Demokrat Heinrich Dosse wurde am 8. Mai mit einem Stolperstein geehrt

Unter großer Anteilnahme wurde der Stolperstein für den Demokraten Heinrich Dosse am vergangenen Donnerstag in der Mendelssohn-Bartholdy-Straße 2 in Bad Soden verlegt. Ein wichtiger Termin für: Achim Reis, Martina Helmerich, Gisela Rücker, Ute Willemsen, Wolfgang und Doris Rexer, Friederike Wiertulla, Martin Krapf, Inge Walter-Möller, Bürgermeister Dr. Frank Blasch und Stadtverordnetenvorsteher Helmut Witt (von links) Fotos: Scholl

Bad Soden (Sc) – Es war kein beliebiges Datum und es war weise gewählt: Am 8. Mai 2025 jährte sich zum nunmehr 80. Mal die Befreiung Deutschlands von der Herrschaft der Nationalsozialisten – und damit auch der Tag der militärischen Kapitulation Deutschlands und das damit verbundene Ende des 2. Weltkriegs. Genau diesen geschichtsträchtigen Tag hatte sich die AG Stolpersteine Bad Soden für die Verlegung des Stolpersteins zu Ehren von Heinrich Dosse ausgesucht, um des überzeugten Demokraten und Widerstandskämpfers zu gedenken.

Die AG Stolpersteine hat es sich zum Ziel gesetzt, mit der Verlegung von Stolpersteinen in Bad Soden auf die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung aufmerksam zu machen. Der Stolperstein für Heinrich Dosse ist der 30. seiner Art, der in Bad Soden verlegt wurde. Zahlreiche Mitbürgerinnen und Mitbürger, Vertreter der städtischen Gremien und der Parteien – allen voran Mitglieder der SPD Bad Soden – waren am Donnerstagnachmittag vergangener Woche in die Mendelssohn-Bartholdy- Straße 2 gekommen, um der Verlegung beizuwohnen.

8. Mai: Tag der Befreiung oder „deutsche Katastrophe“?

In ihrer begleitenden Ansprache wies Lissy Hammerbeck, Sprecherin der AG Stolpersteine, darauf hin, dass man das Datum des 8. Mai sehr bewusst gewählt habe. Dieser Tag, so führte sie aus, werde in Deutschland auch heute oft noch nicht einheitlich wahrgenommen – zum einen sei es der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus, zum anderen der Tag einer historischen militärischen Niederlage, weshalb eine übereinstimmende Bewertung lange schwerfiel. Manchmal fehle es an einer kritischen Sicht auf die Ereignisse während der Nazizeit, was auch an der oft fehlenden persönlichen Aufarbeitung und kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema liege, so Hammerbeck. Der 8. Mai sei, so gab sie zu bedenken, je nach Perspektive und individueller Leiderfahrung, sowohl ein Tag der Erlösung wie auch der Vernichtung gewesen. Dieser ambivalenten Beziehung der Deutschen zum Kriegsende müsse Rechnung getragen werden, weshalb Stolpersteine auch so etwas wie „unscheinbare Denkmäler“ seien, mit deren Verlegung des Schicksals der Menschen in Bad Soden gedacht werde, die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur geworden sind.

Demokratie verteidigen

Auch Bürgermeister Dr. Frank Blasch wohnte der Stolpersteinverlegung bei und mahnte in seiner Rede den Schutz der Demokratie als höchstes Gut des deutschen Staates an. Der 8. Mai 1945 bezeichne, so Dr. Blasch, nicht nur das Kriegsende, sondern sei auch die „Stunde 0“ der Demokratie in Deutschland gewesen. Das Staatswesen, wie wir es heute kennen, sei eine Reaktion auf die Begebenheiten vor 1945 und es sei das höchste zu schützende Gut in diesem Land. In der Politik sei es wichtig, so Blasch, Kompromisse zu suchen und auch abweichende Meinungen in die Lösungsfindung zu integrieren. Die beständige Suche nach dem politischen Kompromiss trage das demokratische System und habe zu Frieden und Wohlstand geführt – dieses gelte es zu verteidigen. Er formulierte deutlich seine Sorge, dass das, was dieses Land stark gemacht habe, nun verstärkt untergraben werde. Aus diesem Grund sei es wichtig, Zeichen zu setzen und die Erinnerung an die Zeiten der Diktatur mahnend lebendig zu halten. Dr. Blasch beendete seine Ansprache mit einem Dank an die AG Stolpersteine, deren Mitstreiter sich ehrenamtlich engagieren – ihre Arbeit sei heute für die Stadt und auch das Land wichtiger denn je.

Heinrich Dosse: Ein überzeugter Demokrat

Heinrich Dosse, so führte Gisela Rücker im Anschluss aus, wurde nicht wegen seiner Religionszugehörigkeit verfolgt, sondern aufgrund seiner politischen Überzeugung – er war Demokrat und verteidigte seine politische Überzeugung im Widerstand, was ihm eine Verurteilung und einen Gefängnisaufenthalt einbrachte.

Heinrich Friedrich August Dosse wurde am 14. Januar 1899 in Münster am Deister geboren. Von Beruf Schreiner, war er bereits während der 20er Jahre Mitglied der SPD und Führer der Ortsgruppe des Reichsbanners. Dosse gehörte in der NS-Zeit zum politischen, sozialdemokratischen Widerstand – bereits im Juni 1933 wurde er für einige Wochen in „Schutzhaft“ genommen. Im Oktober 1935 wurde er mit weiteren Mitgliedern seiner Widerstandsgruppe erneut verhaftet. Im Februar 1936 verurteilte ihn das Oberlandesgericht in Kassel wegen „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ zu einer Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren, die er in Freiendiez und in Frankfurt-Preungesheim verbüßte.

Auch nach seiner Entlassung im Jahr 1938 hielt Dosse an seinen politischen Überzeugungen fest. Nach Kriegsende engagierte er sich weiter in der SPD und erhielt bei der ersten Kreistagswahl im Jahr 1946 einen Sitz im Kreistag des Main-Taunus-Kreises. Er hatte diesen Sitz bis 1960 für vier Wahlperioden inne. Von 1952 bis 1960 gehörte er der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bad Soden an. 1960 wurde er in den Magistrat gewählt. Heinrich Dosse starb am 3. April 1963 in Bad Soden. In seinem Nachruf der Stadtverordnetenversammlung hieß es: „Herr Dosse war mit großem Idealismus Kommunalpolitiker. Seine besondere Sorge galt den schwachen Schichten unserer Bevölkerung, für die er sich stets einsetzte.“

Musikalisch begleitet wurde die Stolpersteinverlegung zum wiederholten Mal von dem Duo „Die stolzesten Frauen“. Dahinter verbergen sich die Musikerinnen Dorothea Paul (Gitarre, Gesang) und Michaela Bender (Klarinett, Saxophon). Für diesen feierlichen Termin hatten sie, in Anlehnung an das Thema „Widerstand“, zur musikalischen Untermalung die Ouvertüre aus der „Drei Groschen Oper“ sowie die Musikstücke „Die Gedanken sind frei“ und „Daniel“ im Programm.

Umfangreiche Informationen zur AG Stolpersteine und den bereits verlegten Steinen in Bad Soden gibt es auf der Website: www.stlpersteine-in-bad-soden.de

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