Neuenhain (nd) – Am vergangenen Wochenende fand in Neuenhain wieder die populäre Geeleriewekerb statt – eine der größten Kerben der Umgebung. Zahlreiche Besucher pilgerten zum Festplatz, um ein ausgelassenes Wochenende zu verbringen. Außer dem nahezu gigantischen Festzelt gab es zahlreiche Attraktionen, wie eine Schießbude, ein Kinderkarussell und einen großen Autoscooter. Auch kulinarisch hatte die Neuenhainer Kerb wieder einiges zu bieten. Neben dem leckeren Apfelwein der Apfelschmiede konnte man Allgäuer Büble Hefeweizen und diverse alkoholische und alkoholfreie Getränke genießen. Für eine gute Grundlage vor dem Alkoholgenuss sorgten leckeres Gyros, eine duftende vegetarische Pilzpfanne, knusprige Wildbratwurst und natürlich Bismarckheringsbrötchen – selbstverständlich alles zu humanen Preisen.
Tradition und Moderne
Traditionell wird die Kerb, also die Kirchweih, in Neuenhain am ersten Wochenende im August gefeiert. Der Festakt geht auf den Weihetag der ersten Kirche in Neuenhain im Jahre 1294 zurück. Zu den historischen Bräuchen gehört der Kerbegottesdienst am Sonntag. Dazu kamen im Laufe der Jahre neue Gepflogenheiten. Anfang des 20. Jahrhunderts fanden sich die ersten Neuenhainer Kerbeborsch zusammen. Seit dem Jahr 1998 unterstützen die Petzküh’ als Kerbemädels die Kerbeborsch. Viele Jahre wurde die Kerb vom Vereinsring Neuenhain ausgerichtet, bis schließlich im Jahr 1999 der Kerbeverein Neuenhain e.V. gegründet wurde. Mit über 200 Mitgliedern ist es kein kleiner Verein und auch an Nachwuchs fehlt es nicht.
Feierliche Eröffnung am Donnerstag
Früher wurde die Neuenhainer Kerb von Freitag bis Montag gefeiert. Als der Montag aber immer weniger besucht wurde, entschied man sich kurzerhand, die Kerb einen Tag früher zu feiern. So fand der feierliche Auftakt auch in diesem Jahr am Donnerstagabend statt. Los ging es mit der Öffnung des Kerbeplatzes und des Kerbezeltes. Für die richtige Stimmung sorgte die Partyband „Deja vu“, die schon seit vielen Jahren auf der Kerb in Neuenhain spielt. Vor der Showeinlage der Kerbeborsch und Petzküh’ überreichten die Kerbeminis ihnen die neue Jahrgangsfahne. Die Fahne wird von den Kerbeborsch selbst gestaltet. In diesem Jahr zierte sie die verschiedenen Stationen des „Geeleriewerennens“.
Kerbeborsch stellten den mächtigen Kerbebaum
Zu den wichtigsten Traditionen der Neuenhainer Kerb gehört das Aufstellen des Kerbebaums. Der mächtige Nadelbaum wurde von den Kerbeborsch im Neuenhainer Wald geschlagen und mit Mannstärke aufgerichtet. Im Wipfel des Waldgewächses thronte, umgeben von bunten Bändern, der Schlagges – die Kerbepuppe –, der das gesamte Wochenende über die Kerb wachte. Der Schlagges selbst wird wiederum von den Neuenhainern gut bewacht, denn es wäre eine große Schmach, wenn dieser von anderen Kerbegesellschaften, beispielsweise den Altenhainer Kerbeborsch, geraubt würde.
Nachdem der Kerbebaum sicher in seiner Verankerung befestigt war, wurde abends im Kerbezelt ausgelassen zur Livemusik der Band „Hi5“ getanzt. Zuvor wurden die Kerbeborsch, Petzküh’ und Kerbeminis traditionsgemäß vereidigt. Die Borsch und Küh’ gelobten, über die Dauer der Kerb nur guten Neuenhainer „Ebbelwoi“ zu trinken und die Minis taten es ihnen mit Apfelsaft gleich. Besiegelt wurde der Schwur mit einem kräftigen Schluck aus dem „Gerippten“.
Wetter war dem Geeleriewerennen in diesem Jahr hold
Zur großen Freude aller Beteiligten konnte zum ersten Mal seit langem wieder das Geeleriewerennen stattfinden. In den vergangenen Jahren hatte das Wetter dem Spektakel stets einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zuletzt hatte das Rennen im Jahr 2022 stattgefunden. Doch dieses Mal war der Wettergott der Neuenhainer Kerb hold. Die Hauptstraße war für das Rennen abgesperrt worden und so war diese mit Besuchern gesäumt, die dem Rennen folgen wollten. Es galt, verschiedene Stationen in der kürzesten Zeit zu bewältigen. Mit einem Korken, auf den eine Nadel gesteckt war, im Mund und auf Stelzen laufend Ballons zerstechen oder so schnell wie möglich ein Stück Kuchen essen, während man mit Wasser bespritzt wird, waren nur einige der Stationen. Zwei der sechs antretenden Teams gingen außer Konkurrenz an den Start – die Neuenhainer Kerbeborsch und die Kerbeminis. Die anderen vier Teams traten gegeneinander an und konnten schöne Preise gewinnen, beispielsweise Getränkegutscheine. Den letzten Platz machten, zur Häme der Neuenhainer Kerbeborsch, die Altenhainer Kerbeborsch und -mädels. Während sich die Hasselbacher Kerbegesellschaft den dritten Platz sicherte, konnte der Titelverteidiger „Rathausblitz“ mit Bürgermeister Frank Blasch in diesem Jahr knapp nur den zweiten Platz holen. Mit einem Vorsprung von wenigen Sekunden und einer sagenhaften Zeit von unter drei Minuten schaffte es das Team „Samba Mamba und Stolper“ ganz oben aufs Treppchen. Das Team setzt sich aus den Samba-Jüngern zusammen. Neben einem Getränkegutschein bekamen sie auch einen Pokal. „Es ist ein Wanderpokal – Bedingung ist, dass ihr im nächsten Jahr wieder antretet“, wandte sich der Moderator des Rennens und Schriftführer der Kerbeborsch, Leander Korbach, an das Gewinnerteam. Auch die Kerbeminis gingen natürlich nicht leer aus, außer einer Urkunde und einem Pokal bekamen sie je sechs Chips für den Autoscooter auf dem Festplatz.
