Klassik, Salon und Stadtspaziergang: Die Mendelssohn Tage der Musik feiern ihr 20-jähriges Jubiläum

Bad Soden (Sc) – Die Mendelssohn Tage der Musik sind nicht „einfach so aus dem Boden gestampft worden“ – den Musiktagen ging eine vielschichtige Entwicklung voraus. Diese begann mit der Gründung der Bad Sodener Musikstiftung Jürgen Frei im November 1990, denn ohne diese private Musikstiftung hätte es die Mendelssohn Tage der Musik wohl nicht gegeben. 

Anlässlich seines 50. Geburtstages im Mai 1991 hatte sich der Stiftungsgründer Dr. Jürgen Frei von seinen Freunden und Gästen – anstelle der üblichen Sachgeschenke – eine Geldspende erbeten, um die Kapitalbasis der im Vorjahr gegründeten Stiftung zu verbreitern. Die gemeinnützige Bad Sodener Musikstiftung Jürgen Frei nahm ihre Arbeit kurz darauf auf und fördert seit nunmehr 34 Jahren sowohl regionale Musikerinnen und Musiker, Kindergärten, Schulen und Vereine als auch insbesondere das musikalische Laienmusizieren in Bad Soden und der Region. 

Darüber hinaus ist anzumerken, dass es in der Zeit der Jahre 2000 bis ca. 2005 einen regelrechten „Hype“ um den Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy im Main-Taunus-Kreis gab. Aus diesem Grund wurde anlässlich des 75-jährigen Jubiläums des Main-Taunus-Kreises im Jahr 2003 auch die Mendelssohn-Gesellschaft Main-Taunus e.V. gegründet, die heute jedoch nicht mehr besteht. Die frühere Eichwaldschule in Sulzbach wurde nach Abriss und Neubau in Mendelssohn-Bartholdy-Schule umbenannt.

Ursprung der Mendelssohn Tage der Musik

Vor diesem Hintergrund entstand im Jahr 2005 – gemeinsam mit der Stadt Bad Soden und der Gesellschaft der Musikfreunde (GdM) – die Idee zur Planung eines Mendelssohn-Festivals. Maßgeblich an dem Projekt beteiligt waren der damalige Bürgermeister Norbert Altenkamp, Dr. Jürgen Frei (Bad Sodener Musikstiftung) und Franz Staab (GdM). Nach erfolgreichen Planungen fand bereits im Jahr 2006 das erste Mendelssohn-Festival unter der Leitung von Franz Staab statt. Allerdings wurden im Rahmen dieses Festivals, wie auch in der 2. Auflage im Jahr 2007, nur Kompositionen von Felix Mendelssohn Bartholdy aufgeführt, was sich als wenig reizvoll für das Publikum erwies. Vor dem Hintergrund dieses zunächst weniger erfolgreichen Festivals setzten sich die Stadt Bad Soden und die Bad Sodener Musikstiftung gemeinsam an einen Tisch, um über den Fortbestand zu beraten. Das Ergebnis war der Beschluss zu einer Neuauflage im Jahr 2008. Man einigte sich damals – glücklicherweise – auf ein neues musikalisches Konzept, das unter der künstlerischen Leitung von Sabine Schaan stehen sollte. 

Erfolgreiches musikalisches Konzept

Seitdem finden die Mendelssohn Tage der Musik jährlich im Herbst statt. Initiiert wurden sie in der jetzigen Form von der Musikstiftung in Kooperation mit der Stadt Bad Soden – als Hommage an Felix Mendelssohn Bartholdy, der 1844 und 1845 in Bad Soden Kur- und Arbeitsaufenthalte verbrachte. In dieser Zeit entstanden wichtige Kompositionen, und sein berühmtes Violinkonzert e-Moll Op. 64 wurde in Bad Soden vollendet. 

Unter der Leitung von Sabine Schaan wurde das Konzept geändert. Es folgte eine größere Regionalität und wurde „jugendlicher“. Die aufgeführten Musikstücke waren noch immer klassisch, aber thematisch breiter aufgestellt – auch Cross-Over-Projekte begeistern seitdem die Gäste, und musikalisch war und ist eigentlich „für jeden etwas dabei“. „Die Neuausrichtung war die richtige Entscheidung“, so Sabine Schaan, denn ohne diese würde es die Konzertreihe heute wohl nicht mehr geben. 

