Glashütten
(mg) – Er soll den historischen Limes erlebbarer machen und die Gemeinde mit einer neuen Attraktion aufwerten: ein neuer, 12 Meter hoher Aussichtsturm oberhalb des Kastell Maisel in Glashütten. Schon seit mehreren Jahren liegt das Vorhaben, einen Aussichtsturm in direkter Limeslage zu errichten, inklusive der benötigten finanziellen Mittel, von Seiten der Limeserlebnispfad gGmbH den Limes-Gemeinden vor.
Fast 400.000 Euro hatte die gemeinnützige Genossenschaft dafür einberaumt. Nachdem sich die Gemeinde Friedrichsdorf jedoch nach viel Bedenkzeit und Widerspruch mancher Bürger gegen den Bau des Turmes entschieden hatte, wartete das Vorhaben auf einen neuen Initiator.
Dieser fand sich in Glashüttens Bürgermeister Thomas Ciesielski, der sich des Projektes annahm. Schnell wurden potenzielle Standorte gefunden, aus denen sich der am Kastell Maisel durch seine direkte Lage am historischen Limes und den damit einhergehenden thematischen Bezug durchsetzte.
Gemeinde finanziell nicht direkt beteiligt
Im Fall des Maiselturms läuft die Finanzierung des Projekts ausschließlich über die Limeserlebnispfad gGmbH, laut Geschäftsführer Dr. Joachim-Dietrich Reinking setzt sich diese aus Eigenmitteln, einem bereits bewilligten Zuschuss des Hochtaunuskreises und aus nicht näher definierten Drittmitteln zusammen. Im Gegenzug stellt die Gemeinde Glashütten als Gesellschafterin der Genossenschaft lediglich die benötigten 25 Quadratmeter Wiesengrundstück zur Verfügung.
Entsprechend positiv wurde das Turmprojekt im Gemeindevorstand nach Präsentation des Bürgermeisters aufgenommen. Der Vorstand hat im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens auch bereits das Einvernehmen für den Bauantrag erteilt, auch Denkmal- und Umweltschutzbehörde haben ihr Einverständnis gegeben, womit das weitere Verfahren der Baugenehmigung nur noch durch das Kreisbauamt abgewickelt werden muss.
Bürgermeister Ciesielski sieht in dem Projekt nicht nur eine tolle Möglichkeit, den Limes und seine Geschichte begreifbarer und lebendiger zu machen, sondern auch eine vielseitige Bereicherung der Gemeinde Glashütten. Diese Meinung teilt, so Ciesielski, auch der Großteil der Gemeindefunktionäre.
Ein fast unbekanntes Projekt
Allerdings scheint der Wissensstand über den Turm in Glashütten äußerst begrenzt. Da Finanzierung und Bauherrschaft durch die Limeserlebnispfad gGmbH getragen werden und die Gemeinde somit zumindest in erster Linie direkt keine Eigenmittel aufbringen muss, ist rechtlich gesehen der Gemeindevorstand, dessen Sitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, das einzige Gremium der Gemeinde, das sich mit dem Projekt befassen musste. Außer einer sehr kurzgefassten Erwähnung in einer Haupt- und Finanzausschusssitzung im vergangenen März durch den Bürgermeister, die zumindest als Niederschrift öffentlich einsehbar ist, fand bisher keine direkte Kommunikation zwischen Gemeinde und Bürgern statt. Entsprechend viele zeigen sich deshalb, trotz langsam aufkommender Informationen, überrascht, inklusive des Vorsitzenden der Gemeindevertretung, der bisher kein Wissen vom Bauvorhaben hatte.
Gegenwind von Anwohnern
Auch deshalb findet das Bauvorhaben, das in westlicher Lage unterhalb von Glashütten entstehen soll, einige Gegner. Den Bürgermeister erreichten zusätzlich bereits Beschwerden von potenziellen Anwohnern des geplanten Vorhabens, die in der letzten Reihe der Wohngebiete zu Wald und Wiesen hingewandt und somit in direkter Sichtlinie der geplanten Touristenattraktion leben. Sie fürchten, dass der Turm nicht nur Möglichkeiten zum Ausblick auf den historischen Limes oder die umliegenden Wiesen und Weiden bietet, sondern auch den Blick in Wohn- und Schlafzimmer der Bürger.
