Eichendorffschule – „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“

Schulsprecher Ben Herrigt und Schulleiter Stefan Haid mit dem Schild „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, das seinen Platz in der Schule fand.Foto: Thomas Uber

Kelkheim (tub) – Die Kelkheimer Eichendorffschule ist der Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ beigetreten. Dieser Titel wurde der Schule am Mittwoch vergangener Woche in einer offiziellen Feier in der Aula verliehen, das Schild zugleich am Schulgebäude angebracht. Zahlreiche Redner unterstrichen die Bedeutung des Engagements gegen Rassismus und gratulierten der Schule zu ihrem Einsatz.

Courage e.V.

Die Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ wurde im Jahr 1995 in Deutschland ins Leben gerufen, initiiert von der Aktion Courage e.V. und der Georg-von-Vollmar-Akademie. Die Aktion Courage fungiert dabei als der Trägerverein des Netzwerks „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Nach eigenen Angaben wurde der Verein 1992 als Antwort auf den gewalttätigen Rassismus gegründet, der sich in Städten wie Mölln, Solingen, Hoyerswerda und Rostock Bahn gebrochen hatte.

Die Georg-von-Vollmar-Akademie wiederum, ein eingetragener Verein, ist laut Wikipedia seit ihrer Gründung 1948 den Ideen und Grundwerten der sozialen Demokratie verpflichtet. Benannt nach dem ersten Vorsitzenden des bayerischen Landesverbands der SPD, ist die Bildungsstätte auf Schloss Aspenstein in Kochel am See als gemeinnützige Einrichtung der politischen Bildung bundesweit tätig.

Dass eine Initiative gegen Rassismus bundesweite Reichweite haben müsse, unterstrichen alle Redner während der Veranstaltung in der Aula. Die Rednerliste eröffnete Schulleiter Stefan Haid, der erläuterte, dass Demokratie, weil kein durchorganisiertes straffes Gebilde, sondern ein Freiraum zur Entfaltung, der idealerweise mit so wenig wie möglich Einschränkungen auskommen wolle, aus diesem Grund dazu neigen könne, sich zu zerfasern. Deshalb müsse die Demokratie vor den Rändern der (politisch aktiven) Gesellschaft geschützt werden.

Auch Jan Schönherr, Leiter des Fachbereichs der Schule, zu dem auch das Fach „Politik und Wirtschaft“ (PoWi) gehört, hob hervor, dass die Idee der Freiheit und der Selbstentfaltung jedes Einzelnen konträr zu jedem Rassismus stehe, der die Freiheit und Selbstentfaltung von Menschen gemäß äußeren Merkmalen einschränken oder gefährden wolle.

Verpflichtung

Schulsprecher Ben Herrigt zufolge gibt es keine Schule in Deutschland ohne Rassismus. Zumindest komme es in Schulen immer wieder zu Situationen rassistischer Verunglimpfung. Deshalb sei der Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ Verpflichtung: Wer Zeuge rassistischen Verhaltens werde, müsse Engagement zeigen, er könne nicht Zuschauer bleiben. Jeder Einzelne müsse sich gegen Rassismus wehren.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Christian Heinz, dem die Schule angetragen hatte, die Patenschaft für die Initiative an der Schule zu übernehmen, dankte dafür und hob zugleich hervor, dass die Eichendorffschule für ein gutes Miteinander stehe und sich dadurch auszeichne. Wie er ausführte, sei der Rassebegriff eine Erfindung der Neuzeit als ideologische Begleitung kolonialer Unterdrückung bis hin zur Verfolgung von Menschen im Nationalsozialismus gemäß ihrer willkürlichen Zuordnung zu einer als minderwertig behaupteten Gruppe von Menschen. Sehr deutlich setzte er dagegen die Grundrechte, wie sie in der Hessischen Verfassung und in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben seien, wonach „niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt bzw. wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ dürfe.

