Steuerkreis Fairtrade mit frischen Ideen

Regelmäßig kommen die Mitglieder des Steuerkreises Fairtrade im Rathaus zusammen, um Ideen auszutauschen und Veranstaltungen vorzubereiten. Foto: Diehl

Bad Soden (nd) – Am Dienstag, dem 22. Oktober, kam der Steuerkreis Fairtrade im Rathaus Bad Soden zusammen, um kommende Veranstaltungen zu planen. Neben den Mitgliedern war auch Bürgermeister Dr. Frank Blasch gekommen. Seit dem Jahr 2016 trägt Bad Soden den Titel „Fairtrade-Stadt“ und da diese Auszeichnung alle zwei Jahre erneuert werden muss, trifft sich die Steuerungsgruppe regelmäßig, um den Bad Sodener Bürgern das Thema näherzubringen. „Fairtrade-Städte“ fördern gezielt den fairen Handel auf kommunaler Ebene. Immer mehr Menschen haben ein Bewusstsein sowohl für gerechte Produktionsbedingungen als auch für soziale und umweltschonende Herstellungs- und Handelsstrukturen. Daher verwundert es nicht, dass die Initiative zum Zeitpunkt ihrer Gründung aus der Bürgerschaft kam. „Es geht um das Thema des bewussten Konsums, denn auch in einer Konsumgesellschaft kann man auf Nachhaltigkeit, Regionalität und faire Vergütung achten“, so Blasch. Um die Thematik in der Öffentlichkeit präsent zu halten, gab es bereits mehrere Initiativen, so war beispielsweise die Informationsveranstaltung „Faire Geldanlage“ sensationell gut besucht. Mit der fairen Kindertagesstätte Sonnenburg kann die Stadt Bad Soden auch im Bereich Bildung Erfolge vorweisen.

Spannender Vortrag über faire Beschaffung

Das Thema „Faire (nachhaltige) Beschaffung“ brachte Jörg Schulz, Gründungsmitglied der Bad Sodener Steuerungsgruppe, den Anwesenden anhand eines informativen Vortrags näher. Schulz arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren im Bereich Vergaberecht, also der Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche und private Auftraggeber. „Meine These ist, dass man das Rad nicht neu erfinden muss, sondern auf Bewährtes zurückgreifen kann“, so Schulz. Zunächst müsse man sich fragen, was unter fairer und nachhaltiger Beschaffung zu verstehen sei. Kriterien der Nachhaltigkeit betreffen soziale, innovative und umweltbezogene Aspekte. Diese Aspekte können auf alle Bereiche einer Vergabe bezogen sein, wie Leistungsbeschreibung und Eignungsanforderungen. Bedingung für eine Auftragsvergabe kann beispielsweise sein, dass bei den verwendeten Materialien keine Kinderarbeit zum Einsatz kam. Die gesetzliche Regelung von nachhaltigen und fairen Vergabeverfahren ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In Hessen gilt § 3 HVTG (Hessisches Vergabe- und Tariftreuegesetz), dieses besagt, dass es öffentlichen Auftraggebern frei steht, soziale, ökologische, umweltbezogene und innovative Anforderungen zu berücksichtigen. „Es handelt sich also um die freiwillige Anwendung von Nachhaltigkeitsaspekten“, erklärte Schulz. Die Gesamtheit der Kommunen habe eine erhebliche Marktmacht; allerdings würde diese von den Kommunen noch nicht ausreichend genutzt. Von 90.000 Vergabeverfahren berücksichtigten im Jahr 2021 nur 11 % Nachhaltigkeitskriterien. „Ich nehme aber wahr, dass Nachhaltigkeitsaspekte eine große Rolle spielen“, so Jörg Schulz. Es gäbe viele Verbände und Vereine, die sich mit fairem Handel auseinandersetzen. Auf der Internetseite des Umweltamtes können sich Kommunen über nachhaltige Vergaberechte informieren, sowie über das Umweltzeichen „Blauer Engel“. Dieses Siegel garantiert unter anderem, dass z.B. Gartengeräte die Kriterien für Umweltfreundlichkeit und Lärmemission erfüllen. Eine weitere Anlaufstelle ist die „Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung“; diese bietet Schulungen zum besagten Thema an. Ebenfalls zu nennen sind „Kompass Nachhaltigkeit“ und KOINNO (Kompetenzzentrum für innovative Beschaffung) sowie TED (Tenders Electronic Daily) – dort können Vergabeunterlagen zu europaweit vergebenen Aufträgen eingesehen werden.