Für diese Bedenken hat der Bürgermeister nur begrenztes Verständnis: „Da muss man einfach auch mal die Rollos runterlassen“, so der Lösungsvorschlag des CDUlers, den er laut Eigenaussage zu Hause bereits jetzt schon vorlebt.
Jedoch gibt es noch viele weitere Fragen, die sich in der Bürgerschaft auftun. Dazu zählen die fehlende Anbindung des Turmes an Parkplätze und separate Wanderwege. Eine Anwohnerin befürchtet, dass es in den angrenzenden Wohngebieten zu einem großen Aufkommen an parkenden Autos von Besuchern und Spaziergängern kommen könnte, da alle asphaltierten Wege zum Turm direkt im Wohngebiet münden.
Auch sind die bereits bestehenden Sitzmöglichkeiten am Kastell Maisel, die von Anwohnern gespendet wurden, bereits jetzt ein Anziehungspunkt für Vermüllung und Randale, wie ein wenige Monate zurückliegender Brand vor Ort beweist. Somit befürchtet die Anwohnerin, dass der geplante Turm diesen Umstand verstärken und dadurch auch ein Risiko darstellen könnte. Offensichtlich stehen die Interessen der Gemeinde im Kontrast zu den Interessen der Anwohner, so die Glashüttenerin. Zusätzlich steht die Frage im Raum, ob baurechtlich auch das sogenannte „Gebot der Rücksichtnahme“, bezogen auf einen Bau zulasten einer Nachbarschaft, ausreichend beachtet wurde.
Für die Anwohnerin ist es allerdings auch wieder die fehlende Kommunikation der Gemeinde, die besonders unverständlich erscheint: „Warum gab es keine freiwillige Einbindung der Bürger?“, so die Glashüttenerin weiter, wenn durch konstruktive Kommunikation doch die Möglichkeit einer gemeinsamen, konfliktfreieren Standortfindung bestanden hätte.
Umwelt und Ortsbild beeinträchtigt?
Auch im Bereich des Naturschutzes gibt es Bedenken. Cordula Jacubowsky vom BUND Königstein-Glashütten zeigte sich überrascht von besagtem Vorhaben, von dem auch sie keine Kenntnis hatte. Problematisch sieht sie vor allem die Sogwirkung, die eine entsprechende touristische Attraktion auf ein sonst eher ruhiges Stück Land und Wald hat. Ein stark erhöhtes Personenaufkommen würde auch mit der Verschmutzung der Natur durch Müll und andere Hinterlassenschaften sowie der Belärmung der Tiere im angrenzenden, bisher noch sehr ruhigen Waldstück einhergehen.
Andreas Gräfe von der Interessengemeinschaft zur Erhaltung der Landschaft Glashüttens e.V. teilt die Bedenken Jacubowskys. Neben den nachteiligen Wirkungen auf die Umwelt und Anwohner sieht er auch eine Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbilds durch den geplanten Turm, die kaum im Interesse von Gemeinde und Bürgern sein könne.
Die Gestaltung des Projekts ist aktuell noch in der Planungsphase. Statt einer zuvor angeführten Holzverkleidung der Stahlkonstruktion soll nun eine bunte, bruchsichere Glasfassade zumindest Teile des Turms schmücken, was laut Bürgermeister Ciesielski thematisch auch mehr zur Gemeinde Glashütten mit ihren Glasöfen in der Emsbachschlucht passen würde.
Andreas Gräfe wundert sich auch über die fehlende Kommunikation der Gemeinde mit den Bürgern im Kontext eines für das Gemeindebild so relevanten Projekts. Eine Bürgerversammlung im vergangenen Mai hätte sich perfekt geeignet, um das Thema anzusprechen, „warum geschieht das hinter verschlossenen Türen?“
Der Baubeginn des Aussichtsturms ist derzeit noch nicht genau bestimmbar, da das Baugenehmigungsverfahren des Kreisbauamtes noch bearbeitet wird.
Jedoch ist davon auszugehen, dass die Gemeinde nicht mehr lange auf ihren eigenen Aussichtsturm warten muss.
Der geplante Aussichtsturm als vorläufige Skizze vor dem (rechts hinter dem Auto gelegenen) ehemaligen Standort des Kastell Maisel
Foto: Limeserlebnispfad
Der Blick vom Fuße des zukünftigen Turm-Standorts in Richtung Wohngebiet
Foto: Göttlinger