ORT:
Eschborn (MS). Vor genau vier Jahren ging die Greensill-Bank unter und mit ihr 35 Millionen Euro aus dem Vermögen der Stadt Eschborn. Jetzt ist die Stadt vor dem Landgericht Frankfurt gescheitert, von der Beratungsgesellschaft Rödl & Partner Schadenersatz zu bekommen.
Das renommierte Unternehmen, das auch einen Sitz im Gewerbegebiet Süd hat, hatte im Vorfeld der desaströsen Anlage Richtlinien für die Stadt erarbeitet, nach denen der Bürgermeister und seine Mitarbeiter in der Finanzverwaltung überschüssiges Geld anlegen dürfen. Dies war notwendig geworden, nachdem 2017 die Anlagensicherung für Städte und Gemeinden aufgehoben worden war.
Eigentlich sollte die Anlagerichtlinie also verhindern, dass Geld durch zu riskante Anlagen verloren geht. Weil am Ende jedoch genau das Gegenteil passierte, sah die Stadt Eschborn eine Mitschuld beim Verfasser der Anlagerichtlinien, nach denen eine Anlage bei der doch recht dubiosen Greensill-Bank zumindest formal nicht verboten war.
Andere waren schlauer
Da der Versuch eine außergerichtlichen Einigung gescheitert war, musste das Landgericht nun über diese Frage entscheiden. Und es entschied zu Gunsten von Rödl & Partner. Der Tenor: Auch wenn eine Anlagerichtlinie eine risikoreiche Geldanlage grundsätzlich zulässt, sei am Ende die Stadt immer für die Qualität ihrer Anlage-Entscheidung selbst verantwortlich.
Dass die im Fall von Greensill außerordentlich schlecht war, steht außer Frage. Denn schon eine kurze Recherche hätte ergeben, dass man dieser Bank besser keine 35 Millionen Euro anvertraut. Andere Städte, wie zum Beispiel Münster, waren schlauer und ließen das Bremer Geldinstitut für wenig Geld von Experten prüfen. Andere waren genauso dumm wie Eschborn und versenkten ebenfalls Millionen bei der Pleitebank, wie zum Beispiel Schwalbach oder Wiesbaden. Im Eschorner Rathaus hatte das Desaster – ähnlich wie in den meisten anderen betroffenen Städten – kaum Konsequenzen für die Verantwortlichen.
Bis zum 27. März hat die Stadt nun Zeit, Berufung gegen das Urteil des Landgerichts einzulegen. Wenn die Stadtverordneten das wollen, müssen sie das bei ihrer Sitzung am nächsten Donnerstag beschließen und noch am selben Abend bis Mitternacht eine Nachricht an das Gericht schicken. Beraten wird das Thema auch schon bei der heutigen Sitzung des Haupt- und Finanzausschuss.
Eine Berufung ist allerdings unwahrscheinlich, denn der Magistrat empfiehlt dem Stadtparlament, darauf zu verzichten. „Zwar gibt es weiterhin offene rechtliche Fragen und gewisse Ansatzpunkte. Dem stehen jedoch erhebliche Prozessrisiken gegenüber“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt. Insbesondere könnten Aspekte wie der „Nachweis der Kausalität“ vor Gericht negativ bewertet werden, sprich die Stadt hätte es auch in der nächsten Instanz schwer zu beweisen, warum ausgerechnet Rödl & Partner an dem Verlust Schuld sein soll. Hinzu kommt, dass ein weiteres Verfahren nach Schätzungen der beauftragten Anwaltskanzlei bis zu 815.000 Euro kosten könnte. „Dieses Risiko steht nach Auffassung des Magistrats in keinem angemessenen Verhältnis zu den unsicheren Erfolgsaussichten einer Berufung“, schreibt der Magistrat.
Die 35 Millionen Euro, die die Stadt buchhalterisch längst abgeschrieben hat, sind damit wahrscheinlich endgültig größtenteils verloren. Denn andere Schuldige wurden nicht belangt und für weitere Schadenersatzforderungen ist Ende 2024 die Verjährungsfrist abgelaufen.
Langes Insolvenzverfahren
Einzige Hoffnung ist, dass der Insolvenzverwalter der Greensill-Bank noch einen Teil der Forderung sichern kann. Doch dieses Verfaren kann zehn Jahre und länger dauern und am Ende wird allenfalls ein kleiner Teil des Geldes zurückfließen.
Einige betroffene Städte denken zurzeit darüber nach, ihre Forderungen an Investoren zu verkaufen, um einen Schlussstrich ziehen zu können. Wie viel diese genau zahlen, ist nicht bekannt. Es sollen aber ungefähr 25 Prozent sein. Eschborn könnte bei einem Verkauf also mit ungefähr 8,75 Millionen Euro rechnen. Bisher gibt es allerdings noch keine Bestrebungen, auf ein solches Kaufangebot einzugehen. Aktuell plädiert die Mehrheit der Stadtverordneten dafür, den Ausgang des Insolvenzverfahrens abzuwarten.
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