Friedrichsdorf (fch). Keine Krimi-Lesung wie jede andere war der zweite Auftritt in Friedrichsdorf von Schauspieler Roland Jankowsky. Bereits die Begrüßung seiner zahlreichen Fans nutzte der Schauspieler, um sie auf das Leid der Menschen in Togo und auf den Verein „Togo-Neuer-Horizont“ hinzuweisen. Jankowsky engagiert sich finanziell und als Botschafter beim wirtschaftlich unabhängigen, allein durch Spenden finanzierten Verein, dessen Charity-Projekte er kurz vorstellte. Infos gab es auch zu seiner Musik-CD mit von ihm gesungenen François-Villon-Texten, den Independent-Film „Effigie – Das Gift und die Stadt“ von 2019, Dreharbeiten unter Coronabedingungen für die nächsten acht Folgen von „Wilsberg“ sowie die von ihm herausgegebenen und auf Lesungen vorgestellten Comedy-Crime-Story-Sammlungen.
Zur Einstimmung auf die Lesung „Wenn Overbeck (wieder)kommt“ gab es das Gedicht „Am Parkplatz“ von Peter Gertis. Dann tauchte der versierte Vorleser mit seinen Zuhörern in eine Welt voller ebenso schräger wie spannender Krimis aus dem Buch „Waffe weg! Over…!“ Nicht dabei hatte der „Coolste Cop Deutschlands“ seine Sonnenbrille und seine Dienstwaffe, denn in der Lesung wechselt Jankowsky alias Kommissar Overbeck die Seiten. Im Mittelpunkt der Kurzgeschichten verschiedener Autoren stehen Killer und die Tücken, mit denen sie zu kämpfen haben.
Die vier Krimistücke des Abends sind spannend, unterhaltsam sowie humorvoll, leicht absurd und schräg zugleich. Meist beginnt es ganz harmlos. Erst durch die Verkettung unglücklicher Umstände wird bei den Tätern große kriminelle Energie freigesetzt, die kein Auge trocken lässt. Autorin Erika Kroell führt dem Zuhörer in „Auf Abwegen“ vor, wie es ist, wenn das erste Sado-Maso-Date eines braven Ehemannes im Möbelhaus völlig aus dem Ruder läuft. Die gespannten Zuhörer sind hautnah dabei, wie er sich geschickt aus der Affäre zieht und den Ermittlern seine Ehefrau als Täterin präsentiert. In Peter Godazgars Kurzgeschichte „Bei Mutti schmeckt‘s am besten“ erfahren die Krimifans, welche Zutaten in ein „Leipziger Allerlei“ gehören, und welche nicht. Zwei Auftragskiller konnten eine Zutat nicht herausschmecken, was sie mit dem Leben bezahlten.
Danach begab sich das Publikum gemeinsam mit einem Versicherungssachbearbeiter erst in dessen „Heimathölle“, dann im Wohnmobil auf eine „Tour des Grauens“ in den Süden, um auf einem total belegten Campingplatz an einem kriminellen Gesamtkunstwerk teilzuhaben. Mit den Eheleuten Sabine und Klaus tauchen die Krimifans in Klaus Stickelbroecks „Chaos im Keller“ in ein Lager voller „Plunder“ oder „deutschem historischen Kulturgut“ – je nach Blickpunkt des Betrachters – ein. Für Klaus‘ dritte Ehefrau Sabine endet das Ansinnen, den Lagerkeller in ein Bügelzimmer zu verwandeln, tödlich.
Alle Kurzgeschichten wie auch die stürmisch herbeigeklatschte Zugabe „Beim Bäcker“ zeichneten sich durch überraschende Wendungen, Wortwitz und groteske Situationen aus und endeten unerwartet. Der Krimi-Abend verging dank der schauspielerischen Leistung des Vorlesers wie im Flug. Gekonnt schlüpfte Roland Jankowsky geschickt in die Charaktere der handelnden Personen. Verlieh ihnen mit Stimme, Gestik, Mimik, vollem Körpereinsatz und Dialekt Leben. Mühelos absolvierte er schnelle Rollenwechsel, sorgte mit Akzenten für Lokalkolorit. Vor den Augen der Zuhörer liefen ganze Filme ab. Mit mörderischem Spaß erweckte der Schauspieler die Personen in den Geschichten namhafter Autoren zum Leben. Das Publikum tauchte dabei ein in ein Wechselbad zwischen Lachen und Gänsehaut.