Kelkheim (ju) – Es war wohl auch die Vorweihnachtsstimmung, die die Kelkheimer Politiker auf der letzten Stadtverordnetenversammlung des vergangenen Jahres milde und besonnen stimmte, obwohl ein schweres Thema auf der Tagesordnung stand: der Kelkheimer Haushalt für das Jahr 2024.
Vorab ging es schon in den Ausschüssen hoch her, denn die Erhöhung der Kreis- und Schulumlage des Main-Taunus-Kreises sowie die deutlich höheren Beiträge an die Main-Taunus-Verkehrsgesellschaft hatten ein großes Loch (2,5 Millionen Euro) in den Haushalt gerissen.
Beschlossen wurde schlussendlich vom Parlament, dass die Grundsteuer B um 50 Punkte angehoben wird und 500.000 Euro eingespart werden, die restlichen offenen sieben Millionen nehme man aus den Rücklagen, über die die Stadt glücklicherweise verfüge. CDU, SPD und die Freien Wähler Kelkheim verabschiedeten den Haushaltsplan 2024, ukw und FDP enthielten sich, Ivaloo Schölzel (fraktionslos, Freie Wähler) stimmte dagegen.
Bevor die Debatte startete, ergriff Erster Stadtrat und Kämmerer Dirk Hofmann noch einmal das Wort, wies auf die schwierig Lage hin und betonte, dass er mit dem jetzigen Haushalt ganz gut leben könne. „Obwohl ich hoffe, dass uns die Grundsteuererhebung nicht um die Ohren fliegt. Ich habe keine Lust, das nächstes Jahr wieder anfassen zu müssen.“ Seine Bedenken sind nicht ganz unberechtigt, hatte doch Landrat Michael Cyriax bei der Verabschiedung des Kreishaushaltes schon gewarnt, dass 2025 ein Plus von fünf Prozent bei der Kreisumlage drohe - und ein Prozent mache in Kelkheim gleich über 500.000 Euro aus.
Klartext geredet
Dann wurde Klartext geredet, gesittet, aber mit deutlichen Worten. CDU-Chef Carsten Schrage erklärte, dass eine angedachte Erhöhung der Grundsteuer B um 200 Punkte absolut inakzeptabel gewesen wäre und man daher auf der Suche nach einem Kompromiss war. Dieser sei seiner Meinung nach mit dem Drei-Säulen-Modell der Koalition mit SPD und FDP gefunden. Dieses sehe die Reduzierung der Grundsteuererhöhung von 100 auf 50 Punkte vor und eine Entnahme aus den verfügbaren Rücklagen (rund sieben Millionen). Hinzu komme der nötige Sparkurs in der Verwaltung bei den Sach- und Dienstleistungen. „Zuerst war von einer Million Einsparungen die Rede, letztlich haben wir uns aber dafür entschieden, dass es 500.000 Euro sind. Es stand nie zur Debatte, dass wir Aktionen wie die Ferienspielen streichen“, betonte Schrage nochmals. Er bat darum, genau in den Kreis zu schauen, dort würden Millionen in die kranken Kliniken gepumpt. „Die Kliniken reißen ein 50-Millionen Euro-Loch in den Kreishaushalt. Wie holt sich der Kreis die von den Kommunen wieder die zurück? Durch die Erhöhung der Umlage“, wies auch der CDU-Politiker auf die Worte von Dirk Hofmann hin.
„Erhebliche Schieflage der Kliniken“
Von einem unterhaltsamen Dachbodenfund im Zusammenhang mit Haushaltsplänen berichtete ukw-Fraktionschef Maximilian Alter. Er hatte Unterlagen aus dem Jahr 1930 gefunden. Damals hatte Kelkheim rund 2.100 Einwohner, einen Etat von 272.000 Mark, drei stadteigene Gebäude, ein Rathaus und 14 Mitarbeiter. Mit heute nicht mehr vergleichbar: mehr als 250 Stellen, mehr Aufgaben, mehr Verantwortung, mehr Kosten. „Gerade die Tariferhöhungen und der höherer Anteil am ÖPNV, das alles ist von uns nicht zu beeinflussen und schlägt erheblich zu Buche“, resümiert er. Auch er monierte „die erhebliche Schieflage der Kliniken“ im MTK, die die Gemeinden vor völlig neue Herausforderungen stelle. „Wir haben deswegen auch bewusst auf größere Anträge verzichtet und zur Erhöhung der Grundsteuer keine Alternative gesehen“, so Alter. Der von der Fraktion ins Spiel gebrachte Antrag, auf die Einsparungen von 500.000 Euro zu verzichten, wurde allerdings vom Parlament abgeschmettert. „Diese Einsparungen werden für die Bürger zu spüren sein, in der Gebäudeunterhaltung, der Grünpflege, bei der Instandhaltung von Straßen“, mahnte Alter zum Schluss.
