Eine schlimme Vorstellung: Auf der Flucht und keiner hilft

Erich Freund, Regine Trenkle-Freund, Lutz Kunze, Samer Aboutara und Anne Retzlaff sind alle im erweiterten Vorstand des AKAsyl. Foto: AKAsyl

Friedrichsdorf (fw). Der Arbeitskreis Asyl Friedrichsdorf (AKAsyl) feierte 30-jähriges Bestehen. Viele Freunde und Bekannte kamen. Coronabedingt konnte die Feier nicht im Rathaus stattfinden, sondern in einem deutlich kleineren Kreis im evangelischen Gemeindehaus in Köppern. Geflüchtete erzählten ihre Erlebnisse, als sie in Friedrichsdorf ankamen und von Mitgliedern des Arbeitskreises Unterstützung beim Asylverfahren, beim Deutschlernen , bei der Job- und Wohnungssuche und bei Vielem mehr erfuhren.

Ein Geflüchteter aus Somali wusste zu berichten, dass er dank des durchgeführten Kirchen- asyls davor bewahrt wurde, nach Bulgarien abgeschoben zu werden, wo er inhaftiert und misshandelt wurde. Dies war das erste EU-Land, über das er eingereist war. Heute arbeitet er im Security Bereich in Frankfurt und ist froh, in Deutschland Fuß gefasst zu haben. Andere erzählten, dass sie mittlerweile in der Altenbetreuung ihre Zukunft sehen. So nahm Hangama Mangal den steinigen Weg auf sich, als ehemalige Abteilungsleiterin einer Bank in Afghanistan in Deutschland bei Null anzufangen und nun Pflegebedürftige im Seniorenheim in Friedrichsdorf zu betreuen.

Wie alles anfing ? Herbert Kugelmann erzählte, wie er als einer der ersten Ehrenamtlichen 1990 im damaligen Taunusquarzitwerk, der ersten Flüchtlingsunterkunft Friedrichsdorfs, jeden Freitag Asylberatung anbot. Er organisierte gemeinsam mit dem Arbeitskreis Asyl das Café International und schilderte, wie es von der Weihnachtsfeier zum Interkulturellen Lichterfest unter reger Beteiligung der Geflüchteten kam.

Heute sei es genau so notwendig, den Geflüchteten auf persönlicher Ebene Unterstützung angedeihen zu lassen, so die Moderatoren Regine Trenkle-Freund und Lutz Kunze: „Aber das reicht nicht. Auch politisch ist Engangement geboten. Den Finger in die Wunde legen, sagen, wo Politik versagte und versagt und Bürgerengagement notwendig ist. Besonders auch in einer Situation, in der von der anfänglichen offenen Bereitschaft der Willkommenskultur auf politischer Ebene von manchen Akteuren der Weg hin zu Abschottung und Abschiebung gewendet worden ist.“ Flucht sei aber kein Verbrechen, und jeder möge sich die Frage stellen: „Stellen Sie sich vor, Sie müssen fliehen, und keiner will Sie. Dies sei der Beweggrund für die 30-jährigen Aktivitäten.

Gegen weltweite Ungerechtigkeit

Die Welt sei leider nicht friedlicher geworden, bedauern die Mitglieder vom Arbeitskreis, ganz im Gegenteil würde die Anzahl der weltweit Fliehenden zunehmen. Jede Gesellschaft müsse sich fragen lassen, ob sie weiterhin durch ihr Tun selbst Fluchtursachen schaffen wolle. Rüstungsexporte, ungerechter Handel, Zerstörung von landwirtschaftlichen Strukturen und Ökosystemen, Ausbeutung von Natur und Menschen trügen täglich dazu bei, die Lebensgrundlagen vieler Menschen auf der Welt zu zerstören. „Dagegen anzugehen und den Opfern der weltweiten Ungerechtigkeit Unterstützung zu geben, ist der Motor, die Arbeit des Arbeitskreises fortzuführen“, betonen Kunze, Freund und Trenkle-Freund.

Untermalt wurde der Abend durch das Klavier- und Gitarrenspiel von Jochen Schimmelschmidt und Majid sowie mit Gedichten von Samer Aboutara.



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