Albrecht Kündiger: „Ich freue mich riesig“

Es schwang auch etwas Erleichterung in diesen Worten mit, als er sich uns gegenüber zur Stichwahl am vergangenen Sonntag äußerte. Im Vorfeld hatte er immer wieder darauf hingewiesen, dass bei Stichwahlen schon mancher Favorit gekippt wurde, dass Stichwahlen voller Unwägbarkeiten seien. Obwohl zwischen ihm und seinem Herausforderer Dirk Hofmann (CDU) rund neun Punkte lagen, sah er das Ergebnis „als so eng wie erwartet“ an. Dirk Hofmann, der gegen Kündiger in einem langen und von der CDU Kelkheim und schließlich noch von der FDP getragenen Wahlkampf antrat, hatte in den Nächten vor der Stichwahl, wie er sagte, nicht so gut geschlafen. Im Gegensatz zu seiner Frau. „Sie hat wie ein Stein geschlafen“. Ein anderer, den die Stichwahl mehr oder minder stark in Anspruch nahm, war Wahlleiter Torsten Kleipa, der bei einer Patt-Situation „Schicksal oder Glücksfee – wie man so will – hätte spielen müssen“. Denn wäre die Wahl 50:50 ausgegangen, hätte das Los entschieden. Und Kleipas Aufgabe wäre es gewesen, dieses Los zu ziehen.

Als noch die letzten Wähler ein paar Minuten vor 18 Uhr zum Rathaus eilten, um ihren Wahlzettel einzuwerfen, sah es nach einer guten Wahlbeteiligung aus. Ein Irrtum. Die Wahlbeteiligung lag gerade mal bei knapp 54 Prozent. Das heißt: Fast die Hälfte der Kelkheimer scheint sich kaum dafür zu interessieren, in wessen Händen das Schicksal der Stadt Kelkheim in den nächsten fünf Jahren liegt.

Das deckt sich in etwa mit der Reaktion der Kelkheimer bei Stadtverordneten-Sitzungen. Für die interessieren sich, wenn überhaupt, selten mehr als zehn Besucher. Und das waren in der letzten Wahlperiode vor allem die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren, die sich für den Fortgang der Verhandlungen für eine neue Feuerwehrstation interessierten. Ist ein persönlich interessierender Tagesordnungspunkt abgehakt, sind die Zuschauerplätze auch wieder leer.

Doch zurück zur Stichwahl. Kündiger, der 6.446 Stimmen erhielt („So kann ich weiter für Kelkheim arbeiten“), und Hofmann (5.521 Stimmen) trennten in der Endabrechnung knapp mehr als 7,72 Punkte. Ein respektables Ergebnis für Hofmann, lauteten einige Kommentare, da Beide bei der ersten Wahl noch mit 15 Punkten auseinander lagen, Kündiger verfehlte den Bürgermeisterposten an diesem 18. März nur um 0,78 Prozent, es fehlten ihm 207 Stimmen.

Die große Frage jetzt: Was nun? Kelkheim hat einen Bürgermeister, der von der UKW kommt. Die UKW stellte auch als bisher stärkste Fraktion den Stadtverordneten-Vorsteher. Die CDU-Fraktion sicherte sich die meisten Sitze im Parlament und verdrängte die UKW von diesem Platz. Es stehen also im den nächsten Tagen Verhandlungen an, zumal der Stadtverordneten-Vorsteher traditionell von der stärksten Fraktion bestimmt wird. Das wäre die CDU. Die aber möchte auf jeden Fall (seit Jahren schon) einen Ersten Stadtrat durchsetzen und sieht hier als idealen Kandidaten den Steuerberater Dirk Hofmann, der allein schon von Berufswegen genug vom Fach versteht, um die Finanzen einer Stadt zu lenken. Ein Wolf-Dieter Hasler könnte also durchaus im Amt bleiben.

Nur werden nicht UKW und CDU allein mitbestimmen können, es werden sich Koalitionen bilden. Wer mit wem? Das ist noch nicht klar. Dieser Knoten wird vielleicht Ostern gelöst worden sein. Spekulationen sind da fehl am Platze, Fakten sind da wichtiger. Es muss halt jeder mit jedem sprechen und seine Position klarmachen... Man könnte in diesem Fall von Kungelei reden. Aber es ist so wie im normalen Leben auch für die Politik bindend: Man muss sich auf halbem Wege treffen. Der Stadtverbandsvorsitzende der CDU, Alexander Furtwängler: „Wir werden im Laufe der Woche mit allen Parteien sprechen“. Die Auszählung zog sich etwas, die Briefwahlbezirke mit den meisten Stimmen dauerten am längsten. Für die wartenden Fotografen war das besonders langweilig, da sie von den Schlusszeiten in ihren Redaktionen angetrieben wurden.

Blickt man in die Liste der Kelkheimer Wahllokale, so hat Albrecht Kündiger vier Mal die 60 Prozent in einem Wahllokal überschritten. Das war in der Grundschule Sindlinger Wiesen (67 Prozent), in der Turnhalle der Pestalozzischule (68 Prozent), im Vereinshaus Hornau, Raum Altkönig (62 Prozent), Vereinshaus Hornau Raum Feldberg (64 Prozent) und in der Rossert Schule Ruppertshain (60,4 Prozent)

Dirk Hofmann übersprang einmal die 50 Prozent (Spiegelsaal TSG Münster, 53,7, Prozent, schaffte im Speiseraum der Pestalozzischule 49 Prozent und dann 48,9 Prozent in der Kirchengemeinde St. Johannes.

Vor dem Wahlsonntag war orakelt worden, dass Dirk Hofmann bei der Briefwahl Punkte sammeln könnte. Das schaffte er (alle Stimmen gezählt) nur in Fischbach und Ruppertshain-Eppenhain mit je 52,7 und 51,9 Prozent. Kündiger überwand die Fünfziger-Hürde viermal. Zweimal in Münster, dann in Mitte und in Fischbach.

Nur im Stadtteil Hornau schaffte Kündiger mit 59,5 fast 60 Prozent. Dirk Hofmann reichte mit je 49 Prozent in Fischbach und Ruppertshain-Eppenhain dicht an die Zahl Fünfzig heran.

Die Fotos: Oben rechts freuen sich der alte und neue Bürgermeister über die Wahl. Links davor: Der Verlierer Dirk Hofmann bei der Bekanntgabe des Ergebnisses. Darunter: Dirk Hofmann und seine Frau beim Blick auf die Wahltabelle und links unten: Stadtverordnete und Journalisten beim Blick auf die Anzeigetafeln.

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