„Eva verlässt das Paradies“ – Eine Ausstellung mit ernstem Hintergrund

Die Künstler Eckhard Braun, Fritz G. Jacobs, Fariborz Mahmoudi und Stéphane Manou (v.li.) stellen gemeinsam zum Thema „Eva verlässt das Paradies“ aus. Ihr Vernissage begleitete eine angeregte Diskussion über den Einfluss Sozialer Medien auf die Meinungsmache. Foto: Natalie Diehl

Kelkheim (nd/ju) – Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Verführung und Vertreibung: Adam und Eva waren die ersten Menschen, die laut der Bibel von Gott geschaffen wurden. Sie lebten im Paradies, dem Garten Eden, aber brachen Gottes Gebot, nicht von einem bestimmten Baum zu essen. Eva wurde von der Schlange verführt, den Apfel vom Baum der Erkenntnis zu essen, und verführte dann auch Adam dazu, davon zu essen. Als Strafe wurden sie aus dem Paradies vertrieben und mussten von da an ein Leben voller Mühsal und Arbeit führen.

Mit dieser Geschichte und ihrem ernsten Hintergrund beschäftigt sich eine Ausstellung im KunsTraum 44, die am vergangenen Sonntag mit einer Vernissage eröffnet wurde. Unter dem Titel „Eva verlässt das Paradies“ haben sich die Künstler Fritz G. Jacobs, Fariborz Mahmoudi, Stéphane Manou und Eckhard Braun, jeder auf seine eigene Art und Weise, mit dem Thema auseinandergesetzt. Pünktlich um 15 Uhr war die Galerie mit zahlreichen Besuchern gefüllt. Auch bei der Diskussion im Anschluss beteiligten sich viele Gäste.

Künstler erklärten ihre Motivation

Die Begrüßung erfolgte durch Paul Pfeffer. „Ich habe einmal mehr das Vergnügen, Sie in der Kunstgalerie KunsTraum 44 begrüßen zu dürfen und wünsche Ihnen ein Eintauchen in diese Bilder und Skulpturen“, so Pfeffer. Danach stellten sich die vier Künstler aus drei verschiedenen Nationen vor und beschrieben die Intention hinter ihrer Kunst.

Fritz G. Jacobs

Den Anfang machte Fritz G. Jacobs. Der Bildhauer, Architekt und Städteplaner behandelt in seinen Skulpturen persönliche und politische Themen. In seinem Bildhaueratelier im Hunsrück arbeitet Jacobs gerne mit Naturmaterialien wie Carrara-Marmor, Travertin und Baumwurzeln. Jugenderinnerungen und Gesellschaftskritik, beispielsweise die Zerstörung der Umwelt, finden sich in seinen Werken wieder. Jacobs lebt in Königstein im Taunus. „Unser Thema – Eva verlässt das Paradies – weist auf die älteste Menschheitsgeschichte zurück, auf die Einflüsterung der Schlange und die damit verbundene Manipulation des menschlichen Denkens“, so Jacobs. Heutzutage würde diese Einflüsterung allerdings nicht mehr durch eine Schlange erfolgen, sondern durch soziale Medien.

Fariborz Mahmoudi

Fariborz Mahmoudi wurde in Teheran im Iran geboren. Mahmoudi war von 1994 bis 2008 Ehrenmitglied des Instituts zur Förderung der bildenden Kunst in Teheran in der Malerei und Grafik und lebt heute in Hofheim am Taunus. Das Thema der Ausstellung sei ein Symbol für den menschlichen Weg zur Selbsterkenntnis und Identität. „Jedes meiner Gemälde hat diesen bedeutungsvollen Moment auf eine Art dargestellt; von der Herrlichkeit und dem Schmerz des Verlassens bis hin zu den endlosen Fragen, mit denen die Menschen konfrontiert sind“, so Mahmoudi.

Stéphane Manou

Stéphane Manou wurde in Frankreich geboren und lebt heute in Schnellbach im Hunsrück. Der jüngste der vier Künstler nahm einen Umweg über Mathematik und Informatik zu einer brennenden Hingabe für Kunst. In seinen Gemälden kann man verborgene Schichten entdecken; während im Vordergrund oft eine Person zu sehen ist, bildet der Hintergrund ein komplexes Geflecht aus Farben und Formen. „Die Metapher – Eva verlässt das Paradies – sagt, dass wir selbst verantwortlich sind für unser Schicksal“, so Manou.

