Glückliche Herzen bei Preview im „neuen“ Philipp-Reis-Haus

Bei der Preview zu den Neuerungen im Philipp-Reis-Haus werden viele Danksagungen ausgesprochen: v. l. Pianist Frank Mignon, Sämgerin Anita Vidovic, Bürgermeister Lars Keitel und Musuemsleiterin Dr. Erika Dittrich. Foto: lm

Friedrichsdorf (fw). „Es ist ein Museum für alle Sinne geworden“, freut sich Bürgermeister Lars Keitel bei der Preview im Philipp-Reis-Haus am vergangenen Sonntag. Aus Platzgründen und wegen Corona war nur ein kleiner Kreis geladen. Die offizielle Museums eröffnung wird zwar erst am 1. Februar Frau Ministerin Angela Dorn vornehmen, doch so lange wollte keiner warten. Zu groß waren Neugierde und Ungeduld. Mit dem Lied „Mon Coeur Joyeux“, mein glückliches Herz, das früher die Friedrichsdorfer zu allen Gelegenheiten sangen, leitete die Sängerin Anita Vidovic die lockere Veranstaltung ein. Musikalisch begleitete sie am E-Piano Frank Mignon. So eingestimmt, verwies Keitel auf die Vergangenheit Friedrichsdorfs, das lange eine kuriose französische Insel blieb.

Diese DNA der Stadt aufzuspüren, hatte sich Museumsleiterin Dr. Erika Dittrich bei der Konzeption vorgenommen, deren Kreativität und Einfallsreichtum Keitel besonders hervorhob. Auch Heike Heinzel vom Museumsverband Hessen betonte, sie kenne kein weiteres Museum Hessens, dessen Inhalte allein von der Museumsleitung konzipiert seien. „Das Friedrichsdorfer Museum ist kein Museum von der Stange, sondern ein maßgefertigtes, es hat Seele.“

Herausragende Arbeit geleistet

 

Entsprechend hatte sich Dr. Erika Dittrich gewünscht, es solle ein Museum für alle Sinne werden und alle Generationen ansprechen. Doch zuvor wurde unter der Leitung von Michael Ruhl, Architekt aus Lauterbach, und Joachim Fuß, Mitarbeiter im städtischen Bauamt, die bauliche Hülle erstellt. Dittrich lobte die harmonische Zusammenarbeit, da jeder das Projekt im Fokus hatte. Ruhl überreichte sogar ein in Christomanier eingepacktes, selbst gebasteltes Lämmchen, das mit gedrillten Schnüren umwickelt war. Dem Trio ist es im wahrsten Sinne des Wortes gelungen, ein niedrigschwelliges Museum zu errichten, denn nun ist das Haus barrierefrei durch die großen Glastüren zugänglich, keine Stufen müssen mehr überwunden werden. Ein Aufzug führt in die obere Etage. Schon jetzt gibt es für Menschen mit Sehbeeinträchtigung an einigen Stellen Tastmodelle, wie etwa zum Thema Ortsentwicklung, doch sollen noch weitere im kommenden Jahr dazu kommen. Museumspädagogik, sagte Keitel, sei eben viel mehr als das Spielen mit Kindern. Heinzel ergänzte in ihrem Grußwort, dass bereits früher in beiden Friedrichsdorfer Museen gerade auf diesem Gebiet herausragende Arbeit geleistet worden sei. Es gibt zahlreiche Aktivstationen und vor allem, es gibt eine Kinderspur, die auch Erwachsene sehr gerne nutzen. „Friedrichsdorf kann sich glücklich schätzen, mit Erika Dittrich nicht nur eine kompetente, sondern überaus engagierte Museumsleiterin mit besonderen Einfällen zu haben“, betonte sie. Wer kommt sonst auf die Idee, eine Museumsabteilung zu beduften?

Dittrich hätte zwar gerne alle Gäste durch die neuen Räume geführt, doch dazu war leider die Schar der Gäste zu groß. So ging sie im Geiste mit ihnen durch die vielgestaltigen Abteilungen, die sie gemeinsam mit dem Birsteiner Thomas Scheuermann plante. Jeder Zentimeter der kleinen Räume ist nach der Objektauswahl durchdacht und nach der bestmöglichen Präsentationsform abwechslungsreich gestaltet worden.

Gleich zu Beginn des Rundgangs begrüßt nun ein frisch restauriertes Portrait des Stadtgründers Friedrich II. von Hessen-Homburg die Besucher. Woher die Glaubensflüchtlinge kamen und unter welchen Umständen sich die Stadt entwickelte, erzählen die anschließenden beiden Räume. Die Evangelische Kirche stellte dafür sogar ihre versilberten Abendmahlskelche, ein Geschenk des Landgrafen, als Dauerleihgabe zur Verfügung. Sie glänzen nun vor einer großen Darstellung des ersten Tempels aus dem 18. Jahrhundert. Wunderbar dazu ergänzt sich der Blick aus dem Fester.

Die Arbeitsweisen von Strumpfwirker, Färber und Hutmacher werden nicht nur per Text und mit Objekten, sondern auch filmisch vorgestellt. Und in der Zwiebackabteilung sind hinter eine bedruckten Glasfront unzählige historische Dosen zu entdecken, während – ganz wie früher in der Stadt – es nach Einback duftet. Den kannten auch die Persönlichkeiten Marie Blanc und Edouard Desor, denen ein besonderer Raum gewidmet ist. Bei Marie, der einst reichsten Frau, darf sogar das Rouletterad bewegt werden. In der Wand für Edouard Desor veranschaulichen Modelle seine herausragenden Forschungen zur Gletscherkunde oder Pfahlbauforschung. Wer neugierig durch ein Salonmikroskop blickt, kann sogar den von Desor entdeckten und nach ihm benannten Gletscherfloh beobachten. Alle gestalterischen Elemente sind Prototypen, eigens für das Friedrichsdorfer Museum geschaffen. Viele Modelle fertigte Rolf Palm mit geduldiger Hand.

Beim Rundgang durch das Haus zeigten sich alle Besucher begeistert. „Die Friedrichsdorfer Geschichte hat nun eine wunderbare Heimat mit einzigartigen Ideen gefunden“, freute sich Keitel, „was gerade für die Identifizierung mit unserer Stadt wichtig ist. Daher wünsche ich dem Museum jeden Tag so viele Besucher wie heute“.

Das Museum ist ab sofort dienstags und donnerstags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist kostenfrei.



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