Hessen (bs) – In den nächsten Wochen ist wieder das großartige Herbstschauspiel ziehender Kraniche am Himmel über Hessen zu sehen. Aufmerksame Naturfreundinnen und -freunde konnten jetzt bereits allererste Schwärme des laut trompetenden Glücksvogels am Himmel beobachten.
„Für die Kraniche heißt es jetzt: Mit lautem Trompeten auf in den Süden! Da Hessen mitten auf der Zugroute liegt, kann man sie vielerorts beobachten“, erklärt Maik Sommerhage, Landesvorsitzender des hessischen Naturschutzbundes (NABU Hessen). Insgesamt ist mit bis zu 250.000 Vögeln an Hessens Himmel zu rechnen. Bei günstiger Witterung gibt es im Herbst oft „Massenflugtage“, an denen in kurzer Zeit viele Kraniche in die südlichen Überwinterungsgebiete ziehen.
Sie fliegen meist bei Hochdruck
Kraniche fliegen bevorzugt bei Hochdruckwetter, da sie dann von den östlichen Winden mitgetragen werden und dadurch Kraft sparen können. „Wir rufen dazu auf, Kranichbeobachtungen online zu melden. Mit Hilfe der Meldungen möglichst vieler Kranichfreunde ist es uns möglich, eine bessere Übersicht über das Zuggeschehen und Hinweise auf Veränderungen von Flugrouten zu erhalten“, erläutert der NABU-Ornithologe Bernd Petri. Da sich Kraniche bei ihrem Zug an Landmarken wie Flüssen und Berggipfeln orientieren, sind sie bei ungünstiger Witterung dazu gezwungen, eine außerplanmäßige Zwischenrast einzulegen. Der NABU bittet alle Naturbeobachter um Rücksichtnahme: „An den Rastplätzen sollte man einen Abstand von mindestens 300 Metern einhalten, um die Kraniche nicht unnötig zu beunruhigen“, so Petri. Jede Störung koste die „Vögel des Glücks“ Kraft, die sie für den langen Flug in die Überwinterungsquartiere benötigten.
Hessen liegt in einer Hauptzugroute der Kraniche auf ihrem Weg von der Ostsee in ihre Winterquartiere im Südwesten Europas. An ihren größten nördlichen Sammelplätzen – zum Beispiel bei Rügen und an der Mecklenburgischen Seenplatte – finden sich im Herbst jeweils 100.000 bis 150.000 Kraniche ein. Bei günstiger Witterung brechen einzelne Schwärme frühmorgens auf und ziehen südlich und nördlich am Harz vorbei. Sie erreichen dann das Weserbergland und Thüringen und fliegen meist in den Nachmittags- und Abendstunden weiter durch Hessen. Schwerpunkte des hessischen Durchzuges sind die Flusstäler Ober-, Ost- und Mittelhessens, wo einige Tiere bei schlechten Flugbedingungen auch Rastgebiete aufsuchen. Beim Weiterflug mit 50 bis 70 km/h erreichen die Vögel die Auen von Main und Rhein und fliegen weiter bis zum großen Zwischenrastplatz am Lac du Der-Chantecoq (Marnestausee) in Nordfrankreich. Das Flugziel der meisten Kraniche ist die spanische Extremadura, wo sie den Winter verbringen.
Keilförmige Formation
Für den Naturbeobachter sind die ziehenden Kraniche an ihrer keilförmigen Formation und den trompetenartigen Rufen zu erkennen. Die kräftigen und erfahrenen Tiere fliegen an der Spitze, dann folgen Familien mit durchschnittlich zwei Jungtieren. Bei günstigen Flugbedingungen können die bis 1,30 Meter großen Tiere ohne Halt bis nach Südeuropa fliegen. Manche legen bei Wetterumschwüngen aber auch eine Rast in Hessen ein. Sie landen dann etwa im Amöneburger Becken oder in den Flusstälern von Fulda, Werra, Schwalm, Ohm und Lahn. Auch Feuchtgebiete in der Wetterau und die Rheinauen in Südhessen sind gern aufgesuchte Orte zum Ausruhen. „Sie brauchen Ruhe und die Gelegenheit, etwas zu fressen und wieder Kräfte zu sammeln“, erklärt der Biologe Petri.
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