Falkenstein (es) – Groß war die Zahl derer, die mit dem MGV-Falkenstein zum Festakt anlässlich des 150-jährigen Bestehens am Samstagabend ins Bürgerhaus Falkenstein gekommen waren. Erwartungsvoll schaute man zur festlich geschmückten Bühne, die sich Punkt 19 Uhr mit 14 Sängerinnen und zehn Sängern des gemischten Chores füllte. Von den in Schwarz mit roten Accessoires gekleideten Damen und Herren erklang zur Einstimmung in den Abend, unter dem Dirigat des Chorleiters Philipp Ranff, das Lied von Markus Pytlik: „Wenn ich alle Sprachen dieser Welt sprechen könnte … und hätte die Liebe nicht“. Dem folgte Peter Maffays Song „Über sieben Brücken musst du geh‘n“. Ein gelungener Auftakt in einen Abend, an dem man von der Freude an der Gemeinschaft und der Liebe zur Musik in den Chören des MGV viel erfuhr.
Ehrenmitglied mit langer Anreise
Begrüßt wurde das Festpublikum durch den 1. Vorsitzenden des MGV, Markus Schleicher. Auf der langen Liste der zu begrüßenden Ehrengäste standen unter anderem die Bürgermeisterin Beatrice Schenk-Motzko, der Landrat des Hochtaunuskreises, Ulrich Krebs, Altbürgermeister Leonard Helm, der Stadtverordnetenvorsteher von Königstein, Dr. Michael Hesse und der Präsident des hessischen Sängerbundes, Claus-Peter Blaschke sowie Markus Franz von der Taunus Sparkasse, der als Schirmherr des Festjahres fungiert. Mit herzlichem Applaus wurde das Ehrenmitglied Helmut Kempf begrüßt, der es sich nicht hat nehmen lassen, 700 Kilometer von der Waterkant anzureisen.
Um die bewegte Geschichte des Vereins anschaulich Revue passieren zu lassen, fanden sich fünf Chormitglieder auf der Bühne ein. Unter der Moderation von Jörg Pöschl plauderten Claudia Fischer vom MGV-Frauenchor, der Ehrenvorsitzende Walter Kremmel, der 1. Vorsitzende Markus Schleicher und der 2. Vorsitzende Walter Schäfer mit großem Unterhaltungswert über Fakten der Vereinsgeschichte. Dazu passend erschienen jeweils Archivbilder auf einer großen Leinwand.
Pflege der Gemeinschaft
Am 3. Oktober 1875 trafen sich einige Falkensteiner Bürger, um den „Männergesangverein Frohsinn Falkenstein“ neu aus der Taufe zu heben. Es bestand bereits ein Männerchor und es ist nicht auszuschließen, dass der Neugründung eine gewisse Konkurrenz zugrunde lag. Hinter jedem Namen stand ein handwerklicher Beruf, der eine Chorprobe nur samstagabends im alten Falkensteiner Rathaus möglich machte. „Wer nicht zur Probe erschien, bekam kein Sonntagsessen“, so wurde berichtet. Bei einer Bevölkerungszahl von damals 630 Personen einen zweiten Chor mit circa 30 Mitgliedern auf die Beine zu stellen, zeugte von großer Entschlossenheit. Die damalige Zeit war erfüllt von der Pflege der Gemeinschaft auf Dorffesten wie Kirchweih, sportlichen Wettkämpfen, musikalischem Wettstreit, Fahnenweihen der Vereine. Zum Fest der Fahnenweihe 1879 kamen 30 auswärtige Vereine. Gegenbesuche zu deren Festivitäten wurden obligatorisch.
1881 machte der Chor sich erstmals auf den Weg zu einem Gau-Sängerfest nach Schmitten. Berichtet wird, dass sich 1897 hundert Personen auf vier großen geschmückten Leiterwagen zum Vereinsausflug nach Schmitten, später auch nach Friedberg und Bad Nauheim, einfanden. Von Anfang an war es das Ziel des Chores, sich mit seinem Gesang im Außen zu beweisen, sich freundschaftlich mit anderen Chören zu verbinden und die Geselligkeit zu pflegen. Diese Zielsetzung ist bis heute zu spüren. Aber auch der im Raum aufgestellte lange Tisch zeugte davon, dass man regelmäßig erste und zweite Preise bei Chorwettbewerben mit nach Hause brachte. Prächtige Pokale und Urkunden gab es zu bewundern.
