„Gefiederte Freunde“ flattern durch die Alte Kirche Hornau

Karin Guder mit ihrer Prinzessin – der Schleiereule. Dieser Vogel hat es ihr besonders angetan und sie hat in den letzten Monaten schwer „geschuftet“, um alle Vögel auf Papier zu bannen. Foto: Judith Ulbricht

„Alle Vögel sind schon da“ ist eines der bekanntesten deutschen Frühlings- und Kinderlieder. Der Text wurde im Jahre 1835 von Hoffmann von Fallersleben verfasst und 1837 in seinen Gedichten veröffentlicht. Im gleichen Jahr erschien auch eine erste Vertonung durch Ernst Richter. Was liegt da also näher, als den Titel dieses alten Liedes für eine Ausstellung über Vögel zu nutzen? Diese Idee hatte auch Karin Guder, die am vergangenen Freitag unter eben diesem Titel ihre Vogel-Ausstellung in der Alten Kirche Hornau eröffnete. Allerdings schauen hier nicht unbedingt Amsel, Drossel, Fink und Star von den Wänden, sondern die Exemplare, die der NABU seit 1971 als „Vogel des Jahres“ deklariert hat. In Echtgröße, außer Kranich und Storch – „für die gibt es nicht so große Rahmen, und auch die Größe des Papiers gestaltete sich schwierig“, verrät Karin Guder mit einem Augenzwinkern. Mit dem Wanderfalken 1971 fing alles an und die Kelkheimer Künstlerin verfolgte mit großem Interesse die jährliche Wahl. Naturschutz liegt ihr sehr am Herzen, und so freute sie es umso mehr, dass der NABU mit dieser Aktion auf bedrohte Vogelarten hinwies und ein Gewissen um ihre Bedrohung schuf.

Karin Guder studierte an der Meisterschule für Graphik und Buchgewerbe in Berlin und arbeitete als freischaffende Graphikerin und Malerin in Kelkheim. „Aber immer etwas gehetzt, weil Beruf und Familie nicht immer so gut miteinander vereinbar waren“, erinnert sich die Künstlerin. Sie begann jedoch, zu Ostern mit ihren Kindern Ostereier zu bemalen – mit ihren Vogelmotiven. „Ich habe dafür immer Gänseeier genommen, die waren größer und da passte mehr drauf“, scherzt sie. Schon bald werden ihre Eier über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, lange Jahre bietet sie sie auf der Burg Kronberg an. Herbert zu Strassen, ein dort lebender Bildhauer, fragte sie eines Tages, warum sie diese schönen Vögel auf so zerbrechlichem Material male. „Warum eigentlich, dachte ich dann auch, und schon war ich angespornt, die kleinen Flattertiere auf Papier zu malen,“, erinnert sich Karin Guder. Vor 13 Jahren präsentierte sie zu diesem Thema die erste Ausstellung unter gleichem Namen, natürlich mit weniger Vögeln. Nun folgt der zweite Teil von „Alle Vögle sind schon da“.

Schon lange begleitet Karin Guder die Kunst: Sie war 1990 Gründungsmitglied des Künstlerkreises Kelkheim und 1998 Gründungsmitglied der Künstlergruppe „Janus“. Mit ihren Werken nahm sie an Ausstellungen in Kairo und High Wycombe/GB teil.

Ihre Ideen und Anregungen findet sie im unerschöpflichen Reichtum der Natur. Immer interessiert an verschiedensten Ausdrucksmitteln in der Kunst, befasst sie sich mit Hinterglasmalerei und Monotypien, vertieft ihr Wissen und ihre Neigung zu Lithographie und Radierkunst. Ihre Aquarelle entstehen grundsätzlich vor Ort, die Ölbilder werden anhand von Skizzen im Atelier gemalt. Ihr Vögel sind Temperamalereien (von lateinisch temperare = ‘richtig‘ mischen). Darunter versteht man im engeren Sinne das Malen mit Farbaufstrichen, deren Bindemittel aus einer Mischung von wässrigen und nicht wässrigen Substanzen besteht, die durch einen Emulgator zusammengehalten werden, im weiteren Sinne alle Formen der Malerei, die ein überwiegend wässriges Bindemittel besitzen. Karin Guders Ziel bei den Vögeln ist es, die „gefiederten Freunde“ so detailgetreu wie möglich wiederzugeben, wobei die Lebendigkeit nicht verloren gehen darf. Deswegen verwundert es nicht, dass man das Gefühl hat, dass sich der Kopf der Schleiereule leicht dreht, wenn man an dem Bild vorbeigeht. Und hat der Mauersegler nicht gerade mit dem Schwanz gewippt?

Um sich von den eindrucksvollen Malereien verzaubern zu lassen und sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, haben Besucher noch bis zum 19. Juni Zeit. Die Ausstellung ist mittwochs von 15 bis 18 Uhr und samstags, sonntags und am Feiertag von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

Info

Seit 1971 küren NABU und LBV (Landesbund für Vogelschutz in Bayern) den Vogel des Jahres, inzwischen stimmt ganz Deutschland in einer öffentlichen Wahl über den Jahresvogel ab. Die Aktion hat vom Baum bis zum Höhlentier des Jahres zahlreiche Nachahmer gefunden. Vogel des Jahres 2022 ist der Wiedehopf. Die Auswahl des Vogels des Jahres erfolgt nach der Gefährdung der Art oder ihres Lebensraumes durch den Menschen. Dabei kann es vorkommen, dass die gleiche Art auch mehrfach mit diesem Titel gekürt wird wie bisher Weißstorch (1984, 1994), Eisvogel (1973, 2009), Feldlerche (1998, 2019), Rotkehlchen (1992, 2021) und Wiedehopf (1976, 2022).



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