Kommunalpolitik zum Anfassen – Schüler löchern Bürgermeister und Amtsleiterin

Sie geben Antwort: Kelkheims Bürgermeister Albrecht Kündiger (li.) und Petra Bliedtner, Leiterin des Amtes für Jugend und Integration, waren einer Einladung in die Gesamtschule Fischbach gefolgt. In der Aula stellen sie sich den Fragen der Siebtklässler. Foto: Judith Ulbricht

Kelkheim (ju) – Jugendliche sollten wissen, wie eine Kommune funktioniert, weil es ihnen ermöglicht, aktiv an ihrer Gemeinschaft teilzunehmen und Verantwortung zu übernehmen. Es fördert ihr Verständnis für demokratische Prozesse, politische Entscheidungsfindung und lokale Verwaltung. Dadurch können sie Einfluss auf Themen nehmen, die sie direkt betreffen, wie Bildung, Umwelt und Freizeitangebote. Ein fundiertes Wissen über kommunale Strukturen stärkt das Bewusstsein für gesellschaftliches Engagement und fördert kritisches Denken und Bürgerbewusstsein.

Einladung in die Schule

Wie lassen sich mehr Jugendliche dazu motivieren, sich in ihrer Kommune zu engagieren? Indem die Schulen kommunale Vertreter einladen, um mit den jungen Leuten ins Gespräch zu kommen. So wie die Gesamtschule Fischbach es kurz vor den Herbstferien gemacht hat. Bürgermeister Albrecht Kündiger und die Leiterin des Amtes für Jugend und Integration, Petra Bliedtner, haben sich in der Aula den Fragen der Siebtklässler gestellt. Diese hatten sich im Rahmen ihres Politikwissenschaftsunterrichts auf die Fragestunde vorbereitet. „Uns ging es explizit darum, den Jugendlichen zu zeigen, wie eine Kommune funktioniert, welche Aufgaben sie übernimmt. Dabei haben wir mit den Interessen der Jugendlichen gearbeitet, denn schließlich sind sie es, die eventuell die Zukunft von Kelkheim gestalten“, erklärt Ayse Yücel, Powi-Lehrerin, die mit ihren Kolleginnen Sylvia Klintworth und Nicole Aulmich verantwortlich für das Treffen mit dem Bürgermeister ist. „Politik findet vor ihrer Haustür statt und Fragen zu Jugendtreffs, Sommerprogramm und Integration beschäftigt vor allen Dingen die jüngeren Leute, da sie tagtäglich damit zu tun haben“, weiß die Lehrerin.

Was macht ein Bürgermeister?

Für den Bürgermeister sind solche Termine immer gern gesehen. „Ich freue mich, wenn ich in Schulen gehen kann“, gesteht der Rathauschef. „Es ist der allertollste Job, den man haben kann“, erklärt er auf Nachfrage. Gerade die Vielfalt mache seinen Arbeitsalltag so abwechslungsreich, nie komme Langeweile auf – ob Lokalpolitik, Sitzungen, Beerdigungen, Trauungen, Geburtstage, Feierlichkeiten oder die Arbeit in verschiedensten Gremien, immer gebe es etwas Neues. Natürlich müsse man mit den Leuten gern sprechen und freie Wochenenden seien eher rar, aber das nimmt er gern in Kauf. Warum er Bürgermeister geworden sei, fragen ihn die Schüler. Weil er mitgestalten wollte, das hat ihn gereizt. „Ich bin hier geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen und habe mich schon früh für Politik interessiert und wollte irgendwann mitbestimmen.“ Dass man nicht einfach so Bürgermeister werden kann, sondern für das Amt kandidieren muss, erfahren die Schüler dann auch gleich. Seit fast zehn Jahren sei er jetzt Bürgermeister und wolle es gern auch noch bleiben, dies müssten aber dann die Bürger entscheiden.

Jugendliche sollen mitgestalten

Dass auch die Entscheidungen und Wünsche der Jugendlichen eine Rolle in Kelkheim spielen, erklärt Amtsleiterin Petra Bliedtner. Sie wirbt darum, dass sich die Jungen und Mädchen in den Jugendtreffs der Stadt engagieren und auch das Jugendforum nutzen, denn nur so könnten ihre Anregungen Gehör bei der lokalen Politik finden.