Eckhard Braun

Eckhard Braun ist Bildhauer und lebt ebenfalls im Hunsrück. Neben restauratorischen Steinmetzarbeiten und Grabmalen fertigt er Skulpturen aus Schiefer, Quarzit, Granit, Sandstein und anderen Gesteinsarten. Für seine Werke verwendet er bevorzugt Steine, die zuvor schon eine Funktion hatten und erschafft daraus etwas Neues. „Wir haben die freie Entscheidungskraft und sind keine Marionetten“, beschrieb Braun den Auszug aus dem Paradies. Die Vernissage begleitete er zusätzlich musikalisch mit der Altflöte.

Unterschiedliche Blickwinkel

Die Diskussion im Anschluss leitete Paul Pfeffer. Er fragte, ob die Menschheit aus dem Paradies vertrieben worden sei, denn er habe eher das Gefühl, dass diese ihr Paradies selbst zerstöre. Der Fokus richtete sich schnell auf das Thema soziale Medien. „Ich denke, dass wir durch die Medien unsere Meinung verlieren; vielleicht sind ja die Medien die Schlange“, erklärte Jacobs. Ein Gast bemerkte, dass man durchaus selbst entscheiden könne, was man lese – man müsse nur lernen, selbst zu denken. „Die Jugend ist heute nun mal digitalaffin“, so eine weitere Besucherin. Man sei manipuliert, durch eine Medienlandschaft, die Realitäten vorgaukele, resümierte Pfeffer. Ob es sinnvoll ist, Kindern und Jugendlichen das Handy wegzunehmen – darüber waren sich die Teilnehmer der Gesprächsrunde nicht einig. Es gebe keine echte Kommunikation mehr, allerdings gebe es ohnehin unterschiedlich kommunikative Menschen. Man müsse damit umgehen, dass Kinder heutzutage anders aufwachsen. Man könne auch mal in eine Studentenkneipe gehen und die jungen Menschen dort fragen, wie sie ihre Zukunft sehen. „Such‘ die direkte Kommunikation – das ist die Botschaft“, schloss Paul Pfeffer. Bei Sekt und Knabbereien wurde im Anschluss in kleinen Gruppen weiterdiskutiert.

Erinnerungen

Die Eröffnung der Ausstellung „Eva verlässt das Paradies“ mit anschließender Diskussion darüber, wie unser Denken durch die Beeinflussung und Überflutung der sozialen Medien gestört und gelenkt wird, hat tiefgreifende Gründe, erklärte abschließend Fritz G. Jacobs in einer schriftlichen Stellungnahme.

Es sei in unserer heutigen Zeit ein wesentliches Thema, wie unser Urteilsvermögen, was richtig und falsch ist, eingeengt und gelenkt werde.

„Ein typisches Beispiel für mich ist und war das Radio, der Volksempfänger im Dritten Reich, in welchem Adolf Hitler ein Medium gefunden hatte, unser Volk so zu manipulieren, sodass ihm 70 Prozent in den totalen Krieg folgten. Ich erinnere mich noch sehr gut an seine Ansprachen sowie die von Göbbels abends um 19 Uhr, wo die Menschen vor dem Radio saßen und ihm zuhörten.“

Jacobs hatte zu dieser Veranstaltung und Diskussion die Vertreter der Stadt (den Bürgermeister sowie den 1. Stadtverordneten oder ihre Vertreter) und der politischen Parteien FDP, CDU, SPD, eingeladen und um ihre Meinung gebeten. „Offensichtlich ist das Interesse der städtischen Vertreter und Parteien an wichtigen Themen und Kunst sowie Kultur so gering, dass niemand von ihnen erschienen ist“, kritisiert der Künstler. „Denn beide, Kunst und Kultur, sind wesentliche Voraussetzungen für ein harmonisches, friedliches Zusammenleben der Menschen in unseren Städten.“

Die Ausstellung „Eva verlässt das Paradies“ kann noch bis zum 11. November 2024 besucht werden. Die Öffnungszeiten sind donnerstags von 15 bis 18 Uhr, freitags, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr.



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