Tafelsilber der Stadt wurde verscherbelt
Es ist ein politisches Armutszeugnis, dass die Koalitionsparteien das Angebot des einzigen Interessenten zur Bebauung des ehemaligen Feuerwehrgrundstücks mit Reihenhäusern zwar als unwirtschaftlich für die Stadt ansehen, es aber trotzdem mit ihrer Mehrheit im Parlament abgenickt haben, nur um ein leidiges Thema vom Tisch zu bekommen. Ein Bieterwettbewerb, wie normalerweise üblich, hat nicht stattgefunden.
Die Annahme der Offerte bedeutet für die Kommune, dass sie für ihre drei Reihenhäuser auf dem Areal gut eine Million Euro zuschießen muss, weil Bau- und Sanierungskosten bei weitem höher sind als der Erlös, den der Verkauf des Grundstücks bringt, der deutlich unter Bodenrichtwert erfolgt.
Da werden grob fahrlässig und in erheblichem Umfang Steuergelder verbrannt, während man im Kleinen penibel ist und etwa dem Ausländerbeirat vorwirft, dieser hätte eine Veranstaltung wie das Fastenbrechen nicht mit 1.200 Euro aus Steuermitteln finanzieren dürfen.
Den größten Meinungsumschwung in der Frage zur Bebauung des ehemaligen Feuerwehrgrundstücks hat die Kelkheimer SPD vollzogen. Auf der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung im Februar 2020 hatte die Partei zusammen mit der UKW noch vehement gegen die Entscheidung von CDU, FDP und FW votiert, Einfamilienhäuser auf dem Areal zu errichten, die auf Basis von Erbbaurecht nach dem Einheimischenmodell vergeben werden sollten. Dies ist bekanntlich daran gescheitert, dass sich kein Investor für eine solche Lösung gefunden hatte. Wörtlich heißt es in einer Stellungnahme der Partei von damals:
„Die SPD Kelkheim wendet sich klar gegen diese Vorgehensweise … und bleibt bei der Meinung, dass die Nutzung des Grundstücks zum Bau von Wohnungen in städtischer Hand einen weitaus höheren Beitrag zur Schaffung bezahlbaren Wohnens in Kelkheim geleistet hätte.“
Nach dem Motto „was kümmert mich mein Gerede von gestern“ will die Partei aus Gründen der Koalitionsräson davon jetzt nichts mehr wissen. Zwanzig Wohnungen auf dem alten Feuerwehrgelände würden nicht die Wohnprobleme in Kelkheim lösen und ein weiterer Kampf dafür sich auch nicht lohnen, so das Fazit ihres Vorsitzenden.
Für eine Partei, die soziale Wohnungsbaupolitik und die Schaffung bezahlbaren Wohnraums als Kernthema auf ihre Fahnen geschrieben hat, ist eine solche Aussage ein Armutszeugnis. Angesichts des dramatischen Wohnungsmangels und ständig steigender Mieten müsste die SPD-Spitze über jede neue Wohnung in Kelkheim froh sein, die im bezahlbaren Segment entsteht. Stattdessen wird argumentiert, wie es gerade passt, um heftig umstrittene Bauprojekte zu rechtfertigen.
Völlig abwegig ist auch der Vorschlag aus den Reihen der CDU, dass man ja die drei Reihenhäuser der Stadt für jeweils knapp 1.800 Euro monatlich kalt vermieten könne, um finanzielle Defizite der Stadt aufzufangen.
Einschließlich der explodierenden Nebenkosten müsste ein Mieter dann weit mehr als 2.000 Euro im Monat hinblättern, um dort wohnen zu können und gut 5.000 Euro netto monatlich verdienen, wenn als Faustregel gilt, dass die monatliche Warmmiete nicht höher sein sollte als ein Drittel des Nettoeinkommens.
Das ist selbst für gut verdienende Haushalte kaum zu stemmen, geschweige denn für die von der Koalition als Zielgruppe stets genannten helfenden Dienste wie Feuerwehrleute, Kitaangestellte, Erzieher und Erzieherinnen und Pflegekräfte.
An Bekenntnissen zu bezahlbarem Wohnraum herrscht in der Kelkheimer Politik kein Mangel. Wenn es dann aber an die Umsetzung wie beim ehemaligen Feuerwehrgrundstück geht, betreibt die Koalition Wohnungsbaupolitik, die auf dem Rücken der vielen Menschen ausgetragen wird, die auf bezahlbare Wohnungen angewiesen sind bzw. eine solche suchen und nicht finden.
Günter Knoll, Kelkheim