Das Kraftwerk am Balkon hilft Geld zu sparen und das Klima zu schonen

Zufriedene Gesichter: Thomas Schiller (li.), der Besitzer und Betreiber der Stecker-Solaranlage, und Michael Beining vom Verein Klimabewusstes Bad Soden. Der Verein hat die Sammelbestellung der leicht zu installierenden Solarmodule organisiert. Foto: Tocha

Sulzbach/Bad Soden (wto) – Die Energiewende muss nicht abstrakt und nicht ganz weit weg sein – bei Thomas Schiller (57) hat sie jetzt zu Hause angefangen. Schiller hat am Balkon des Reihenhauses in Sulzbach, in dem er mit seiner Familie lebt, vier Solarmodule angebracht. Und diese Entscheidung hat er keinen Tag bereut.

„Ich bin froh über das kleine Balkonkraftwerk“, sagt er. „Die Bestellung hat reibungslos geklappt, die Anbringung war einfach, die Kosten waren überschaubar.“ Schiller ist eine von 51 Personen aus Bad Soden, Sulzbach und Umgebung, die sich an der dritten Sammelbestellung von Balkonkraftwerken beteiligt haben, die der gemeinnützige Verein Klimabewusstes Bad Soden organisiert hat. „Die Expertise und die Beratung durch den Verein waren hervorragend“, lobt Schiller, „ich habe davon profitiert.“ Nur rund 900 Euro hat er für die gesamte über den Verein bestellte Solaranlage gezahlt, dazu kommen noch kleinere Ausgaben für einen Regenschutz und einen Kabelkanal, die sich Schiller als „Extra“ gegönnt hat.

Zahl der Bestellungen verdoppelt

„Bei unserer inzwischen dritten Sammelbestellung hat sich die Zahl der Bestellungen fast verdoppelt“, sagt Michael Beining von der Energie-Arbeitsgruppe des Vereins. „Das ist ein Erfolg für den Klimaschutz und für die Bürger, deren Energiekosten dadurch künftig deutlich geringer ausfallen werden als bisher.“ Bei den Bestellungen greift der Verein, der Ende 2020 gegründet worden ist und es sich zur Aufgabe gemacht hat, Klimaneutralität vor Ort zu fördern und zu fordern, auf zwei Anbieter zurück: auf die Firma „Plugin Energy GmbH“ sowie auf die Firma „Hauptsache Grün GmbH“. Beide Unternehmen bieten Solaranlagen für Haus und Garten, für Balkone, Dächer und Terrassen an. „Hauptsache Grün“ mit Sitz im benachbarten Hofheim hat sich dabei auf die Lieferung von Modulen aus deutscher und europäischer Fertigung spezialisiert, die wegen der kurzen Transportwege nachhaltiger ist als die Lieferung von Produkten aus Fernost.

Jedes der vier Panels am Balkon von Thomas Schiller ist etwas über einen Quadratmeter groß und wiegt nur 3,5 Kilogramm. „Diese Module brauchen keine Gestelle, sie lassen sich mit Klettverschlüssen leicht montieren“, erläutert Schiller. Über den mitgelieferten Wechselrichter wird der von den Modulen bei Sonneneinstrahlung erzeugte Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt und per Kabel mit dem Stromnetz des Hauses verbunden. Am Ende ist es ganz einfach: „Der Schukostecker der Anlage kommt in eine Steckdose, dann ist die Verbindung hergestellt“, sagt der glückliche Solarkraftwerksbetreiber, der die Anlage selbst montiert hat. Schiller arbeitet beruflich als IT-Fachmann, aber man muss kein Experte sein, um diese Stecker-Solaranlage zu montieren. Überwunden werden müssen nach der Anbringung dann noch zwei bürokratische Hürden – die Anmeldung beim Netzbetreiber und beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur –, dann kann es losgehen.

Der Strom nimmt den kürzesten Weg

Wenn der von der Sonne erzeugte Strom fließt, wird er unmittelbar für die stromverbrauchenden Anwendungen im Haus genutzt. Ist eine Stromquelle wie das Balkonkraftwerk im Netz, dann nimmt der Strom, so wollen es die Gesetze der Physik, den kürzesten Weg. Erst einmal wird somit der selbst produzierte Strom verbraucht und nur bei höheren Verbräuchen kommt der Strom des Netzbetreibers ins Spiel.

Wenn man weiß, dass ein durchschnittlicher Zwei-Personen-Haushalt pro Jahr rund 2.500 Kilowattstunden (kWh) an Strom verbraucht, dann sind die 500 bis 600 kWh, die Schillers einfache Stecker-Solaranlage im Jahr produzieren kann, durchaus eine relevante Größe. Das hilft Geld sparen, und darüber hinaus schärft es das Bewusstsein: „Man macht sich klar“, so Schiller, „wann die Anlage Strom produziert und wann nicht und welche Geräte im Haus wie viel Strom verbrauchen und wann sie eingesetzt werden sollten, um den selbst produziert Strom zu nutzen.“

Der von der Anlage produzierte Strom kann nicht gespeichert werden. Wer also Wert darauf legt, den Strom vom Balkonkraftwerk zu nutzen, der sollte auch seine Geräte dann laufen lassen, wenn die Sonneneinstrahlung am höchsten ist – am Mittag und am frühen Nachmittag. „Früher war die Spülmaschine so programmiert, dass sie nachts lief“, sagt Schiller. „Jetzt habe ich das geändert und die Spülmaschine läuft möglichst dann, wenn die Sonne scheint.“

„Solar ist ansteckend“

Beining verweist auf zwei weitere Aspekte. Zum einen wachse die Gruppe der Benutzer der kostengünstigen Balkon-Kraftwerke immer mehr. Denn: „Man muss kein Eigentümer sein, um so eine Anlage zu installieren. Auch Mieter können sich an der lokalen Energiewende beteiligen.“ Zum zweiten werde die Home-Made-Produktion von erneuerbarer Energie immer ertragreicher: „Mit kostengünstigen Anlagen lassen sich je nach Lage künftig sogar mehr als tausend Kilowattstunden im Jahr erzeugen.“

Klar ist, dass sich mit der Anbringung einer Solaranlage nicht einfach die Welt retten lässt, aber es gilt das Sprichwort: „Viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern.“ Thomas Schiller sagt: „Wir können den Klimawandel nicht leugnen und können auch nicht mit Scheuklappen durch die Welt gehen. Wie werden wir die Welt hinterlassen? Wir haben zu viel versäumt in den vergangenen Jahrzehnten.“ Er setzt auf den Multiplikatoreffekt. „Ich erzähle es weiter und Nachbarn fragen mich: ‚Was hast du da am Balkon angebracht, wie funktioniert das, was bewirkt das?‘

Das Interesse wächst. Michael Beining formuliert es so: „Solar ist ansteckend.“

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Weitere Informationen gibt es unter www.klimabewusstes-bad-soden.de. Kontakt zur Arbeitsgruppe Energie per E-Mail: energie[at]klimabewusstes-bad-soden[dot]de



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