Auf Hilfe angewiesen – auch viele Menschen aus Bad Soden und Sulzbach gehen zur Tafel

Blick in den Laden der „Schwalbacher Tafel“. Am Gemüse- und Salatstand bedienen zwei ehrenamtliche Mitarbeiterinnen die Kunden. Bei der Ausgabe der Lebensmittel werden nach wie vor Schutzmasken getragen.Foto: Tocha

Schwalbach/Bad Soden (wto) – Es ist Donnerstag, 12.30 Uhr. Der Andrang ist groß. Vor dem Laden warten bereits zahlreiche Menschen, obwohl er erst drei Stunden später seine Pforten öffnen wird. Auch drinnen herrscht schon Betriebsamkeit. Fleißige Hände packen Lebensmittel aus Kisten, prüfen sie und räumen sie in die Regale.

Um 15.30 Uhr ist es dann so weit. Die Ausgabe der Lebensmittel an die Kunden beginnt. Sie strömen in den Laden, aufgeteilt in zwei Gruppen von je 60 Personen. Heute sind die Gruppen C und D an der Reihe, für jede Gruppe ist genügend Zeit reserviert, um sich hier, in diesem Flachbau in der Schwalbacher Spechtstraße, mit dem Notwendigen versorgen zu können. Das Geschäft ist ein ganz besonderer Ort. Es ist ein Tafelladen: Es handelt sich um die „Schwalbacher Tafel“, die bedürftige Menschen aus dem östlichen Main-Taunus-Kreis mit Lebensmitteln versorgt. Sie kommen aus Schwalbach, Bad Soden, Sulzbach und Eschborn.

Die Kunden sind Menschen, die nur über ein geringes Einkommen verfügen, sodass sie die Hilfe der Schwalbacher Tafel in Anspruch nehmen. „Das Spektrum reicht von alten Menschen, die eine kleine Rente beziehen, über Arbeitslosengeld-II-Bezieher, große Familien und alleinstehende Mütter mit kleinen Kindern bis hin zu verschuldeten Menschen und Geflüchteten“, berichtet Judith Grafe. Sie leitet die Schwalbacher Tafel in hauptamtlicher Funktion. „Im letzten Jahr ist der Anteil der Geflüchteten aus der Ukraine stark angestiegen“, berichtet sie. Grafe ist gelernte Sozialpädagogin und Gemeindepädagogin.

Armut in einem reichen Land

Träger der Schwalbacher Tafel ist die Evangelische Familienbildung im Dekanat Kronberg mit Sitz in Bad Soden. Die Schwalbacher Tafel ist eine von rund tausend Tafeln in Deutschland. Sie haben ganz unterschiedliche Träger – von Wohlfahrtsverbänden bis hin zu regionalen Vereinen. Im Main-Taunus-Kreis gibt es mit der Tafel Hattersheim-Hofheim, getragen von der Caritas und mit Ausgabestellen in Hattersheim und Hofheim, noch eine zweite Tafel.

Deutschland ist – eigentlich – ein reiches Land. Aber gleichzeitig wächst die Armut. Auch im wohlhabenden Main-Taunus-Kreis ist diese Entwicklung festzustellen. Allein im östlichen Main-Taunus-Kreis leben rund 2.000 Menschen, die über einen Tafelausweis verfügen und deren Einkommen so niedrig ist, dass sie berechtigt sind, die Hilfe der Schwalbacher Tafel in Anspruch zu nehmen. Manche nehmen dafür beschwerliche und weite Wege in Kauf – es gibt Kunden, die zu Fuß von Neuenhain zum Tafelladen nach Schwalbach laufen. „Zuletzt kamen 18 Prozent der Tafelkunden aus Bad Soden und 7 Prozent aus Sulzbach“, erläutert Grafe. „In absoluten Zahlen entspricht das 314 Personen aus Bad Soden und 117 Personen aus Sulzbach.“