Langjährige Treue der Chorleiter
In all den Jahren wuchs der Chor zu einem stattlichen Männergesangverein heran. Die Suche nach geeigneten Chorleitern war nicht immer einfach, jedoch von großem Glück begleitet, als sich ein Lehrer aus Kronberg, Ludwig Sauer, 1909 anbot und dem MGV daraufhin 31 Jahre diente. Alle weiteren Chorleiter erwiesen sich ebenso durch langjährige Treue. Und so wurde auch von dieser Runde auf der Bühne der seit zwei Jahren amtierende Philipp Ranff augenzwinkernd darauf aufmerksam gemacht, dass auch ihm eine lange Chorleitertätigkeit blühen könne.
Überhaupt kam der Humor auf der Bühne nicht zu kurz. Langjähriges Mitglied Walter Kremmel konnte dazu vieles beitragen. Allein die Suche nach Räumlichkeiten brachte etliche Lacher ein. Unvorstellbar wohl zu Anfang die Proben unter dem Dach des Alten Rathauses, später auch im kleinen Saal des Gasthauses Wolf. Bei Wind und Wetter mussten die Fenster geöffnet bleiben, das Wasser lief die Wände herunter, wenn wackere Männer in großer Zahl rauchend (!) und trinkend sich dem Gesang hingaben. Dazu war ein Foto zu sehen, auf dem Rauchschwaden das Erkennen der Personen unmöglich machten.
Das erste größere Ereignis war die Feier zum 25-jährigen Bestehen. 80 Mitglieder zählte der Verein. 1.500 verkaufte Teilnehmerkarten zeugen von der Größe des Festes. Das ganze Dorf wurde geschmückt. Musikzüge, Vereine, Ehrenjungfrauen wurden auf dem Weg zum Zeltplatz gebührend gefeiert. Am Nachmittag brach jedoch ein verheerendes Unwetter über die Feiernden herein, was zum überstürzten Abbruch des Festes führte. Trotzdem wurde dieses am dritten Tag mit einem Feuerwerk von der Falkensteiner Burg groß beendet.
„Kellerfeste“
Ein weiterer humoriger Beitrag war die Erzählung aus dem Jahr 1979, als sich die beherzten Männer daran machten, einen Kellerraum auf der Falkensteiner Burg freizulegen, um eine Bodenplatte dort zu betonieren. Dies geschah ohne jegliche Genehmigung – der Bürgermeister war im Urlaub. Ziel war es, einen überdachten Festraum zu gewinnen. Das fertige Werk wurde bei einer „Übergabe“ genehmigt und damit begannen 40 Jahre „Kellerfeste“ auf der Burg. Für heutige Zeiten ein unmögliches Bauvorhaben.
Alle Jubiläen – bis heute acht an der Zahl –, Bauvorhaben, Renovierungen, Vereinsarbeit etc., zeugen von einem ehrenamtlichen Engagement unfassbaren Ausmaßes. Das heutige Vereinsheim in der Ortsmitte von Falkenstein wurde 2005 in 3.000 eigengeleisteten Arbeitsstunden vollständig renoviert. Alle benötigten Baumaterialien kamen aus Falkensteiner Handwerksbetrieben, zu denen gerade Walter Kremmel gute Beziehungen pflegte. Dadurch beliefen sich die Renovierungskosten gerade mal auf 35.000 Euro. Letzte Woche unterschrieb die Bürgermeisterin erneut den Mietvertrag für die nächsten Jahre.
