Alte Rollschuhbahn wohl vor dem Aus

Die Rollschuhläuferinnen halten zusammen, halten sich die Hände und halten fest die Daumen für einen Ort, an dem sie auch in Zukunft üben können. Foto: Schunicht

Von Sebastian Theuner

Friedrichsdorf. Steht die alte Rollschuhbahn wegen eines Kita-Neubaus vor dem Aus? Was wird dann aus den Friedrichsdorfer Rollkunstläufern? Wo werden sie in Zukunft trainieren können? Fragen, die bisher nicht wirklich beantwortet werden konnten.

Die Erfolgsliste der Rollkunstläufer der TSG Friedrichsdorf ist lang. Regelmäßig sorgen die jungen TSG-Asse für Medaillen bei Wettkämpfen auf Landes- und Bundesebene. Prominentestes Beispiel der jüngeren Vergangenheit ist Helena Dambacher, die 2015 als 14-jährige Europameisterin in ihrer Altersklasse wurde. Helmut Preis prophezeit, dass es Bilder von strahlenden TSG-Rollkunstläufern mit Edelmetall um den Hals jedoch „künftig nicht mehr geben wird.“ Der Abteilungsleiter der TSG fürchtet um die Zukunft des Rollkunstsports in Friedrichsdorf.

Knackpunkt ist die alte Rollschuhbahn an der Friedrich-Ludwig-Jahn Straße. Diese soll nach Plänen der Stadt Friedrichsdorf in nicht allzu ferner Zukunft dem Neubau der Kindertagesstätte Kunterbunt weichen. Das Gebäude der Kita am Hohen Weg stammt aus den 1970er-Jahren. „Es ist für derartige Gebäude die Regel, dass umfangreiche Sanierungsarbeiten anstehen, um sie auf einen zeitgemäßen Standard zu bringen, alleine schon aus energetischen Gründen“, wie der Leiter des Stadtplanungs-, Umwelt- und Hochbauamts Ulrich Nützel im Auftrag der Stadtverwaltung mitteilt. Darüber hinaus sei für die Kita eine Kapazitätserweiterung notwendig. Statt der aktuell 87 Kindergartenplätze müsste das Angebot auf 124 Plätze erhöht werden.

Das Architekturbüro Planquadrat in Darmstadt war damit beauftragt worden, eine Studie für eine Sanierung oder einen Neubau zu erstellen. Bei der Sitzung des Jugend- und Sozialausschusses am 27. August wurden drei mögliche Lösungsvarianten vorgestellt. Jeweils eine Schlüsselrolle in den Planungen spielte die alte Rollschuhbahn an der Bleiche, entweder als Gelände für einen Neubau oder als Grundstück für einen zeitweisen Umzug der Kita. Die Ausschussmitglieder stimmten schließlich für „Strategie 2“, also einen Neubau der Kita an der alten Rollschuhbahn. Diese wird nun laut des Sitzungsprotokolls weiterverfolgt, ein entsprechender Bebauungsplan soll aufgestellt werden.

Untergang des Rollschuhsports?

Helmut Preis befürchtet deshalb nicht weniger als den „Untergang vom Rollkunstsport in Friedrichsdorf.“ Er setzt sich für den Verbleib der alten Bahn ein, als Privatperson, wie er selbst betont. Der Rollkunstlauf-Abteilung der TSG ist er als dessen Leiter freilich persönlich verbunden. Preis glaubt, dass ohne die alte Bahn schlicht kein Raum mehr für das notwendige Training der jungen Sportler bleibt. Zwar wurde im Mai die neue Bahn im Sportpark eröffnet. „Aber den Großteil der Trainingszeiten dort haben wir bereits an die Rollhockeyspieler abgegeben.“ Da die eigene Abteilung seit zwei Jahren unaufhaltsam expandiert und sich die Anzahl der aktiven Läufer von 40 auf etwa 80 verdoppelt hat, hält Preis den Erhalt der alten Bahn für „existenziell wichtig.“

Preis kritisiert vor allem die Kommunikation der Stadt. „Man hat uns vor zwei Jahren im Glauben gelassen, dass die alte Bahn bleibt und gar eine Sanierung möglich ist.“ Preis bezieht sich dabei auf ein Gespräch mit Bürgermeister Horst Burghardt bei einer öffentlichen Begehung im neuen Sportpark. Birgit Brigl, Fraktionsvorsitzende der SPD Friedrichsdorf, sagt hingegen: „Der TSG Friedrichsdorf wurde im Sportpark bereits eine neue Rollschuhbahn zur Verfügung gestellt. Schon damals wurde seitens der Stadt signalisiert, dass die alte Rollschuhbahn nur solange weiter genutzt werden kann, bis das Grundstück für eine eventuelle Nachnutzung benötigt wird.“

Darüber hinaus sei der Standort der alten Rollschuhbahn für den Neubau der Kita Kunterbunt alternativlos, wie Stadtplanungsleiter Nützel bekräftigt: „Das Grundstück der alten Rollschuhbahn liegt für einen Kita-Neubau in diesem Bereich ideal. Ein anderes adäquates städtisches Grundstück ist für einen Kita-Neubau in diesem Bereich nicht vorhanden. Der Bedarf an Kita-Betreuungsplätzen ist demgegenüber sehr groß.“

Preis weiß um den Bedarf an neuen Kita-Plätzen. Doch er habe erst kurzfristig von den Plänen für den Kita-Neubau erfahren. Seit besagter Ausschusssitzung, wo er selbst vor Ort war und sein Anliegen vor den anwesenden Mitgliedern vortragen durfte, sei niemand von der Stadt auf ihn zugekommen. „Das wurde heimlich und still beschlossen“, beklagt er.

Unterschriftensammlung

Anfang September hat Preis eine Online-Petition für den Erhalt der alten Rollschuhbahn gestartet. 155 Fürsprecher konnte er dort bisher gewinnen. „Eine Kita ist eine gute Sache, aber muss dafür eine andere gute Sache weichen?“, kommentierte eine Unterzeichnerin. Gleichzeitig sammelt Preis persönlich Unterschriften, insgesamt belief sich die Anzahl der Unterstützer bis zum Dienstag dieser Woche auf 590.

„In der Stadt gibt es wohl den Irrglauben, dass die alte Bahn nun nicht mehr benötigt wird“, vermutet Preis. Das Gegenteil sei der Fall: „Wir stehen mitten in unserer Blüte, bekommen ständig neue Mitgliedsanträge.“ Einzeltraining wäre mit nur einer Bahn „nicht mehr möglich.“ Außerdem werde die alte Rollschuhbahn auch häufig von Freizeitsportlern genutzt. Preis will weiter für den Erhalt der alten Bahn kämpfen. Die Worte von Birgit Brigl dürften indes wenig Hoffnung machen: „Da keine alternativen Grundstücke vorhanden sind, mussten wir abwägen, ob die alte Rollschuhbahn erhalten bleibt, oder ob wir eine zeitgemäße Kinderbetreuung anbieten wollen.“ Sie könne die Beweggründe von Preis gut nachvollziehen. „Jedoch sehen wir keine Handlungsoption.“

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