Kelkheim (nd) – Am vergangenen Sonntag wurde auf dem Hofgut Rettershof wieder das beliebte Erntedank- und Handwerkerfest gefeiert. Die Veranstaltung gibt es bereits seit über dreißig Jahren. Inzwischen ist sie weit über die Grenzen Kelkheims hinaus bekannt, und so verwundert es nicht, dass Hunderte von Besuchern ihren Weg zum historischen Anwesen fanden. Auch das milde und trockene Wetter trug zum Erfolg der Feierlichkeiten bei.
Am Vormittag wurde das Fest mit einem ökumenischen Gottesdienst im Innenhof des Rettershofes eröffnet. Ausgerichtet wurde der Freilichtgottesdienst von den Fischbacher Kirchorten der Katholischen Gemeinde St. Franziskus und der Evangelischen Gemeinde St. Johannes. Die musikalische Begleitung übernahmen die Posaunenchöre Fischbach und Kelkheim und die Chorvereinigung 1864 Fischbach. In den historischen Gemäuern und unter freiem Himmel war es ein Gottesdienst mit einer ganz besonderen Atmosphäre. Danach ging es klangvoll mit der Bläsergruppe des Jagdklubs Main-Taunus weiter.
Programm für Wissbegierige
Viele spannende Informationen konnte man an diesem Tag ebenfalls sammeln. Musisch inspirierend war der Literarische Spaziergang mit der Autorin Uta Frank. Sie veröffentlichte bereits zahlreiche Bücher und hielt darin sowohl Märchen und Sagen als auch Kelkheimer Stadtgeschichte fest. Bestimmt kennt Uta Frank auch zahlreiche fabelhafte Sagen, die sich um den Rettershof ranken. Auf einen Historischen Spaziergang nahm die Besucher Stadtarchivar Julian Wirth mit. Das Museum Kelkheim hatte den interessanten Film „Das verschwundene Kloster Retters“ mitgebracht, den man sich im Freien ansehen konnte.
Auf großes Interesse stieß auch die Kräuterführung mit Heilkräuterpädagogin Gabriele Wittich. Ob die entkrampfende Schafgarbe, die Wilde Malve gegen Verschleimung oder die vielseitige Brennnessel – Wittich weiß bei jedem Kraut, wogegen es gewachsen ist. Seit über zehn Jahren gibt sie ihr Wissen zu den wilden Gewächsen weiter. In einem einer „Kräuterhexe“ würdigen Gewand verkaufte sie zusätzlich allerlei selbsthergestellte Produkte an ihrem liebevoll gestalteten Stand. Auch den richtigen Tipp zur Aufbewahrung hatte sie parat. „Getrocknete Kräuter bewahre ich in Gläsern auf, die dann dunkel gestellt werden sollten“, so Wittich. Sonnenlicht führt zu Überalterung der Trockenware, was einen Verlust von Aroma mit sich bringt.
Attraktionen für Groß und Klein
An diesem herbstlichen Sonntag war für jeden Geschmack etwas dabei. Die kleinen Besucher hatten große Freude beim „Bastelspaß“ und beim Werkeln mit dem Museum Kelkheim. Die Reitvorführungen auf dem Reitplatz fanden ebenfalls viel Anklang. Schließlich sind Pferde untrennbar mit dem Rettershof verbunden. Die Tanzgruppe „Hexenkessel“ begeisterte Groß und Klein mit zwei erfrischenden Tanzdarbietungen. Mit ihren farbenfrohen Kostümen fielen die Tänzerinnen jedem sofort ins Auge. Die Showtanzgruppe wurde im Jahr 1999 gegründet und gehört der Bürgervereinigung Alt-Münster an.
Die Ausstellung von historischen Traktoren der Schlepperfreunde Waldems ist inzwischen ein fester Bestandteil des Festes. Vor allem für den Nachwuchs war es ein großes Vergnügen, mal auf einem der Fahrersitze Platz nehmen zu dürfen.
Gelebtes Handwerk
Ein außergewöhnlicher Duft zog an diesem Herbsttag über den alten Gutshof. Die Verschlussbrennerei hatte geöffnet. Die Brennmeister Walter Ohlenschläger und Heinz Graulich vom Obst- und Gartenbauverein Fischbach (OGV) brannten die eingemaischten Quitten, Birnen und Zwetschgen vor den Augen der Besucher. Der historische Brennkessel im Kelterhaus lief auf Hochtouren, denn die Saison war sehr gut. „Besonders die Steinobsternte war in diesem Jahr hervorragend“, so Graulich. Für den hochprozentigen Obstbrand ist der OGV auf Fruchtspenden angewiesen, denn die Arbeit wird ehrenamtlich verrichtet. Dafür übernimmt der Verein die Ernte der gespendeten Früchte.
Für den besonderen Hingucker sorgten Schreinermeisterin Sigrun Horn vom Holunderhof mit ihren Mitarbeitern Sabine Kramer und Maher Al Mahairi. An ihrem Platz hatte Horn einen Messestand aufgebaut, der ausschließlich aus Kelkheimer Originalteilen gebaut wurde. Selbst die Fenster stammten aus einer einstigen Fischbacher Schreinerei. In Horns Werkstatt geht es um ausgesuchte Möbelstücke, denn sie restauriert hochwertige Antiquitäten und fertigt individuelle Möbel. Derzeit sucht der Holunderhof noch eine Auszubildende oder einen Auszubildenden. „Er oder sie sollte Engagement, Interesse und Leidenschaft für das Holzhandwerk mitbringen – diese Eigenschaften werden heute leider immer seltener“, so Sigrun Horn.
Über den Innenhof hallten derweil Hammerschläge, denn auch in der historischen Schmiede wurde den ganzen Tag gearbeitet - spannend für jeden, der einen Blick hineinwarf. Herrliche Töpferwaren, geschmackvolle Körper vom Korbmacher, faszinierende Gemälde vom Künstlerkreis Kelkheim, reichhaltiger Honig vom Imkerverein Bad Soden und seltene Pflanzen von der Wildkräutergärtnerei „Wildes Kraut“ – es gab wirklich alles, was das Herz begehrt.
Vielseitige Kulinarik
Kulinarisch hatte der Herbstmarkt natürlich ebenfalls viel zu bieten. Würzige Käsespätzle bereitete die Feuerwehr Fischbach frisch zu. Herbstliche Kürbissuppe konnte man bei der Feuerwehr Ruppertshain genießen. Für den süßen Abschluss sorgten der Malteser Hilfsdienst mit seinem großen Kuchenstand und Uwe Schana mit einer Auswahl von Crêpes. Frischer Süßer, Ebbelwoi und Obstbrand durften selbstverständlich auch nicht fehlen – beides bot der OGV Fischbach an. Das Erntedankfestbier der Hobbybrauer „Brauwichte vom Zauberberg“ gehörte für viele Besucher zu den lukullischen Höhepunkten. Eine Auswahl an saftigen Äpfeln hatte der Hof Birkenhöhe dabei.
Den Abschluss der Feierlichkeiten läutete das Blasorchester St. Dionysius Kelkheim-Münster ein. Möglich wurde das Fest auf dem liebevoll herbstlich dekorierten Hofgut durch den Magistrat der Stadt Kelkheim, die Gutsverwaltung Rettershof GmbH und hunderte von helfenden Händen. Der Erfolg gibt den Veranstaltern jedes Jahr erneut recht. „Für mich ist es eines der schönsten Herbstfeste der Region und ein absoluter Pflichttermin“, bestätigte Besucher Anton Schmidt aus Frankfurt.