Dieses feste Domizil trägt sehr dazu bei, das Vereinsleben zu stärken. Nachdem die Zahl der sangesfreudigen Männer immer weiter zurückging, erweiterte sich der Männerchor zu einem gemischten Chor, indem er auch Frauen aufnahm. Das ging nicht ohne männlichen Protest ab, ja führte zu einigen Austritten. Aber dieser traditionsreiche Falkensteiner Chor wäre nicht der, der er heute ist, nämlich ein auf die Zukunft ausgerichteter „MGV-Mein Gesang-Verein“. Traditionen werden gepflegt. Das Ehrenamt blüht. Gemeinschaft wird großgeschrieben und die Bildung neuer Chorformationen nicht gescheut. Aus einem in 1971 gebildeten Jungenchor hat der Verein Mitglieder gewonnen, die bis heute dabei sind. Vor 30 Jahren gründete sich ein Frauenchor des MGV. Im jetzigen Jubiläumsjahr wurde ein Projektchor für Männer ins Leben gerufen, um das Konzert im Herbst zu bereichern. Bereits 30 Männer sind dem Aufruf gefolgt und es dürfen noch mehr werden. Auch hier hat man sich dem Zeitgeist angepasst und übt alle vier Wochen an einem Samstag, da sich wöchentliche Proben mit Beruf und Familie heutzutage kaum noch gestalten lassen.
Konzert in Notre Dame
Mit Begeisterung berichteten die fünf auf der Bühne im Weiteren von all den großartigen Reisen, die in den Jahren erfolgten. Besonders hervorgehoben wurde der Besuch des Petersdoms in Rom. Es war ein unwahrscheinliches Glück, bei der Sonntagsmesse mit dem Papst in Block 1 Plätze ergattert und im Dom auch gesungen zu haben. Ebenso die Reise nach Paris. Dieser Chor schaffte es, trotz aller Zweifler, eine Genehmigung zu erwirken, um in der stattlichen Kirche Notre Dame ein Konzert geben zu dürfen. Zwei Highlights unter vielen.
Zwei Stunden lang hielten die fünf das Publikum zu voller Aufmerksamkeit an. Kurzweilig erfolgte ein Gang durch die Historie des Chores. Es sei an dieser Stelle auf die interessante Homepage https://mgv-falkenstein.de verwiesen. Der im letzten Jahr leider verstorbene Sänger Hermann Groß hat hier die Geschichte des Vereins bestens dokumentiert.
Zum Ende der Veranstaltung erfolgten zahlreiche Grußworte. Allen gemeinsam war der Respekt vor so viel ehrenamtlichem Engagement, das in besonderer Weise dazu dient, das Gemeinschaftsgefühl der Falkensteiner durch Lebensfreude zu stärken. Der Chor sei eine unverzichtbare feste Größe in der Falkensteiner und Königsteiner Heimatgemeinde, so Bürgermeisterin Schenk-Motzko.
Claus-Peter Blaschke, Präsident des Hessischen Sängerbundes, betonte in seiner Rede wie wichtig es heute ist, neue kreative Formate in traditionsreichen Chören zu fördern. Dies hätte erstaunlicherweise nach Corona landesweit zu einem 20-prozentigen Zuwachs an Chormitgliedern geführt. Für die Offenheit für neue Konzepte verlieh er dem MGV-Falkenstein die Ehrenurkunde des deutschen Chorverbandes Berlin, gez. Präsident Christian Wulff.
Ehrungen langjähriger Mitglieder
Letzter festlicher Akt des Abends führte zu den Ehrungen der Chormitglieder. Sieben Mitglieder blicken auf 25, 40, 50, 60 und 65 Jahre Chorgesang zurück. Eine goldene Ehrennadel für Treue und Beständigkeit wurde an den Alt-Dirigenten Adolf Gräser verliehen.
„Die menschliche Stimme“ ist das Musikinstrument des Jahres 2025 und wurde dazu von den Landesmusikräten der Bundesländer ausgewählt. Mit diesem Hinweis dankte der 1. Vorsitzende Markus Schleicher zum Ende des Abends allen Chormitgliedern und deren Familien und Freunden, die den Festakt zum 150-jährigen Bestehen möglich gemacht hatten. Das ganze Jahr werde zu einem Festjahr mit zahlreichen Veranstaltungen. Dazu lud er herzlich ein. Zur weiteren Information sei hier nochmals auf die Homepage des Vereins verwiesen.
Von einer offenen Tür in die Zukunft zeugte der schmissige Chorgesang mit dem Beatles-Song: „Eight Days a Week…“, der zum Abschluss erklang.
Auf alle Festgäste warteten ein kleines Buffet und Sekt zur Stärkung nach einem wunderbaren Abend.