Bedeutung und Entwicklung

Im Lauf der Jahre haben sich die Mendelssohn Tage der Musik zu einem festen Bestandteil des regionalen Kulturlebens entwickelt. Mit abwechslungsreichen Konzertformaten, Lesungen, Generationen-Programmen und regionalen Künstlerinnen und Künstlern begeistern die Musiktage das Publikum weit über die Stadtgrenzen hinaus. Ein wohl einzigartiger Bestandteil mit besonderer Attraktivität sind auch die historischen Stadtführungen, in denen Mendelssohns Zeichnungen und Motive aus seiner Zeit in Bad Soden wieder lebendig werden.

Künstlerische Leitung: Sabine Schaan

„Heute müssen Festivals Eventcharakter haben, um wahrgenommen zu werden – klassische Musik an sich hat es schwerer als früher“, beschreibt Sabine Schaan den Anspruch des Publikums, dem sie seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten gerecht wird. Jedes Jahr hat sie sich die Frage gestellt: „Was machen wir Neues?“ Dass ihr viele wunderbare Dinge zu dieser Frage eingefallen sind, ist wohl unbestreitbar. Unglaublich beliebt und ein echtes Highlight war über viele Jahre ihr Konzept eines „Salons“. In Anlehnung an die Salonkultur zu Zeiten Mendelssohn Bartholdys organisierte sie mit ihrem Team u.a. im H+ Hotel jährlich eine Veranstaltung, an der mehr als 150 Personen teilnehmen konnten. Die Halle im Hotel war dann entsprechend der damaligen Salonkultur dekoriert, die Tische waren eingedeckt und jedes Jahr gab es ein neues Thema, das den Salon mit Leben füllte. So gab es „Salons“ zum Thema „200. Geburtstag von Felix Mendelssohn Bartholdy“ oder zum Thema Kurleben in Bad Soden. Unvergessen die Konzertformate mit Lesung wie z.B. „Streit im Hause Mozart“, „Die Akte Vivaldi“, der Salon zum Thema „Tschaikowskis Brieffreundschaft mit Nadeshda von Meck“ oder „Frau Schnaps – Beethovens Haushälterin packt aus.“. Die Konzepte und das Skript zu den jeweiligen Salons stammen im Übrigen zum Teil aus der Feder von Sabine Schaan! In diesem Jahr wird es ein „Salönchen“ geben, das unter dem Titel „Ein Genie macht Urlaub“ die Tradition der Salons in kleinerem Format im ehemaligen Kino „Anno 1928“ fortsetzt.

Highlights!?

„Wir haben zahlreiche Werke Mendelssohn Bartholdys aufgeführt“, so Sabine Schaan. In Erinnerung bleiben das Oratorium Paulus, die Reformationssymphonie, das Violinkonzert in e-Moll, das Konzert für Violine, Klavier und Streichorchester, die Orgelstücke und Quartette. Zu den erfolgreichen Cross-over-Konzerten gehörten z.B. „Sing Sister Sing“ mit Andrea Baker oder die italienischen Schlager in „Piazza San Marco“, das tatsächlich in der originalen San Marco Besetzung (wie im Café Florian) mit Klavier, Akkordeon, Geige, Klarinette und Gesang viele begeisterte Zuhörer fand.

Ein wahres Highlight gibt es mit der Aufführung des „Elias“ am 2. November dieses Jahres. Das darin integrierte Meisterstück „Denn er hat seinen Engeln befohlen“ wurde in Soden komponiert und später in den „Elias“ integriert.

