Baustopp im Gebiet „Über dem Seegrund“ erhitzt die Gemüter in Glashütten

Glashütten (gs) – Jedem Bürger und jeder Bürgerin steht, sofern er oder sie sich durch ein Bauvorhaben oder eine Baugenehmigung in seinen eigenen Rechten verletzt fühlt, das Recht auf Einspruch oder der Rechtsweg offen.

Klage gegen Bauvorhaben

In der Gemeinde Glashütten klagt nun ein*e Bürger*in vor dem Verwaltungsgericht gegen die Baugenehmigungsbehörde des Hochtaunuskreises, weil er bzw. sie mit einem Bauvorhaben in der Nachbarschaft nicht einverstanden ist. Grundsätzlich ist an dem Verfahren nichts auszusetzen, wäre da nicht die Art und Weise, in der das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main argumentiert und einen vorläufigen Baustopp verfügte.

Gericht verfügt Baustopp

Einer Pressemeldung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main ist zu entnehmen, dass der Baustopp erfolgte, weil das Gericht die dem Bauvorhaben zugrundeliegende Baugenehmigung als nicht rechtmäßig angesehen hat. Grundlage der Baugenehmigung sei der noch nicht endgültig formell beschlossene Bebauungsplan „Über dem Seegrund“. Mit dessen Planung sei bereits im Jahr 2014 begonnen worden, bis zum heutigen Zeitpunkt sei jedoch ein formeller Satzungsbeschluss für diesen Bebauungsplan nicht in Kraft getreten.

Zweifel durch Verhalten der Gemeinde

Aufgrund des bisherigen Verhaltens der Gemeindevertretung hegt die Kammer erhebliche Zweifel, ob ein solcher formeller Bebauungsplan überhaupt noch entstehen könne. Diese habe es ausdrücklich abgelehnt, so das Verwaltungsgericht, die bestehende und nunmehr auslaufende Veränderungssperre, welche die Bauleitplanung sichern sollte, zu verlängern. Das kommunalpolitische Planungskonzept stelle sich daher als „sehr umstritten“ dar. Vor diesem Hintergrund hatte das Gericht erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des vom Gemeindevorstand erteilten Einvernehmens zu der Bebauung. Es sei möglich, so das Gericht, dass der Bebauungsplan von der Willensbildung in der Gemeindevertretung nicht mehr gedeckt sein könnte. Um keine vollendeten Tatsachen zu schaffen, forderte das Gericht umfangreiche Unterlagen der Gemeinde an und verfügte einen vorläufigen Baustopp bis zur finalen Klärung.

Stellungnahme der Bürgermeisterin

Folgt man den Ausführungen der Pressemitteilung von Brigitte Bannenberg, amtierende Bürgermeisterin der Gemeinde Glashütten, seien dem Gericht - nach einer ersten juristischen Würdigung - bei der Begründung der Verfügung gleich mehrere gravierende Fehler unterlaufen.

Fehler in der gerichtlichen Begründung?

Dass die betreffende Baugenehmigung von der Baubehörde erteilt worden ist, noch bevor ein angestrebter Bebauungsplan für das Gebiet „Über dem Seegrund“ Rechtsgültigkeit erlangte habe, sei, so ist der Pressemitteilung zu entnehmen, unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich durchaus möglich und statthaft. Es stelle sich die Frage, so die Bürgermeisterin, ob das Verwaltungsgericht diesen Sachverhalt überhaupt hinreichend geprüft habe.

Des weiteren begründe das Verwaltungsgericht seine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung mit „erheblichen Zweifeln“ daran, ob der angestrebte Bebauungsplan überhaupt noch entstehen könne, da eine ausgelaufene Veränderungssperre von der Stadt nicht verlängert worden sei. Die Gründe für die nicht vorgenommene Verlängerung der Veränderungssperre seien jedoch organisatorischer Art gewesen und nicht, wie unterstellt, dass die Gemeinde nicht an dem Planungsverfahren festhalten wolle. Bannenberg führt an, dass die Gemeinde die Veränderungssperre sehr wohl verlängert hätte, wäre dies rechtlich nochmals möglich gewesen.

Nach Auffassung der Gemeinde wäre die Baugenehmigung jedoch auch nach dem alten, jetzt noch immer gültigen, Bebauungsplan rechtsgültig.

