Der Admiral ohne goldene Ärmelstreifen

Wenn von einem Admiral die Rede ist, denken viel zuerst einmal an den hohen Marineoffizier mit den goldenen Streifen auf den Ärmeln der Uniform. Ein solcher Admiral ist hier nicht das Thema, sondern Klaus Schurian hat sich einmal mehr der Natur in der näheren Umgebung angenommen und berichtet heute über den farbenprächtigen und attraktiven Schmetterling Admiral. Auch über den Klimawandel.

Das aktuelle schöne Wetter treibt viele Schmetterlinge aus ihren Winterquartieren, berichtet er. Und weiter: Etliche unserer schönsten Tagfalter überwintern nicht als Ei, Raupe oder Puppe, nein, als Schmetterling. Sie sitzen den ganzen Winter über unter Laub, einem alten Holzhaufen oder aber ganz frei an einem Ästchen, manchmal auch in einer ungeheizten Garage oder auf dem Dachboden, um die unwirtliche Zeit zu überdauern. Die ersten Zitronenfalter waren bereits im März unterwegs, als die Sonne die Luft auf etwa 15 Grad erwärmte. So kann man jetzt auch Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs, C-Falter oder das Kleine Landkärtchen sehen, wenn sich die Natur fast noch in ihrem Winterkleid, zwar ohne Schnee, aber noch nicht mit viel Grün zeigt.

Am 8. April war wieder so ein schöner Tag, obwohl die Nächte noch frostig kalt waren. Die Sonne hatte doch schon viel Kraft und wir freuten uns an ihrer Wärme.

Neben dem Kompost sah ich ein Tagpfauenauge auf der Erde sitzen, die Flügel weit geöffnet, um so viel als möglich Sonne tanken zu können. Plötzlich flog ganz dicht über dem Boden ein weiterer dunkler Falter auf, dort wo die ersten frischen Brennnesseln sprießten und setzte sich erneut. Nur auf den ersten Blick konnte man ihn mit dem Pfauenauge verwechseln, aber er war ganz eindeutig etwas Anderes, etwas Ungewöhnliches. Ganz vorsichtig näherte ich mich dem Falter, um ganz sicher zu sein, dass das, was ich da sah, auch der Realität entsprach. Der Schmetterling war ein Admiral. Eigentlich könnte man meinen, dass das nichts Ungewöhnliches ist, denn die Art kommt bei uns nicht selten vor. Ungewöhnlich ist aber der Zeitpunkt seines Auftretens, denn „normalerweise“ kommt dieser Schmetterling eigentlich im Frühsommer aus dem Mittelmeerraum zu uns. Zumindest früher war das so.

So stellte ich vor ein paar Jahren fest, dass drei Tage, nachdem die Mauersegler Anfang Mai aus dem Süden zurückgekehrt waren, auch die ersten Admirale bei uns auftauchten. Wo aber kam der Schmetterling j e t z t her? Er musste hier oder ganz in der Nähe den Winter überdauert haben.

Seit Mitte der neunziger Jahre überwintern immer mehr Admirale in klimatisch begünstigten Gebieten auch bei uns. Ja sogar das Ei (Bilder von oben nach unten in der Außenspalte), die Raupe und die Puppe können inzwischen den Winter zum Beispiel am Kaiserstuhl überstehen, wenn die Winter nicht gar zu streng sind. Das kann sonst kein anderer heimischer Tagfalter.

Man könnte demnach meinen, dass die Beobachtung am 8. April doch nicht so spektakulär war.

Aber da war noch etwas, was mich erstaunte. Der niedrige Flug über den frischen Brennnesseln war ungewöhnlich, denn das machen nur Weibchen, wenn sie bei der Eiablage sind.

Daher wartete ich geduldig, bis der Schmetterling sich erneut zeigte und im Flatterflug zielstrebig eine kleine Pflanze ansteuerte. Und dann war es gewiss: Das Exemplar war bei nur 15 Grad im Schatten bei der Eiablage. Kein anderer der oben genannten „Brennnesselfalter“ wurde von mir bisher so früh bei der Fortpflanzung beobachtet.

Offenbar sind mehrere Faktoren für dieses geänderte Fortpflanzungsverhalten verantwortlich.

Zum einen natürlich der Klimawandel, wer wollte das bestreiten. Die Wetterextreme wie heiße Sommer (2003 und 2009) und milde zum Teil zu trockene Winter wie der diesjährige werden häufiger, die Zahl schwerer Stürme steigt. Vor allem die gegenüber früher zu warmen Winter helfen dem Admiral, hier im Rhein-Main-Gebiet zu überleben.

Offenbar spielt aber noch etwas anderes eine wichtige Rolle.

Der Admiral hat sich den klimatischen Gegebenheiten Mitteleuropas ein Stück weit angepasst. So können die Tiere inzwischen längere Frostperioden als früher bei uns überstehen, die Weibchen können manchmal noch im November Eier legen und die Raupen fressen auch in milden Wintern, vorausgesetzt sie finden Futter.

Nun darf man gespannt sein, ob aus den so früh abgelegten Eiern auch die Raupen schlüpfen, fressen und gedeihen, sich anschließend verpuppen und dann den Falter ergeben.

Bekommen wir einen schönen Frühling, könnten in Fischbach im Mai die ersten Admirale fliegen. Vor einigen Jahrzehnten freute man sich, wenn Anfang Mai mit dem Einstrom warmer Luft aus Südeuropa einige vom langen Flug ziemlich „abgerissene“ Admirale bei uns auftauchten. Nun könnten es „taufrische“ Flieger sein, zwar nicht mit goldenen Streifen, aber... Soll man da sagen: „Dem Klimawandel sei Dank?“

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