So kann in der Gesprächsrunde auch geklärt werden, warum derzeit der Zick-Zack-Ananaspark gesperrt ist und was man tun könne, um eventuell Abhilfe zu schaffen oder einen anderen Platz für den BMX-Park zu finden. „Es ragten immer mehr Felsbrocken aus dem Boden und wir sind verpflichtet worden, den Park aufgrund der hohen Verletzungsgefahr zu schließen“, erklärt der Bürgermeister den Schülern. Es wäre eine grundlegende Sanierung notwendig, die erhebliche finanzielle Mittel erfordere, „und die müssen erstmal vorhanden sein“, so Kündiger. Anhand dieses sie direkt betreffenden Themas können die Schüler nachvollziehen, wie die Arbeit in einer Kommune funktioniert. Petra Bliedtner appelliert an die Jugendlichen, sich einzubringen. „Die mobile Jugendarbeit versucht eine Gruppe zu finden, die sich um solche Aufgaben – wie die Instandhaltung eines BMX-Parks – kümmern möchte. Ihr sollt euch daran beteiligen, es ist euer Projekt. Und wenn die Politik sieht, dass ihr an der Sache dran seid, dann kümmert auch sie sich.“

Was ist mit Urlaub?

Neben Fragen zur Stadt- und Jugendpolitik interessiert es die Schüler auch, ob ein Bürgermeister einfach so in den Urlaub fahren könne. Da muss Kündiger lächeln. „Natürlich darf ich fahren. Ich habe einen Ersten Stadtrat und der übernimmt dann die Amtsgeschäfte für mich. Aber eigentlich nehme ich nur zwei Wochen in den Sommerferien. Und wenn die Eintracht mal im europäischen Ausland spielt, bin ich als großer Fan natürlich mit dabei“, gesteht er zur Freude der Schüler, von denen sich viele als SGE-Fans outen. Als der Rathauschef dann auch noch erklärt, dass er am Wochenende häufig als Schiedsrichter unterwegs ist, ist das Eis endgültig gebrochen. Die Schüler interessiert auch, ob Kündiger und Bliedtner in einer Partei sind und sie erfahren so, dass der Bürgermeister ein Grüner ist und Bliedtner, wie auch alle weiteren Mitarbeiter im Rathaus, unparteiisch, also parteipolitisch neutral sein müssen. „Wir sind für die Bürger da, haben verschiedene Amtsleitungen und alles dreht sich rund um die Kelkheimer und ihre Belange“, erklärt Bliedtner den Schülern.

Unterschiedliche Themen

Viele Fragen tauchen an diesem Tag auf – es geht um die Situation in Ruppertshain, um die Umweltfreundlichkeit der Stadt, um bezahlbare Wohnungen, Radwege und erneuerbare Energien und ihre Nutzung in der Stadt. Die Schüler zeigen sich wirklich gut vorbereitet. Bereitwillig stehen die beiden Amtsträger Rede und Antwort, egal ob es um die hohen Preise geht, auf die der Bürgermeister „natürlich keinen Einfluss hat, das ist eben die freie Marktwirtschaft“ oder die Nachfrage, ob es noch Bankautomaten in den kleineren Stadtteilen geben wird. Interessant auch das Pläydoyer des Rathauschefs für den zweiten Bildungsweg. Kümdiger gesteht nämlich auf die Frage, ob er Jura studiert habe, dass er nach der zehnten Klasse die Schule abgebrochen hat, weil er einfach nicht so erfolgreich war. Aber über den zweiten Bildungsweg hat er sein Abitur nachgeholt. „Es gibt immer einen Weg, den Abschluss zu machen“, sagt er. Auch Bliedtner ist sich sicher, „dass ihr das finden werdet, worauf ihr Lust habt. Der zweite Bildungsweg eröffnet viele Möglichkeiten, keiner muss zurückbleiben. Eine gute Berufsausbildung ist die Voraussetzung für euren weiteren erfolgreichen Weg.“

Ein besseres Abschlusswort kann es eigentlich nicht geben. So zeigen sich die drei Powi-Lehrerinnen zum Schluss mehr als zufrieden. Nach den Ferien wird die Fragerunde dann noch aufbereitet. Ayse Yücel freut sich über die erfolgreiche Veranstaltung: „Es sind so viele zusätzliche Fragen bei den Kids aufgepoppt, das ist echt super. Das zeigt, dass das Thema bei den Schülern angekommen ist.“



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