Ausgefeilte und verlässliche Logistik

Insgesamt sind es rund 400 Personen, die sich nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig bei der Schwalbacher Tafel mit dem Notwendigen versorgen. Die Organisation der Tafel braucht eine ausgefeilte und verlässliche Logistik – und zahlreiche Helferinnen und Helfer im Hintergrund und Vordergrund. 140 sind es, die bei der Schwalbacher Tafel mitwirken, und es sind – bis auf drei Minijobber im Fahrdienst – allesamt Ehrenamtliche. Acht bis zehn Mitarbeitende wirken pro Schicht im Laden mit, und es gibt drei Schichten in der Woche, am Dienstag, am Donnerstag und am Samstag. Am Dienstag hat der Tafelladen von 17 bis 20 Uhr, am Donnerstag von 15.30 bis 18 Uhr und Samstag von 10 bis 12.30 Uhr geöffnet. An den drei Öffnungstagen haben jeweils zwei der insgesamt sechs Gruppen Zugang zum Laden, die Kunden aus einer Gruppe haben also einmal pro Woche Gelegenheit, sich im Laden zu versorgen.

„Im Laden gibt es unterschiedliche Theken. In der Regel stehen zwei Helferinnen oder Helfer an einem Thekenstand. Es gibt unter anderem einen Bäckerstand, einen Frischwaren-Stand und einen Gemüse- und Salatstand“, berichten die Helferinnen Monika Gabrecht-Wester, die an diesem Donnerstag das Team leitet, und Ursula Knoch. „Damit es gerecht zugeht und auch die Kunden der zweiten Gruppe, die heute an der Reihe ist, noch Waren bekommen, sind die Mengen begrenzt.“ Eine Alleinstehende erhält beispielsweise vier Eier, die zuvor entsprechend abgepackt worden sind – das ist die Wochen-Ration.

Zuvor haben die Kunden nach Betreten des Ladens an der Kasse einen kleinen Obulus von einem oder zwei Euro entrichtet, und sie legen dort ihren Tafelausweis vor, bevor sie an den Ständen bedient werden. Den Ausweis stellt das Diakonische Werk in Schwalbach aus, das die Bedürftigkeit anhand von mitzubringenden Unterlagen wie dem Rentenbescheid prüft.

Ausgegeben werden nur qualitativ einwandfreie Lebensmittel – beispielsweise Brot, Brötchen oder Kuchen vom Vortag. „Solche Lebensmittel sammeln wir ein und geben sie an Menschen weiter, die sie dringend benötigen“, erläutert Judith Grafe. Alle kritischen Nahrungsmittel, etwa zerbrochene Eier oder Eier, bei denen die Mindesthaltbarkeit überschritten ist, werden aussortiert und nicht weitergegeben. Das gilt auch für leicht verderbliche Nahrungsmittel wie Hackfleisch oder Geflügel, deren Verbrauchsdatum abgelaufen ist.

Viele Unterstützer

Beliefert wird die Schwalbacher Tafel von 34 Supermärkten, kleineren Lebensmittelläden und Bäckereien wie der Bäckerei Heislitz in Bad Soden-Neuenhain. Alle großen Märkte, von Aldi bis Tegut, machen mit. Lebensmittelspenden kommen auch von Unternehmen wie Feinkost Papa in Bad Soden oder vom Hofgut Hohenwald. Vielfältige Unterstützung erfährt die Tafel zudem durch Kirchengemeinden und verschiedene Einrichtungen und Vereine, darunter die Freiwillige Feuerwehr Bad Soden Neuenhain, den Gewerbeverein Bad Soden und den Lions Club Bad Soden und das Wohnstift Augustinum in Neuenhain. Nicht zu vergessen sind Einzelpersonen, die die Initiative ergreifen und spenden. Und das, berichtet Grafe, funktioniert dann auch so: „Ich habe 500 Euro und spende das Geld. Was braucht ihr? Ich kaufe ein.“

Kontakt: https://tafel-schwalbach.de

Hinweis: Die Schwalbacher Tafel sucht einen Mitarbeitenden oder eine Mitarbeitende im Bundesfreiwilligendienst, der oder die bei der Lebensmittelausgabe unterstützt und gemeinsam mit den Tafelfahrern Waren bei den Supermärkten abholt.



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