Naturbetrachtungen aus Kelkheim und Umgebung – Ist der Winter vorbei, wenn die Kraniche ziehen?

Manchmal verlassen die Kraniche ihren Formationsflug und sortieren sich neu.Foto: Schurian

Kelkheim (kez) – Bereits Ende Januar wurden die ersten Vögel über Kelkheim gesehen, wie sie von ihren Überwinterungsquartieren im Südwesten zurück in Richtung Nordosten flogen. Es waren aber nur etwa 70-80 der großen Vögel, die ich sah. Ich war über den frühen Rückzugstermin doch sehr erstaunt, denn in früheren Jahren sagte man oft: „Wenn die Kraniche im Herbst wegziehen, beginnt der Winter“ und „wenn die Kraniche zurückkommen, fängt der Frühling an“. Diese „Binsenweisheiten“ darf man aber keinesfalls zu genau nehmen. Eine Anfrage bei einem Ornithologen (Vogelkundler) ergab: „Es gibt immer welche, die bereits ab Anfang Januar zurück in die Brutgebiete unterwegs sind“. Kehrt dann der Winter erneut zurück, brechen sie wieder nach Süden auf, um der Kälte zu entgehen. Die Frühzieher haben den Vorteil, dass sie sich die besten Brutgebiete aussuchen können, während die später Zurückkehrenden dann das Nachsehen haben. Schaut man derzeit – es ist gerade Mitte Februar – aus dem Fenster, sieht es nicht nach Frühlingsbeginn aus. In Nordhessen gab es noch Eis- und Schneeglätte auf den Straßen, der Himmel ist zwar sonnig, aber die aktuellen Temperaturen in Kelkheim liegen um den Gefrierpunkt. Was die Kraniche umtreibt, bei diesen Bedingungen aus dem doch deutlich wärmeren Südwesten Europas in den kalten Nordosten zu fliegen, könnte uns ja vielleicht erfreuen. Ist der Winter aber wirklich schon vorbei?

Wir sollten nicht vergessen, dass der meteorologische Winter noch bis zum 28. Februar dauert. Da sind Kaltlufteinbrüche jederzeit möglich und auch Schneefall, von dem wir bisher nicht viel gesehen haben.

Aber die Tatsache, dass am 11. Februar erneut geschätzt 200 Kraniche über Kelkheim gezogen sind, erstaunt doch.

Die Tiere müssen auf ihrem Flug in bestimmten Abständen eine Rast einlegen, um etwas zu fressen. Sicher haben sie in Spanien die heruntergefallenen Früchte der Stein- und Korkeichen gefressen – wenn die Schweine nicht alles bereits vertilgt haben. Auch in Frankreich finden sie Futter. Sie suchen dort abgeerntete Reisfelder auf, um sich vor dem Flug zu stärken. Aber was fressen sie bei uns?

Wie mir der ehemalige Leiter der staatlichen Vogelschutzwarte Untermain, Dr. K. Richarz, sagte, finden die großen Vögel – die Flügelspannweite beträgt über 2 Meter – genügend zu fressen auf unseren Feldern.

Da es im Winter nur wenig Körnerfutter gibt, nutzen sie bei uns Grünfutter, zum Beispiel die Wintergetreide. Die Saaten sprießen bereits, Rapspflanzen treiben aus. Auch sonst finden die Tiere genügend Pflanzen, mit denen sie zurechtkommen.

Schon erstaunlich, dass die Kraniche 2.000 Kilometer (!) nonstop zurücklegen können. Allerdings sind täglich bis 100 Kilometer eher die Regel. Mit etwas Rückenwind, und den nutzen die Tiere gerne, können sie Spitzengeschwindigkeiten von über 60 Kilometer pro Stunde erreichen, das ist schon enorm.

Die Vögel sind in der Luft sofort an ihren trompetenartigen Rufen und der Keilformation zu erkennen. Manchmal sortieren sie sich aber auch neu, und das gern über Kelkheim.

Bleibt zu hoffen, dass die Kraniche mit ihrem Rückflug richtigliegen und der Winter nicht mehr zurückkehrt.

Klaus Schurian



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