„Faire Kriterien stehen im Ruf, alles teurer zu machen; das ist jedoch nicht zwangsläufig so“, erklärte Schulz. Wenn man beispielsweise die Lebenszykluskosten, wie Stromverbrauch, einbeziehe, dann sei ein günstiger Anbieter nicht unbedingt auf Dauer die günstigste Möglichkeit. Die Präsentation zum Vortrag ist einsehbar unter: www.bad-soden.de/aktuelles/fairtrade

Umsetzungsmöglichkeiten bringen Gesprächsbedarf

„Es wird schwierig, so etwas in der Verwaltung umzusetzen“, so Barbara Hermanowski, städtische Sprecherin des Steuerkreises. Auch Detlef Schümann, Klimabeauftragter der Stadt Bad Soden bestätigte, dass der initiale Anfang schwierig sei. „Kann man die Rahmenbedingungen nicht von oben nach unten vorgeben?“, fragte Jörg Gruber-Peter, Geschäftsführer des Genusskontors und Vertreter des örtlichen Handels. Jörg Schulz erklärte, dass dies teilweise schon gemacht werde, unter anderem bei der Deutschen Bahn. „Ich würde allerdings eine abstrakte Regelung, welche die Kreativität beflügelt, bevorzugen, statt einer konkreten Regelung, welche die Kreativität nimmt“, so Schulz. Im Bauwesen sei es schwierig, man bekomme ohnehin nur zwei bis drei Angebote von Bauunternehmen, beschrieb Schümann. Wenn nun noch Nachhaltigkeitsvorgaben hinzukämen, würde man wahrscheinlich gar keinen Anbieter finden. Man könne beispielsweise fordern, dass der Anbieter ein Klimamanagement hat, führte Schulz aus. Ein solches hätten inzwischen viele Unternehmen.

„Man muss im Kleinen anfangen, so etwas können auch kleine Firmen und Kommunen umsetzen – das bringt dann auch ein Erfolgserlebnis“, bestätigte Jörg Gruber-Peter. Letztendlich kann jeder etwas tun, denn nicht nur Kaffee und Schokolade werden fair gehandelt.

Weitere Veranstaltungen folgen

In diesem Jahr wird der Steuerkreis Fairtrade wieder mit einem kleinen Stand auf dem Weihnachtsmarkt vertreten sein, der am 7. und 8. Dezember auf dem Messer-Platz zu finden sein wird.

Für das erste Halbjahr 2025 ist erneut eine Veranstaltung zum Thema „Faire Geldanlagen“ geplant. Diese wird eventuell, wie schon im Jahr 2018, im Bahnhofsgebäude des Messergeländes stattfinden. „Im Nachhinein war es eine der größten Veranstaltungen der Anbieter Oikocredit und GLS-Bank“, resümierte Michael Best, Mitinitiator des Fairtrade-Stadt-Titel Bad Sodens. Auch faire Altersvorsorge würde ein immer wichtigeres Thema werden, bestätigte Jörg Gruber-Peter.

Für das zweite Halbjahr ist eine faire Modenschau geplant, vorzugsweise mit Sodener Bürgerinnen und Bürgern als Models. Die Modenschau soll an eine größere Veranstaltung gekoppelt werden; beispielsweise dem Herbstmarkt in Neuenhain. „Wir wollen zeigen, dass es normale elegante Mode ist – nicht gestricktes Einheitsbeige“, so Jutta Hirte, ehrenamtliche Helferin im Weltladen Hofheim. Die Termine für die Veranstaltungen werden noch bekannt gegeben.

Steuerkreis bekommt neue Sprecherin

Jutta Hirte ist die neue Sprecherin des Steuerkreises. Gründungsmitglied Jörg Schulz, der bisherige Sprecher, übergab das Amt an Hirte. Bürgermeister Dr. Frank Blasch dankte beiden für ihr ehrenamtliches Engagement.

Die Stadt Bad Soden und die Mitglieder des Steuerkreises würden sich über neue Mitglieder freuen. Interessenten können sich an Barbara Hermanowski wenden: barbara.hermanowski[at]stadt-bad-soden[dot]de

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