Avantgardisten im Kelkheimer Museum

Das Bauhaus-Jubiläum in Weimar – Hundert Jahre Bauhaus – hat auch auf Kelkheim abgefärbt. Denn vor hundert Jahren stellte Walter Gropius Arbeiten von Ella Bergmann und Robert Michel neben heutigen Kunstgrößen wie Lyonel Feiniger vor. Die beiden Künstler blieben nicht in Weimar, sie suchten ihre Heimat in ihrer eigentlichen Heimat, im Main-Taunus-Kreis, in Vockenhausen, und gelten heute als Klassiker der Moderne. Ihnen gilt die jetzige große Ausstellung im Museum Kelkheim, die sich damit an die bisherigen herausragenden Ausstellungen anschließt. Und das nicht zuletzt dank Kelkheimer Bürger, die Bilder der beiden Künstler besitzen und diese Bilder für die umfangreiche Ausstellung zur Verfügung stellten. Dazu Dr. Beate Matuschek: „Kelkheim hat das große Glück auf eine umfangreiche Sammlung Kelkheimer Leihgeber zurückgreifen zu können, die das Künstlerpaar kannten: Namentlich Alfred Peter Keller, den eine lange Freundschaft mit Ella Bergmann und Robert Michel verband. Für Ilka Keller war er der „Nenn-Opa“. Beide besuchten das Künstlerpaar regelmäßig auf der Schmelzmühle in Vockenhausen. Und auch Dr. Hildegard Bonczkowitz lernte den betagten Robert Michel als behandelnde Ärztin in seinem Atelier kennen.

Beate Matuschek: „In Weimar kritisieren sie die Ausbildungsmethoden, die Akademiesierung, die religiöse Überhöhung und die Richtungskämpfe. Bereits 1920 verlässt das freischaffende Künstlerpaar Weimar und zieht mit ihrem Sohn Hans nach Vockenhausen auf die Schmelzmühle mit dem geerbten Familienbetrieb „Michel & Morell – Schwarzfarben“.

Dann die erfolgreichen Jahre als Künstler in Frankfurt mit Filmnen und Architektur. Bis 1933. Da gibt sie ihr Frankfurter Atelier auf. Ella Bergmann und Robert Michel erhalten Berufsverbot, ihre Kunst gilt als entartet.

Sie brachen zwar mit dem Bauhaus in Weimar, brachten aber zugleich die Ideen des Bauhauses an den Main.

Robert Michel ist fasziniert von Maschinen und der Technik. Es verwundert deshalb nicht, dass er im Stil des Konstruktivismus arbeitet. In seinen Grafiken und Collagen konstruiert er Räderwerke, Propeller, Pfeile, Schrauben. Selbst Organisches wird augenzwinkernd in die Technik übertragen, so „Plankton-Express I“ oder der „Maschinenfisch“.

Ella Bergmann dagegen gilt als experimentierfreudige Künstlerin, macht Collagen, Grafiken, Fotos, Filme. Mal sind ihre Arbeiten naturalistisch wie hier das Schmelzmühlenpferd vor untergehender Sonne, mal surreal.

Im Taunus vertieft sie ihr Interesse an den Gesetzmäßigkeiten der Natur. Trotz ihrer Abgeschiedenheit im ländlichen Vockenhausen pflegten sie ein reges Netzwerk zu gleichgesinnten Künstlern der Moderne von Max Beckmann bis zu Joseph Beuys.

Einige Weggefährten am Bauhaus werden in dieser Ausstellung gezeigt:

Walther Klemm, der sie als Lehrer an der Kunstakademie zur Präzision anleitete. Lyonel Feiniger, der mit ihnen an der ersten Ausstellung des Bauhauses teilnahm.

Die Bauhaus Gefährten Walter Dexel und Karl Peter Röhl. Die Bauhaus-Meister Oskar Schlemmer und Willi Baumeister.

Besonders persönliche Worte fand Dr. Hildegard Bonczkowitz, als sie von der Bekanntschaft mit Robert Michel berichtete. „Ich habe gar nicht gewusst, was für einen Künstler ich vor mir hatte“. Aus dieser Bekanntschaft entstand eine herzliche Verbindung.

Bürgermeister Albrecht Kündiger begrüßte die Gäste, die sich in dem einmal wieder viel zu engen Museum drängten. Die Schirmherrshaft liegt bei Landrat Michael. Musikalisch umrahmt wurde die Vernissage von Alexandra Baldus (Violine), rechts im Bild mit Ehemann und Kind, die auch schon vor kurzem bei einer Vernissage dabei waren, und Simone Weimar (Violine), beide vom Kelkheimer Kammerorchester.

Während der Ausstellungszeit bis zum 1. Dezember sind Veranstaltungen vorgesehen, die alle die Ausstellung zum Thema haben.

Alfred Peter Keller wird bei der Finissage am 1. Dezember um 16 Uhr als Zeitzeuge Anekdotisches vom Leben des Künstlerpaares auf der Schmelzmühle berichten.

Dann ein Bildvortrag von Thomas Berger am 30. Oktober um 19 Uhr im Plenarsaal des Rathauses. Marianne Bopp in den nächsten vier Wochen mit den beliebten thematischen Führungen.

Zu den Leihgebern gehören (von links) Dr. Hildegard Bonczkowitz, Walter Hertel, Ilka Keller sowie das Ehepaar Berthold Gall,den Kelkheimern als früherer Landrat und heute als Mitbürger bekannt. Das Bild links außen Dr. Hildegard Bonczkowitz bei ihren Erläuterungen zu den Bildern aus ihrer Kunstammlung.

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