Im Verlauf der vergangenen zwanzig Jahre gab es ganz sicher für jeden etwas im Programm der Mendelssohn Tage der Musik. Dass die Eintrittskarten oft bereits im Vorverkauf vergriffen sind und die Konzert- und Veranstaltungsreihe weit über die Grenzen der Stadt bekannt ist, zeigt, dass die vielfältige Festivalstruktur beim Publikum gut ankommt: Kinokonzerte, Kammermusik, geistliche Konzerte, Musicals, Salonformate, Begleitführungen – für alle Altersgruppen ist etwas dabei. Lediglich die Kinderkonzerte finden heute nicht mehr wie früher statt. „Die Zeiten haben sich geändert, die Kinder sind am Nachmittag mit anderen Aktivitäten beschäftigt“, führt Sabine Schaan an. Deshalb hat die Bad Sodener Musikstiftung einen neuen Pfad beschritten und fördert nun Musikprojekte in den Bad Sodener Grundschulen – ein Konzept, das ebenfalls erfolgreich ist, wie die Musical AG der Altenhainer Grundschule bei ihrem Jubiläumsschulfest erst kürzlich eindrucksvoll bewiesen hat. 

Erfolgreiche Zusammenarbeit mit Claudia Neumann, der kongenialen Partnerin von der Stadt

Ohne die Stadt Bad Soden und das persönliche Engagement der Bürgermeister würde es die Mendelssohn Tage nicht geben. Auch das muss klar einmal gesagt werden. Zudem engagiert sich die Stadt jährlich mit „Frauenpower“ und logistischer Unterstützung bei den Musiktagen. Sabine Schaan und Dr. Jürgen Frei freuen sich ganz besonders über die hervorragende Zusammenarbeit mit Claudia Neumann (Abteilung Kultur und Veranstaltungen), die bei der Organisation und Durchführung der Konzerte maßgeblich unterstützt. „Wir arbeiten schon so lange zusammen und haben ein ganz unkompliziertes Miteinander“, freut sich Sabine Schaan. „Ich musste mir das Recht auf die Programmzusammenstellung nie erkämpfen, und dafür bin ich ihr sehr dankbar“. Darüber hinaus ist ihr Claudia Neumann immer eine gute Ratgeberin gewesen, denn „sie ist bei der Programmgestaltung oft mein Gradmesser, was allgemein gefällt und was nicht.“ Viel Arbeit wird von Claudia Neumann kreativ und zuverlässig im Hintergrund organisiert. „Ohne unser zuverlässiges Team von Stadt und Stiftung wäre die Arbeit nicht zu stemmen.“

Aber ohne Sponsor geht es nicht …

Die Taunus Sparkasse unterstützt das Festival seit vielen Jahren finanziell und zählt zu den wichtigsten Förderern. Sie trägt wesentlich dazu bei, dass die Mendelssohn Tage als hochkarätige Konzertreihe mit international renommierten Künstlerinnen und Künstlern stattfinden können. Ihr Engagement passt zu ihrem Selbstverständnis als regional verwurzelte Sparkasse, die kulturelle Projekte fördert und besonders auch musikalische Bildungsangebote für junge Menschen unterstützt. Vertreter der Taunus Sparkasse sind mit ihren Kunden regelmäßig bei ausgewählten Veranstaltungen anwesend, denn auf diesem Weg signalisiert das Institut auch seine Wertschätzung für das Festival.

Was die Zukunft bringt

Die Frage nach der Zukunft der Mendelssohn Tage der Musik quittiert Sabine Schaan mit einem charmanten Lächeln. „Die Planungen für das Jahr 2026 laufen bereits“, womit eine Neuauflage im kommenden Jahr sichergestellt ist. Allerdings, so ist den Untertönen zu entnehmen, sprudeln die neuen Ideen – nach 20-jährigem Engagement für die Konzertreihe – nicht mehr so frisch und frei wie früher. „Vielleicht wird es Zeit, die künstlerische Leitung in jüngere Hände abzugeben“, formuliert sie ihre Gedanken über die Zukunft der Musiktage. Es gestalte sich zunehmend schwerer, die Menschen „abzuholen“ und neue Formate zu erarbeiten, die den veränderten Anforderungen – Stichwort Eventkultur – des Publikums gerecht werden. Wo die musikalische und künstlerische Reise in Zukunft hingehen wird? – Es bleibt spannend! Für dieses Jahr freuen sich Sabine Schaan und Dr. Jürgen Frei jedoch erstmal auf wunderbare Konzerte und Stadtspaziergänge, die den Gästen die Welt des Felix Mendelssohn Bartholdy wieder ein Stück näherbringen werden. 



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