnahmen

Aufbauend auf der hydraulischen Gefährdungs- und der Risikoanalyse, die den Handlungsbedarf im Starkregen-Risikomanagement abbildet, werden in weiteren Arbeitsschritten Maßnahmenvorschläge für Schutzmaßnahmen erarbeitet.

Die Maßnahmenstandorte werden so ausgewählt, dass möglichst direkt bei der Abflussbildung abfließendes Oberflächenwasser zurückgehalten wird. Hierbei handelt es sich um dezentralen Hochwasserschutz mit mehreren. kleinen Maßnahmen zur Wasserrückhaltung. Diese sollen verhindern, dass Niederschlagswasser bei Starkregenereignissen von den Außengebieten in die Siedlungsbereiche einströmt.

Jeder kann einen Beitrag leisten

Aber nicht nur die Verwaltung muss etwas dafür tun, die Überflutungsgefahr durch Starkregen zu minimieren, auch die Bürgerinnen und Bürger können hier einen Beitrag leisten. Gerade die letzten Sommer haben gezeigt, dass die Extremwetterlagen mit dem Klimawandel zunehmen. Zum einen steigt die Gefahr von Starkregenereignissen, auf der anderen Seite nehmen die Trockenperioden immer mehr zu.

Da beide Extreme die gesamte Bevölkerung betreffen, können durch gezielte Maßnahmen eines jeden Einzelnen Vorkehrungen getroffen werden, um die jeweiligen Risiken zu minimieren. Hierfür empfiehlt es sich, Rückhalt für Niederschlagswasser zu schaffen, der durch die Speicherung und die spätere Nutzung des Niederschlagswasser in Zisternen auf dem Grundstück erfolgen kann. Aber auch so genannte Retentionsmulden, in denen anfallendes Niederschlagswasser gezielt gesammelt wird, tragen zum Wasserrückhalt und zur Grundwasserneubildung bei.

Flächen entsiegeln

Zusätzlich kann jeder zu Vermeidung und Verzögerungen des Niederschlagsabflusses beitragen. Durch die Entsiegelung von Hofeinfahrten und die Bepflanzung von Vorgärten werden der Niederschlagsabfluss in den öffentlichen Raum reduziert und die Versickerung sowie die Verdunstung vor Ort gesteigert, was neben der Rückhaltung letztendlich auch dem Mikroklima zugutekommt.

Allerdings gilt auch: Ab einer bestimmten Regenintensität können die Wassermengen weder durch die Kanalisation noch durch dezentrale Maßnahmen komplett bewältigt werden. Dann sind die Eigentümer gefordert, ihre Immobilien gegen eintretendes Wasser zu schützen. Die nun vorgelegten Starkregengefahrenkarten bieten den Eigentümern nun eine wertvolle Orientierung, bei wem das Risiko für solche Schadensereignisse besonders groß ist.

Informationen auf der Homepage unter Stichwort „Hochwasserschutz“

Alle Informationen zum Thema finden sich auf der städtischen Homepage unter den Stichworten „Hochwasserschutz“ und „Starkregengefahrenkarten“. Dort ist auch die Präsentation der Bürgerinformationsveranstaltung einsehbar.

Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger wissen meist sehr gut, wo Schwachstellen im Gelände sind, die eventuell durch Simulationen und Berechnungen nicht erfasst werden. Deshalb ist Ihre Expertise vor Ort gefragt. Bitte teilen Sie uns Ihre Erfahrungen in Bezug auf Starkregen und aus Ihrer Sicht wichtige Gefahrenpunkte unter der E-Mail-Adresse ingo-andre.hartmann[at]stadt-bad-soden[dot]de bis spätestens 31. Juli mit. Bitte hinterlassen Sie in der Mail für eventuelle Rückfragen Ihren Namen und Ihre Telefonnummer.

Diskussionsrunde mit interessanten Fragestellungen

An die Bürgerversammlung schloss sich für die Teilnehmenden die Möglichkeit an, Fragen und Anregungen direkt vor Ort zur Diskussion zu stellen, wovon die Anwesenden regen Gebrauch machten. Dabei kamen durchaus zentrale Themen zur Sprache, deren Erläuterungen auf großes Interesse stießen:

Zahlreiche Wortmeldungen betrafen verständlicherweise einzelne Liegenschaften, aber einige Themen waren auch von allgemeinem Interesse:

Gibt es auch eine Fördermöglichkeit für private Hauseigentümer?

Diese Frage wurde von den Fachleuten bedauerlicherweise negativ beschieden. Es seien keine Förderprogramme für den privaten Starkregenschutz bekannt, so Andreas Blank. Hier wäre zunächst die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) die richtige Anlaufstelle für Fragen, darüber hinaus auch die Landes- oder Kreisverwaltungen.

Dürfen Versicherungen aufgrund der erstellten Karten ihre Beiträge „anpassen“?

Dies sei nicht der Fall, so Blank, da die in Bad Soden erhobenen Daten nicht in gleichem Maße bundesweit für alle Kommunen verfügbar seien. Jedoch sei die Versicherungswirtschaft bestrebt, ein bundesweites Datennetz aufzubauen, in dessen Zuge entsprechende Gefährdungsdaten bundesweit einheitlich erhoben werden sollen.

Ist ein Zugriff auf ältere Baugenehmigungen möglich, um Maßnahmen zu prüfen?

Dies ist direkt im Rathaus möglich (Entwässerungsdaten). Ein Termin könne telefonisch vereinbart werden. Andernfalls sind die Baupläne bei der Genehmigungsbehörde einsehbar. Dies ist für Bad Soden der Main-Taunus-Kreis.

Gibt es eine zentrale Beratungsstelle bzw. welche Firmen können bei der Maßnahmenerwägung angesprochen werden?

Eine sinnvolle Anlaufstelle seien die spezialisierten Ingenieurbüros, die auch Beratungen durchführen. Eine zentrale Beratungsstelle gebe es nicht – ggf. müssen Spezialfirmen für einzelne Maßnahmen/Gewerke angesprochen werden.

Woran erkennt man, dass eine Rückstauklappe verbaut ist?

Dies gehe naturgemäß aus den Bauunterlagen hervor, allerdings sei dieses auch an einem Zugangsschacht (Richtung Straße) auf dem Grundstück erkennbar.

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