Ausstellung verhilft Schülern zu Prominenz

Der Geschichtslehrer an der Philipp-Reis-Schule, Dr. Christian Mühling, präsentiert das Plakat der von seinen Schülern konzipierten Sonderausstellung im Deutschen Hugenotten-Museum Bad Karlshafen. Foto: fch

Friedrichsdorf (fch). Eher verhalten war die Begeisterung der 25 Schüler

im Geschichtskurs von Dr. Christian Mühling, als dieser das Thema „Hugenotten“ für den Unterricht vorstellte. Die Elftklässler der Philipp-Reis-Schule (PRS) hatten keinen Bezug zum Thema, und ihr Lehrer musste viel Überzeugungsarbeit leisten. Anfangs, doch dann...

Die Hugenotten. Nein, das Thema in Geschichte lachte die 25 Schüler der elften Klasse der Philipp-Reis-Schule (PRS) nicht wirklich an. Doch ihr Lehrer, Dr. Christian Mühling, informierte sie über die Herkunft und Bedeutung des Stadtnamens Friedrichsdorf und des Straßennamens Hugenottenstraße. Er machte mit ihnen Exkursionen. Die Schüler besuchten zu Recherchezwecken das Stadt- archiv, das Hugenottenmuseum im Philipp- Reis-Haus, die evangelische Stadtkirche, die Schulbibliothek und das Institut Garnier. Der Lehrer zeigte ihnen die Schulfahne im Foyer der PRS und berichtete über die Geschichte des von Louis Frédéric Garnier (1809-1822) gegründeten Jungeninternats Institut Garnier. Unterrichtet wurden hier Schüler aus aller Welt von 1836 bis 1924. Zu ihnen gehörte auch Telefonerfinder Philipp Reis. Die Internatsschule ging in der Weimarer Republik in die städtische Mittelschule über, deren Nachfolger die PRS ist.

In Gesprächen mit Pastorin Gundula Guist, Stadtarchivarin Dr. Erika Dittrich und Archäologe Alexander Weisgerber vom Stadtmuseum informierten sich die Kursteilnehmer eingehend und ihre Haltung zum Thema änderte sich. Die Schüler erkannten in den Gesprächen mit den Experten und dem Besuch der historischen Orte, dass „ihre Stadt“ eine der wichtigsten Kolonien französischer Glaubensflüchtlinge des 17. Jahrhunderts war. Die Hugenotten waren keine Heimatvertriebenen und keine Wirtschaftsflüchtlinge, sondern sie verließen in der Regel gesicherte finanzielle Verhältnisse in der Hoffnung als reformierte Christen ohne Verfolgungen und Einschränkungen in ihrem Glauben und ihrer Überzeugung leben zu können.

Plötzlich war das Interesse der Schüler am Thema geweckt. Sie stürzten sich voller Elan in die Recherche. Auch die Corona-Pandemie konnte die Teenager nicht ausbremsen. In Teams vertieften die Schüler im Austausch mit ihrem Geschichtslehrer im Online-Unterricht ihre Rechercheergebnisse, bebilderten diese mit Fotos, künstlerischen Illustrationen und Zeichnungen. Sie entdeckten, dass die Hugenotten Teil ihres Lebens sind, dass die Geschichte der protestantischen Glaubensflüchtlinge lebendig ist.

Stolz auf die Vergangenheit

Die Schüler, deren Familien aus vielen verschiedenen Ländern wie dem Libanon, Kroatien, Italien, Luxemburg, Thailand, China, der Türkei und Deutschland kommen, zogen Vergleiche zur Situation heutiger Flüchtlinge. Und sie sind stolz darauf, dass „ihre Stadt“ damals wie heute Menschen, die verfolgt werden und auf der Flucht sind, Schutz bietet und aufnimmt.

Ihre Ergebnisse hielten sie auf zehn Plakaten fest, die sie mit der Übersetzung der Friedrichsdorfer Privilegien von 1687 ergänzten. Zur Begeisterung und Identifikation mit dem Thema trug auch bei, dass sich alle Schüler mit ihren Stärken ins Geschichts-Projekt einbringen konnten. So hielt eine Schülerin ihre Interpretation der Aufnahme der hugenottischen Flüchtlinge durch Landgraf Friedrich II. von Hessen-Homburg in einem eigenen Gemälde fest. Schülerin Vivien Kröger sang das hugenottische Kirchenlied „Mon Coeur Joyeux, Plein d‘Espérance“, das auch als Friedrichsdorfer Hymne bekannt ist und nahm es auf. Bei der Erstellung der Plakate, des Designs und bei der Online-Erstellung der Ausstellung für den Unterricht half Sören Isermann. Der Schüler aus Burgholzhausen ist an Technik und Informatik interessiert. Er griff seinen Mitschülern bei Technikproblemen unter die Arme. Fasziniert hat ihn das „Quellenstudium, die eigene Recherche im Museum und in der Kirche“. Er sagt: „Ich fand es sehr schön, dass ich einmal wissenschaftlich an einer Ausstellung mitarbeiten konnte. Unser Lehrer hat uns gute Feedbacks zu unserer selbstständigen Arbeit gegeben.“

Maximilian Barnick aus Köppern und Jérôme Nepper entdeckten im Museum die Geschichte der Strumpfproduktion der Hugenotten für sich. „Ich wusste nicht, dass die Hugenotten in Friedrichsdorf 30 000 Sockenpaare pro Jahr hergestellt hatten. Und ich bin fasziniert von der Technik der Strumpfwirkstühle, mit denen man feine Strümpfe herstellen konnte“, berichtet Maximilian Barnick.

Katharina Abel steuerte Zeichnungen und Illustrationen bei. Sie war begeistert, dass sie ihre künstlerische Begabung ins Thema einbringen konnte. Einige Schüler freuten sich, dass sie ihrem Geschichtslehrer bei Themen, in denen er nicht so bewandert ist, wie Internet oder Strumpfherstellung, noch etwas beibringen konnten.

Beeindruckt ist Maximilian von der Ausstellung und der Plakatherstellung. „Es ist für uns Schüler eine große Ehre, dass ein so bedeutendes Museum wie das in Bad Karlshafen unsere Ausstellung zeigt.“

Der Lehrer verrät, dass Carolin Gerlich bei Bekanntgabe der Ausstellung und mit Blick auf das Medieninteresse sagte: „Jetzt sind wir prominent.“ Sie sagt: „Anfangs war ich skeptisch, was das Thema Hugenotten betraf.“

Die zehn Plakate beschäftigen sich mit der Geschichte der Hugenotten in Frankreich, ihre Ansiedlung in Friedrichsdorf, aber auch mit den Konflikten zwischen der vom Kurfürsten privilegierten Fremden mit der einheimischen Bevölkerung. Ergänzt werden diese Schülerarbeiten durch Leihgaben des PRS-Hauses und Ergebnisse der lokalgeschichtlichen Forschung.

!Die Ausstellung ist vom 1. Juli bis zum 31. Oktober im „Deutschen Hugenotten-Museum“ in Bad Karlshafen zu sehen. Infos gibt es im Internet unter www.hugenottenmuseum.de.



X