‚‚Zwei Monate Kevin Trapp“
SPD-Fraktionschef Dr. Michael Hellenschmidt zeigte sich zu Beginn seiner Rede „eingeschüchtert von den 600 Seiten, auf denen die Planung des Haushaltes dargestellt wird“. Dank sagte er jedoch der Verwaltung für „diese Art der Fleißarbeit“. Dann rechnete er vor, dass die Erhöhung der Grundsteuer für jeden Bürger im Reihenhaus rund zehn Euro mehr bedeute, für Mieter in 100 Quadratmetern vielleicht vier Euro. „Kelkheim hat viel für die Menschen hier getan, ich denke, dann ist das vertretbar.“ Den Antrag auf Streichungen im Haushalt, den die Koalition einbrachte, würde Hellenschmidt auch nicht Einsparung nennen. „Ich würde es lieber ‚Konkretisierung des Haushalts’ nennen“, erklärte er und führte auch gleich an, was er damit meinte. „Viele Posten haben viele Nullen, da ist oft noch Luft drin“, erklärte er und schob ein Beispiel nach. „Wenn zum Beispiel der Dienstwagen nur 44.000 statt der im Haushalt aufgeführten 50.000 Euro kostet, dann sparen wir etwas ein.“ Und die halbe Spar-Million sei „noch nicht mal zwei Monate Kevin Trapp“, witzelte er und sorgte so für Gelächter im Parlament.
Auf die Erhöhung der Sach- und Dienstleistungen seit 2020 um 40 Prozent machte FDP-Fraktionschef Michael Trawitzki aufmerksam. Er hätte sich von der Verwaltung erhofft, dass man nach den Hiobsbotschaften aus dem Kreis erst einmal über mögliche Einsparungen nachdenke, anstatt reflexartig die Grundsteuer anzuheben und auf Rücklagen zurückzugreifen. „Ich habe darauf gewartet, dass von der Verwaltung selbst Einsparpotentiale ausgemacht werden, aber das passierte nicht“, monierte er in Richtung Rathauschef. Von daher könne seine Partei dem Haushalt nicht zustimmen und enthalte sich bei der Abstimmung.
Lob und Kritik
Lob für den Haushaltsplan gab es von Robert Wintermayr von den Freien Wählern, der darin ein „solides Fundament für die Stadt“ sieht. Kelkheim werde so „auf Kurs gehalten“. Er sieht daran eine nachhaltige Entwicklung die „zukunftsorientiert“ und „verantwortungsbewusst“ sei. „Die Stadt stellt sich den Herausforderungen der Zukunft mit klaren Visionen.“ Die Steuererhöhung in der Balance zu den Rücklagen sei für ihn in Ordnung. Kritik gab es von seiner Seite an der Diskussionskultur im Parlament. „Da ist noch Luft nach oben. Wenn wir ohne Koalitionszwang oder Polemik diskutieren, dann erst agieren wir zum Wohle der Stadt.“
Ivaloo Schölzel war überzeugt, die Stadt hätte doch Hinweise auf höhere Beiträge haben müssen. „Sie haben doch ein Ohr an den Gremien oder auch beim MTV.“ Da die Bürger nicht für die Defizite im Haushalt verantwortlich seien, hätte sie sich eine Streichliste gewünscht. „Und die Ferienspiele als gefährdet anzuführen, kommt mir hingegen wie eine Bedrohung und Erpressung vor“, machte sie sich Luft. Am liebsten hätte Schölzel die Grundsteuererhöhung komplett zurückgenommen, konnte sich aber mit diesem Antrag nicht durchsetzen.