Am Abend ging es im Festzelt munter mit dem Feiern weiter. Die Band „Partyfritteuse“ heizte den Besuchern ordentlich ein – inzwischen gehört der Auftritt des Partyensembles aus Süddeutschland schon zu einer liebgewonnenen Tradition in Neuenhain. Mit altbekannten Hits wie „99 Luftballons“ und „She‘s a maniac“ brachten sie die Stimmung im proppenvollen Zelt zum Kochen. Wie auch in den vergangenen Jahren gaben sich viele andere Kerbegesellschaften die Ehre und besuchten die Neuenhainer Kerb – darunter die Altenhainer, Mammolshainer, Steinbacher und Liederbacher Kerbeborsch und -mädels. Auch die Bergoffer Kerbegesellschaft war wieder über vierzig Kilometer aus Berkach, einem Stadtteil von Groß-Gerau, angereist.
Sonntag stand ganz im Zeichen der Tradition
Wer es am Samstag mit dem Feiern zu sehr übertrieben hatte, musste am Sonntag leiden, denn der traditionelle Kerbegottesdienst begann bereits um 10 Uhr am Vormittag. Darauf folgte der Frühschoppen im Schoppegarten mit Entertainer Jörg Ratz. Dieser begleitet die Neuenhainer Kerb bereits seit Jahrzehnten und gilt als absolute Institution.
Mittags lockte der Duft von hausgebackenem Kuchen und frisch gebrühtem Kaffee die Besucher ins Kerbezelt. Nach dieser Stärkung folgte der traditionelle Kerbeumzug der Kerbeborsch und Petzküh’ durch Neuenhain. Erstmalig begleitete Pfarrer Stefan Rexroth den Umzug. Rexroth ist seit November letzten Jahres Pfarrer in Neuenhain – für ihn war es somit die erste Neuenhainer Kerb.
Wer des Feierns noch nicht müde war, fand sich am Abend wieder im Festzelt ein. Hier sorgte die Partyband „Deja Vu“ erneut für großartige Stimmung. Schließlich war es jedoch so weit – es wurde Zeit, den Schlagges und somit die Kerb zu Grabe zu tragen. Zunächst trat aber der erste Vorsitzende des Kerbevereins, Jérôme Kirchhoff, auf die Bühne. „Wir haben eine sehr harmonische Kerb gefeiert“, so Kirchhoff. Nach den Danksagungen übergab er an Kerbeborsch Ben Fischer. Dieser erklärte, wer in diesem Jahr den Kerbebaum bekommen sollte. „Wir haben gedacht, wir vergeben den Baum einfach an einen richtig geilen Typ – Jörg Ratz“, rief Fischer. Die Antwort darauf war tosender Applaus des Publikums. „Der Jörg ist der Beste – eine Legende –, der reißt die Hütte ab“, bestätigte Besucher Jan Schneider aus Mammolshain. Mit Stolz und etwas Trübsal verabschiedete Jérôme Kirchhoff noch Vorstandsmitglied Thomas Schwab, der seinen Rückzug aus der Vereinsführung angekündigt hatte.
Schlagges unter Wehklagen beerdigt
Nun trugen die laut wehklagenden Kerbeborsch und Petzküh’ den Schlagges auf die Bühne. Die Besucher im Festzelt erhoben sich und Kerbepfarrer Jonathan Sterzel hielt die Trauerrede. „Unsern Schlagges, unsern Guder – da in der Kiste ruht er“, so Sterzel. Nach zahlreichen „Prosit Gemeinde“ – „Prosit Herr Pfarrer“- Rufen wurde der Schlagges schließlich auf den Platz vor dem Kerbebaum getragen und feierlich dem Feuergrab übergeben. Ein wahrer Grund zu trauern ist die Beerdigung des Schlagges freilich nicht. Im nächsten Jahr wird es zur gleichen Zeit wieder durch Neuenhain tönen „Wem is die Kerb? – Uns!“
Gemeinschaftsprojekt Kerb
Der Kerbeverein Neuenhain kann bei der großen Veranstaltung auf die Unterstützung zahlreicher Helfer zählen. Unter anderem übernahmen die Mitglieder der TSG Neuenhain eine Schicht hinter der Schanktheke. Auch Bürgermeister Frank Blasch packte dort kräftig mit an.
Für die Sicherheit auf und um den Kerbeplatz sorgte ein Securitydienst und die Polizei patrouillierte regelmäßig. „Die Polizei hat bestätigt, dass der Securitydienst einen guten Umgang mit den Besuchern pflegt“, bestätigte Moritz Romberg, Leiter der Abteilung Werbung und Öffentlichkeitsarbeit des Kerbevereins. Nicht nur die Organisatoren der Neuenhainer Kerb waren zufrieden mit ihrem Verlauf, die Besucher zeigten sich ebenfalls begeistert. „Die Neuenhainer Kerb ist jedes Jahr aufs Neue einfach wunderbar“, so Besucherin Selina Engels.