Bad Soden (aks) – Auf Anhieb ein ausverkaufter Kinosaal – das machte Claudia Neumann, Kulturbeauftragte der Stadt Bad Soden, sichtlich viel Freude. Der Auftakt der Mendelssohn Tage am Samstag mit einer verlockenden Kombi aus Sushi und Geigenständchen sowie dem preisgekrönten Film „Das Konzert“ von Radu Mihaileanu lockte ebenso Kino- wie Musikfreunde in das Casablanca, das bundesweit und hessenweit prämierte Kino in Bad Soden – auch die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger, schien das Programm in der letzten Reihe zu genießen. Sabine Schaan, kreativer Kopf und Musikmanagerin der Mendelssohn Tage der Musik, strahlte mit Dr. Jürgen Frei, dem Gründer der Bad Sodener Musikstiftung, um die Wette: „Nach 18 Jahren werden ausverkaufte Veranstaltungen hoffentlich zur Tradition“. Herzlich begrüßten sie die zahlreichen Gäste, und als Dr. Frei auf die Bühne trat, kämpfte er mit seinen Emotionen angesichts der aktuellen Ereignisse. „Ich wünsche Ihnen nicht viel Spaß, sondern viel Freude“. Freude, Zusammenkunft und Freunde seien in diesen Tagen „besonders dringlich“, und er empfinde tiefe Dankbarkeit, heute hier zu sein. „Wir denken an die, die das nicht mehr können.“ Jürgen Frei war es von Anfang an ein Anliegen, das Musikleben in der Region zu fördern und das „unschätzbare Kulturgut Musik zu bewahren“. Dass dieses, von vielen totalitären Systemen als elitär empfundenes Kulturgut in den 90er-Jahren im kommunistischen Russland zu einer vernachlässigbaren Größe verkam, davon handelt der mit dem César und Golden Globe ausgezeichnete Film „Das Konzert“ – beste und niveauvolle Unterhaltung garantiert, mit Tschaikowsky als Star.
Geigenklänge und Sushi
Die kleine Lehrstunde in Sachen Geige, charmant und kenntnisreich präsentiert von Laura Zarina vom Dr. Hoch’s Konservatorium in Frankfurt, war eine lebendige Einführung. Zarina dozierte gut verständlich über Klang und Schallwellen in Bewegung, die wir als Ton wahrnehmen, über die Geige und ihre Bestandteile und wie man ihr Töne entlockt. Auch ein Musiker müsste beim Spielen in Bewegung sein, und so bittet sie das Publikum, aufzustehen und sich „einzuschwingen“ – das sei gut für das Nervensystem. Mit ihrem Schüler Floris Poppe, erst 16 Jahre alt, spielte sie den ersten Satz des Doppelkonzerts für Geige von Bach. Welche Geige denn nun die beste sei, die günstige oder die im „sechsstelligen Bereich“? Der Geigentest von Floris beweist für alle hörbar: Das wertvolle Instrument der Solistin, eine Violine aus dem 18. Jahrhundert von Antonio Gragnani, hat den schönsten Klang! Die Intro zu Tschaikowskys Violinkonzert, der Filmmusik, gespielt von Floris Poppe, begleitet am Klavier von Stanislav Rosenberg, zeigt, welche Ansprüche diese Komposition an die Virtuosität des jungen Solisten stellt. Ein wunderbarer Übergang zum Film nach einer kleinen Sushi-Pause, formvollendet mit einem Lächeln serviert vom Team der Stadt Bad Soden, Sabine Schaan und Dr. Frei.
Der Film „Das Konzert“
Staccato-Slapsticks und beißende Ironie, gepaart mit russischen Milieu-Studien und dem tristen Schicksal von jüdischen Ausnahme-Talenten im Bolschoi-Orchester, brachten das Publikum abwechselnd zum Lachen und zum Weinen. Der Dirigent des Bolschoi-Orchesters, der seine jüdischen Orchestermitglieder stets verteidigte, wird zum Putzmann degradiert und erkennt nach 30 Jahren seine Chance: Das einzige Gegenmittel zu menschenverachtenden Systemen ist der menschliche und kulturelle Zusammenhalt, und so trägt „sein“ Bolschoi-Orchester am Ende die Musik des russischen Komponisten in die Welt. Das Unmögliche gelingt und aus Chaos entsteht schönste Harmonie. Ein ergreifender Film über Gemeinschaft, Menschlichkeit und Liebe, in dem die Musik alle mit allem verbindet. Ein Film, der nach 14 Jahren so aktuell ist, dass es schmerzt. Echtes Gänsehautfeeling mit erlösenden Lachsalven und Tränen der Rührung – und einem Happy End!
Tschaikowskys „Konzert“ ging unter die Haut und verführte dazu, auf dem Nachhauseweg mehr Musik des großen russischen Komponisten zu hören. Ziel erreicht!