Eschborn (MS). Eschborns größte Baustelle ist von der Stadt aus kaum zu sehen. Vor etwas mehr als einem Jahr haben auf den Äckern in Richtung Autobahn A5 an verschiedenen Stellen die Bauarbeiten für die Regionaltangente West (RTW) begonnen, die ab 2029 als neue Bahnlinie Bad Homburg mit dem Flughafen verbinden soll. Eschborn bekommt gleich drei Bahnhöfe, die alle innerhalb der nächsten vier Jahre entstehen werden.
Die meisten Baucontainer stehen zurzeit genau an der Kreuzungsstelle von Autobahn und S5. Dort werden mit viel Beton die Brückenpfeiler für die Überquerung der RTW über die bestehende S-Bahn-Linie gebaut. Später folgt ein paar Meter weiter eine noch größere auffällige Bogenbrücke, die die an dieser Stelle neunspurige Autobahn überspannen wird.
Horst Amann, der Geschäftsführer der RTW-Gesellschaft ist froh, dass nun endlich etwas zu sehen ist. Denn die RTW ist ein echtes Langzeitprojekt. Bereits Anfang der 90er-Jahre gab es erste Überlegungen, eine neue Bahnlinie halbkreisförmig um den Frankfurter Westen zu legen, um den Hauptbahnhof zu entlasten. Doch bis die Bauarbeiten dann tatsächlich begannen, vergingen rund 30 Jahre. Und selbst als die Bagger dann da waren, dauerte es noch ein ganzes Jahr, bis sich die ersten Bauwerke aus dem Boden erhoben. Denn der Untergrund ist an dieser Stelle für Großbauwerke nicht so gut geeignet, so dass erst hunderte Löcher gebohrt und mit Kies verfüllt werden mussten. Außerdem verläuft direkt über dem Areal eine wichtige Stromtrasse und darunter eine der wichtigsten Gasleitungen für die Versorgung von Frankfurt.
Entlang des fast 16 Kilometer langen Abschnitts „Nord“ ist Eschborn wahrscheinlich die Stadt, in der am meisten gebaut wird. Neben der eigentlichen Schienentrasse entstehen gleich drei neue Bahnhöfe. Und im Bereich des Gewerbegebiets Süd wird die RTW praktisch zur Hochbahn auf Pfeilern, weil sie erst die Autobahn, dann zwei S-Bahn-Linien und schließlich auch noch die Sossenheimer Straße überqueren muss. Zwei der Bahnhöfe werden daher gleich im „Obergeschoss“ gebaut. Der heutige Bahnhof Eschborn-Süd wird zum Umsteigepunkt, bei dem unten die S3 und die S4 halten und obendrüber die RTW. Direkt über der Sossenheimer Straße wird sich in einigen Jahren der RTW-Halt „Düsseldorfer Straße“ befinden, der vor allem durch seine spektakuläre Fußgänger- und Radfahrerspindel auffällt, die mitten in die Autobahnauffahrt gebaut wird. Der dritte Eschborner Bahnhof wird „Eschborn-Ost“ heißen und einige hundert Meter hinter dem Gewerbegebiet Helfmann-Park liegen. Dort soll es dann auch noch zusätzliche Gleise geben, auf denen RTW-Züge außerhalb der Dienstzeiten geparkt werden können.
Allein schon die nackten Zahlen der neuen Bahnlinie sind beeindruckend. Stand heute wird das Projekt voraussichtlich 1,8 Milliarden Euro kosten, wobei die eigens angefertigten Züge noch nicht eingerechnet sind. Die Züge, die sowohl als S-Bahnen als auch als Straßenbahnen fahren können, werden täglich rund 60.000 Menschen transportieren und im Jahr rund 2,6 Millionen Kilometer zurücklegen.
Den größten Teil der Kosten tragen die Bundesrepublik Deutschland und das Land Hessen. Aber auch die Stadt Eschborn ist mit 1,33 Prozent an der Bau- und Betreibergesellschaft beteiligt. Und weil im Stadtgebiet gleich drei Bahnhöfe gebaut werden, muss Eschborn auch mehr bezahlen als es der winzige Anteil vermuten lässt. Erst in diesem Jahr mussten zusätzlich fast acht Millionen Euro für die RTW im Haushalt eingestellt werden. Insgesamt wird die Stadt am Ende mit mehr als 40 Millionen Euro dabei sein.
Wegen der großen Bedeutung der neuen Linie für die Region und speziell auch für Eschborn, wird am heutigen Donnerstag eine Informationsstele am Bahnhof Süd enthüllt, auf der viele Informationen über die RTW und die vielen Baustellen in der Gemarkung zu finden sind. Detaillierte Auskünfte gibt es unter regionaltangente-west.de im Internet.
Die Regionaltangente West wird Eschborn bis 2029 verändern: Oben links ist der neue Bahnhof „Eschborn-Ost“ nahe dem Helfmann-Park zu sehen, an dem auch Züge geparkt werden. Am heutigen S-Bahnhof Süd (oben rechts) wird es im „Obergeschoss“ ein zweites Gleis geben, von dem aus es auf Pfeilern (unten links) entlang des Gewerbegebiets Süd zum neuen Bahnhof „Düsseldorfer Straße“ (unten rechts) geht, der direkt über der Sossenheimer Straße gebaut wird. Grafiken: RTW GmbH