Der Bürgermeister von Kelkheim, Albrecht Kündiger, gratulierte der Eichendorffschule zum Beitritt zu der Initiative gegen Rassismus. Witze über Ausländer, auch wenn sie scheinbar harmlos daherkämen, seien eine Diffamierung. Dagegen habe sich die Stadtverordnetenversammlung mit dem Beschluss gewandt, sich als Stadt gegen Rassismus zu bezeichnen, und dies werde auf zusätzlichen Ortsschildern dokumentiert. In diesem Geist habe sich auch die Eichendorffschule entschlossen, sich „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zu nennen und der gleichnamigen Initiative beizutreten. Dies begrüßte Bürgermeister Kündiger ausdrücklich: „Ich bin stolz darauf, dass die Kelkheimer Eichendorffschule dieses Engagement zeigt.“

„Demokratie ist ein Geschenk“

Salomé Korschinowski, Erste Vorsitzende des Kelkheimer Ausländerbeirats, freute sich über die Initiative der Schülerinnen und Schüler mit den Worten: „Ich bin stolz auf Euch.“ Auch die Stadt habe sich positioniert und nenne sich Stadt gegen Rassismus. Aber es gebe auch Widerstand dagegen: Immer wieder werde gefragt, warum man dies plakatieren müsse, die Stadt habe doch keine Rassismusprobleme. Oder es werde als Argument dagegen aufgeführt, dass die Schilder zu teuer seien. Aber, führte sie dagegen ins Feld: „Kaum waren die Schilder aufgestellt, waren sie zum Teil mit brauner Farbe beschmiert.“

Deshalb ihr Appell: „Courage, lasst Euch nicht entmutigen. Demokratie ist ein Geschenk und keineswegs selbstverständlich.“ Sie komme aus einem Land mit einer Diktatur und habe erlebt, wie wichtig es sei, sich für Demokratie einzusetzen. Deshalb werde sie hellhörig, wenn jemand wegen seines fremden Erscheinungsbilds gesagt bekomme, er gehöre nicht hierher, wenn zu Kindern gesagt werde, „Deine Hautfarbe sieht schmutzig aus.“

Aber Kelkheim sei eine gute Stadt, in ihrer großen Mehrheit bewohnt von guten Menschen, die Eichendorffschule sei eine gute Schule, der Beitritt zu der Initiative eine gute Botschaft und ein Zeichen für Mut und Courage. Deshalb spreche sie ihren großen Dank für diese Haltung aus.

Last but not least trat Dr. David Emling, Regionalkoordinator der Initiatiave „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, ans Rednerpult. Mittlerweile, führte er aus, umfasse das Netzwerk mehr als 4.000 Schulen in Deutschland. Und vor Ort komme es auf jeden Einzelnen an. Schüler, empfahl er, sollten aktiv Themen setzen und in den Diskurs eintreten. Denn die Schüler einer Schule in diesem Netzwerk hätten sich zu Toleranz und Courage verpflichtet. „Wenn Ihr rassistische Handlungen beobachtet“, rief der den Schülern zu, „werdet aktiv, wendet Euch an die Lehrer.“

Aktives Handeln

Nach ergänzender Auskunft von Schulleiter Haid haben sich mehr als 90 Prozent der Schüler und mehr als 80 Prozent der Lehrer in geheimer Abstimmung dafür ausgesprochen, der Initiative beizutreten. Der Selbstdarstellung der Initiative zufolge ist damit eine Aufforderung zu aktivem Handeln verbunden. Denn das Logo an der Schulwand bedeute: „An dieser Schule erklärten mindestens 70 Prozent der Schulmitglieder in einer geheimen Abstimmung, ich werde mich aktiv gegen Diskriminierungen, insbesondere Rassismus, einsetzen {…} Wenn an meiner Schule Gewalt, diskriminierende Äußerungen oder Handlungen ausgeübt werden, dann wende ich mich dagegen, spreche dies an und unterstütze eine offene Auseinandersetzung, damit wir gemeinsam Wege finden, einander respektvoll zu begegnen.“



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