„Das Ergebnis kann sich sehen lassen“

Jeder Zwieback aus diesem Laib enthält zahlreiche Informationen zum Gebäck, seiner Zubereitung und den Friedrichsdorfer Zwiebackfirmen. Zu erleben im neu gestalteten Philipp-Reis-Haus, das am Mittwoch, 1. Februar, nach ausgiebiger Sanierung wieder eröffnet. Foto: fch

Friedrichsdorf
(fch). Von 2018 bis November 2022 hatten die Handwerker das Sagen im Philipp-Reis-Haus. Komplettsanierung und Umbau waren unter Coronaeinschränkungen nicht immer einfach. Dennoch erstrahlt das beliebte Museum jetzt in neuem Glanz für die Besucher.

Die Museumsleitern des erneuerten Philipp-Reis-Hauses, Dr. Erika Dittrich, zieht eine positive Bilanz zur Sanierung: „Die Zusammenarbeit mit Joachim Fuß vom Stadtplanungs-, Umwelt- und Hochbauamt und Architekt Michael Ruhl war sachlich, teamorientiert und toll.“ Gemeinsam mit Gestalter Thomas Scheuermann entwarf die Museumsleiterin verschiedene Farbschemen für einzelne Bereiche und entwickelte die helle und transparente Präsentationsgestaltung. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Besucher erwartet ein offenes, barrierefreies und modern ausgestattetes Museum mit wertvollen Exponaten zur Geschichte der Friedrichsdorfs, der hugenottischen Glaubensflüchtlinge und dem Aufstieg vom verschlafenen Dorf zu einer blühenden Stadt.

Suzanne Garnier, die einst ihr Wohnhaus an Philipp Reis verkaufte, käme aus dem Staunen nicht heraus. Bereits das lichtdurchflutete Foyer mit dem überdimensionalen Telefonhörer, der auf den Namensgeber verweist, macht Lust, auf eine spannende Entdeckungsreise zu gehen. Wer sich über Philipp Reis und seine geniale Idee, die er am 26. Oktober 1861 der Fachwelt in Frankfurt mit dem Vortrag über „Das Telefonieren mit galvanischen Strom“ präsentierte, informieren möchte, findet im Erdgeschoss die passenden Ausstellungsräume. Dort gibt es auch eine Garderobe, eine behindertengerechte Toilette und einen Aufzug. Im ersten Stock befinden sich sieben lichtdurchflutete und transparent gestaltete Museumsräume. Im Dachgeschoß hat die Museumspädagogik ihr Domizil. Wer die Treppenstufen in den ersten Stock erklommen hat oder aus dem Aufzug tritt, dem blickt Friedrich II. von Hessen-Homburg huldvoll entgegen. Umgeben ist das 1837 von Hofmaler J. F. Voigt anlässlich des Stadtjubiläums gemalte Porträt von einer goldenen Seidentapete. Wer Informationen zum Kriegshelden und Landgrafen haben will, der vor 336 Jahren das Hugenotten- und Waldenser-Friedrichsdorf gründete, findet diese wie zahlreiche Fotos sowie Abbildungen auf modernen Touch-Screens. Auf drei Ebenen „Biografie“, „Einladung der Hugenotten“ oder dem „Ölgemälde“ mit seinem Porträt, ist eine gezielte Auswahl möglich. Touch-Screen-Bildschirme statt Infotafeln finden sich in allen Abteilungen. Interessant ist unter anderem eine Tafel mit den Namen der ersten 36 von fast 50 Hugenottenfamilien, die auch Angaben zu deren Dorf und der Region enthält, aus der sie kamen sowie, wann ihr Name erstmals in Akten der Stadt erwähnt wurde.

Außer einer anschaulichen Darstellung von Verfolgung, Flucht und Ankunft der Glaubensflüchtlinge in Hessen finden sich in der „Hugenottenabteilung“ verschiedene Hugenottenkreuze, aber auch Informationen zu Fremdenfeindlichkeit. Ein Gegner war Reichsgraf Franz Adolf Dietrich von Ingelheim, zu dessen Gebiet Burgholzhausen gehörte. Aufklärung über den dreijährigen Bau, Stil und über 15 Jahre gehenden Streit über das Aussehen der Vorgängerkirche, dem „Temple“ wird dem Intressierten hier zuteil. Eingesehen werden kann der Originalbauplan und das Liederbuch von der Eröffnung. Eine Vitrine zur Kirchenchronik mit Leihgaben der evangelischen Kirche wie eine Kirchenchronik von 1837, Taufgeschirr aus Zinn aus dem 18. Jahrhundert, versilberte Abendmahlskelche und „Zulassungsmünzen“ für den Abendmahlsgottesdienst.

Eines der wertvollsten Stücke befand sich in einer mit König David als Vertreter der Musik verzierten Spanschachtel: Ein Taufkleid aus Seide mit Spitze aus dem 18. Jahrhundert. „Es ist einmalig in Deutschland“, sagt die Historikerin Dittrich. Zu sehen ist auch die Originalurkunde der Wappenverleihung von 1821, die Stadtrechte gab es bereits 1771. Dem Gespräch zwischen Angelika Lebeau und Eugen Privat über ihre Vorfahren, ihren Stammbaum und die Stadtgeschichte sowie den erfolgreichen Handwerkern und Fabrikanten lauschen können Museumsbesucher dank einer Bildschirminstallation. Diese wie die Touch-Screens, Filme, taktile Elemente und Tastmodelle wie beim Straßendorfmodell von 1835 für Sehbehinderte und Blinde sowie Spiele und Interaktionen für Kinder beziehen Besucher mit in die Ausstellungen ein.

!Wer das neue Museum in Augenschein nehmen möchte, hat dazu dienstags und donnerstags von 10 bis 17 Uhr Gelegenheit. Der Eintritt ist frei. Führungen können per E-Mail an erika.dittrich[at]friedrichsdorf[dot]de vereinbart werden.

Weitere Artikelbilder



X