Eschborn (MS). Die Stadt Eschborn hat laut Erster Stadträtin Bärbel Grade „einen wichtigen Meilenstein“ auf dem Weg zur klimafreundlichen Wärmeversorgung erreicht: Der kommunale Wärmeplan ist fertiggestellt. Am vergangenen Donnerstag stellte sie den Abschlussbericht in der Stadtverordnetenversammlung vor. Obwohl Eschborn damit eine von ganz wenigen Städten in Hessen ist, die bereits heute die für 2028 vorgeschriebene Wärmeplanung hat, gab es Kritik von der Opposition.
Ziel der kommunalen Wärmeplanung ist es, aufzuzeigen, wie Gebäude künftig klimafreundlich beheizt werden können – mit Wärmenetzen, individuellen Lösungen wie Wärmepumpen, Solarthermie oder Biomasse und durch energetische Sanierungen. Der Plan analysiert dafür den heutigen Wärmebedarf sowie mögliche Quellen für klimafreundliche Wärme und macht Vorschläge für den Netzausbau in mehreren Etappen. „Der Wärmeplan gibt Orientierung, aber keine Verpflichtung vor“, betonte Bärbel Grade auch in der Stadtverordnetenversammlung. Rechtlich handele es sich um eine strategische, unverbindliche Planung. „Das heißt es gibt weder eine Verpflichtung noch einen Anspruch auf einen Anschluss an eine Fernwärmenetz.“
Gleichwohl verschaffe der Plan Bürgerinnen und Bürgern sowie Hauseigentümern mehr Klarheit: Wer etwa über eine neue Heizung nachdenkt, könne anhand des Wärmeplans abschätzen, ob an seinem Grundstück mittelfristig ein Wärmenetz zur Verfügung stehen könnte oder ob individuelle Lösungen wirtschaftlicher und sinnvoller sind.
Die Pläne zeigen, dass insbesondere in dicht bebauten Gebieten wie Eschborn-Süd, dem Gewerbegebiet West oder der Stadtmitte Potenziale für Wärmenetze bestehen. Die in Eschborn reichlich mobilisierbare Abwärme aus Rechenzentren und Abwasserkanälen soll künftig als Hauptwärmequelle dienen. Ergänzend soll ein Drittel des Wärmebedarfs durch Gebäudesanierungen gedeckt werden. Der Wärmeplan schlägt einen stufenweisen Ausbau vor. Bis 2030 soll Eschborn Süd gegebenenfalls in Kooperation mit Frankfurt oder Schwalbach sowie das Gewerbegebiet West mit dem Wiesenbad ein Fernwärmenetz erhalten. Bis 2035 sollen dann der Camp Phoenix Park, die Berliner Straße und ein Teil der Stadtmitte folgen. Bis 2040 soll dann auch der Helfmannpark angeschlossen sein.
Für Niederhöchstadt empfiehlt die Analyse vorerst individuelle Heizlösungen, da dort eine wirtschaftliche Netzanbindung derzeit nicht realistisch erscheint. Bärbel Grade betont jedoch: „Sollte sich in einzelnen Quartieren eine hohe Anschlussbereitschaft zeigen, werden wir diese Möglichkeit weiter prüfen.“
„Merkwürdiges Verfahren“
Während Vertreter von CDU, Grünen und FWE den frühzeitig erstellten Wärmeplan lobten, gab es von der Opposition Kritik. Vor allem die Art und Weise, wie das umfangreiche Werk zu Stande gekommen ist, schmeckte SPD, FDP und Linken nicht. Denn den Plan hat maßgeblich die Süwag-Tochter Syna ausgearbeitet – und zwar kostenfrei. „Wem nutzt es?“, fragte etwa Fritz-Walter Hornung für die Fraktion „Die Linke“. Die Süwag müsse als regionaler Energieversorger natürlich Projektbeteiligter sein, aber nicht Sponsor.
Ähnlich argumentierte Eva Sauter, die Fraktionsvorsitzende der SPD, die von einem „merkwürdigen Verfahren“ sprach. Sie plädierte dafür, noch einmal „zurück auf Los“ zu gehen und die Wärmeplanung korrekt auszuschreiben. Für die FDP bemängelte Christoph Ackermann, dass Eschborn unnötiger Weise vorpresche, obwohl die neue Bundesregierung das Gebäudeenergiegesetz wahrscheinlich noch einmal ändern wird. „Es ist abwegig zu glauben, dass in Hessen alles bleibt wie es ist.“
Stefan Henschel von den Grünen erinnerte die Opposition daran, dass das Stadtparlament den Wärmeplan der Verwaltung ja nur zur Kenntnis nehmen soll und das jede einzelne Maßnahme später eigens diskutiert und beschlossen werden muss. „Uns ist auch bewusst, dass noch viel zu klären ist“, sagte er.
Nach der Fertigstellung der Wärmeplanung folgen nun konkrete Schritte zur Umsetzung wie etwa eine vertiefte Machbarkeitsprüfung, die Suche nach Investoren und Betreibern sowie Gespräche mit großen Wärmeabnehmern. Die Stadt will zudem ein Monitoring etablieren, um die Umsetzung zu begleiten und bei Bedarf anzupassen.
In den grün markierten Gebieten wird es in den kommenden 15 Jahren wahrscheinlich Fernwärme geben.Grafik: Stadt Eschborn
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