Coronabedingte Verzögerungen

Dass der eigentlich überfällige Satzungsbeschluss zum Entwurf des Bebauungsplans „Über dem Seegrund“ noch nicht erfolgte, sei ausschließlich durch Corona verursachte Verzögerungen im gemeindeinternen Verfahrensablauf bedingt. „Das diesem Bebauungsplan zugrundeliegende kommunalpolitische Planungskonzept, nämlich die bauliche Nutzung zu steuern, insbesondere die bauliche Nachverdichtung, soweit rechtlich möglich, zu begrenzen, habe nach wie vor Gültigkeit und werde von der Gemeindevertretung mehrheitlich unterstützt“, führt Bannenberg an.

Die Gemeinde ist der Überzeugung, dass das Verwaltungsgericht im Hauptsachverfahren, nach Kenntnisnahme des vollständigen Sachverhalts und dessen rechtlicher Würdigung, seine vorläufige Auffassung ändern und die Baugenehmigung als rechtmäßig ansehen werde.

Brigitte Bannenberg äußert ihr Bedauern darüber, dass dieser Vorgang im Zuge der anstehenden Kommunal- und Bürgermeisterwahl unangemessen und teilweise polemisch instrumentalisiert werde. Sie mahnt an, dass dies weder den Interessen des Bauherrn, noch denen der klagenden Nachbarschaft und schon gar nicht der Gemeinde diene. Da es sich um ein laufendes Verfahren handele, mahnt Brigitte Bannenberg größtmögliche Zurückhaltung an.

Ebenfalls Gedanken zu dem Baustopp und den damit verbundenen Fragestellungen machte sich Klaus Hindrichs, kommisarischer Vorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU Glashütten.

Hindrichs moniert, dass nach Jahren der Bearbeitung noch immer kein Bebauungsplan vorliege und damit auch keine Planungs- und Rechtssicherheit für die Bürger bestünde.

Ein Antrag der CDU gemäß am 27.8.2020, eine Veränderungssperre im Zuge der Bauleitplanung zum Bebauungsplan „Über dem Seegrund“ mit dem Ziel herbeizuführen, dass die Gesamtplanung in dem Gebiet sicherzustellen sei, wurde mit der Argumentation abgelehnt, dass die Behauptungen der CDU irreführend seien und in der Konsequenz zu erheblichen Nachteilen durch Schadensersatzforderungen führen könnten (Aussage SPD, FDP und Die Grünen), so Hindrichs.

Veränderungssperre nicht notwendig?

Glashüttens Bürgermeisterin Brigitte Bannenberg hätte geäußert, dass die Veränderungssperre und somit der CDU Antrag gar nicht nötig sei, da der Bebauungsplan im September 2020 ohnehin veröffentlicht werde. „Mittlerweile haben wir Februar 2021“, merkt Klaus Hindrichs ergänzend an.

Gleichzeitig würde der CDU seitens des „Ampelkonstruktes“ die Verdrehung von Fakten über einen später veröffentlichten Flyer vorgeworfen. Mehr als makaber sei es jetzt, dass ausgerechnet das Verwaltungsgericht mit seinem aktuellen Beschluss zum vorläufigen Baustopp gegen die Gemeindevertretung den Vorwurf erhebe, eine auslaufende Veränderungssperre nicht verlängert zu haben.

Politische Arbeitsweise moniert

Seit Monaten würden, so Hindrichs, die Sitzungen zum Bau- und Siedlungsausschuss abgesagt, weil angeblich keine Themen zu Beratungen anstünden. Interessant wäre die Information, seit wann die Verwaltung bzw. der Gemeindevorstand das Wissen zu diesem Verfahren habe. Unabhängig davon, welcher finanzielle Schaden für alle Beteiligten entstehe, sei diese politische Arbeitsweise keine Arbeit für den Bürger oder für den Investor, sondern gegen sie, so Hindrichs. Die Gemeindevertretung könne ihre Funktion nur wahrnehmen, wenn sie eingebunden werde. Die CDU erwarte spätestens auf der Gemeindevertretungssitzung am 19.2.2021 eine Stellungnahme der Bürgermeisterin. Die nun entstandene Verwirrung, so Hindrichs, blockiere eine wirtschaftliche Entwicklung Glashüttens.



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