Wenn es so kommt, dass in Kelkheim-Münster statt Räume für 300 Asylsuchende 100 Ein-Zimmerwohnungen in Modulbauweise für Auszubildende, Studenten etc. eingerichtet werden, würde Kelkheim-Münster noch mit einem blauen Auge davonkommen. Fragt sich allerdings, wo diese Mieter herkommen sollen und auch wollen. Die Stadt hat den geringsten Anteil an der abenteuerlichen Entwicklung. Es ist der gegenüber der Landesregierung eilfertige Landrat, der zu schnell einen privatrechtlichen Vertrag mit gigantischen Nutzungszahlen und Preisen für die Flüchtlingsunterbringung abgeschlossen hat. Um davon wieder herunter zu kommen, wird jetzt eine Insel-Wohnnutzung in einem großen Gewerbegebiet geschaffen, das zum Teil ganz erhebliche Belästigungen aufweist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat schon in mehreren Entscheidungen eine zwei- bis sechsmonatige Unterbringung von Flüchtlingen als in einem Gewerbegebiet „nicht gebietsverträglich“ bezeichnet (Nachweis bei König u.a. Baunutzungsverordung, Rn 49a zu § 8). Das lief dann in Münster nur über bis Ende 2027 befristetes Ausnahmerecht nach § 246 BauGB, „soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.“ Hier hangelt man sich also seit Jahren von Ausnahmerecht zu Ausnahmerecht, was einem Rechtsstaat noch nie gut getan hat.
Viele Entscheidungsträger in der Politik berufen sich darauf, dass Deutschland mit weiterhin unkalkulierbaren Flüchtlingszahlen rechnen müsse und verweisen dabei auf die „Dublin-Verordnungen“ der EU, die vorsehen, Asylsuchende erst einmal ins Land zu lassen und dann die Zuständigkeit anderer europäischer Staaten zu prüfen, was regelmäßig schiefgeht, weil insbesondere Italien und andere Länder kaum zurücknehmen. Dublin ist funktionsloses, totes Recht geworden, so dass bei uns der 1993 mit Zweidrittelmehrheit eingeführte Art. 16a GG gilt: Wer aus einem sicheren Drittstaat kommt, genießt eben kein Asylrecht in Deutschland. Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sieht das seit langem schon so.
Dr. jur. Reinhard Kunz
Kelkheim