„Was hier passieren soll, ist im Bewusstsein der Bürger noch gar nicht angekommen“

Der Blick von oben auf das Areal. So könnte es aussehen: Zwischen den Neubauten am Gagernring (Bildmitte) würde die Gagernspange beginnen und am Hühnerberg (unten links) enden. Felder und Bäume müssten dann dem Feuerwehr-, Straßen- und Wohnungsbau weichen. Foto: Bürgerinitiative Gegen Hornau West (bearbeitet)

Eine Zeit lang war es still um die Bürgerinitiative (BI) Gegen Hornau West, aber jetzt, wo die Koalition gebildet und die Pläne für die Gagernspange und das sogenannte „Gagern-Quartier“ im Koalitionsvertrag festgeschrieben sind, kommt wieder Bewegung in die Initiative.

Warum eine Bürgerinitiative?

Am 17. Juni 2019, also vor ziemlich genau zwei Jahren, hatte die Stadtverordnetenversammlung in einer Grundsatzentscheidung die sogenannte Gagernspange in „Hornau West“ mit zentraler Feuerwehr beschlossen. Diese neue Straße soll auch zur Erschließung für ein geplantes Wohnbaugebiet dienen. Beginnen soll die Gagernspange am Gagernring zwischen den Neubauten gegenüber der „Künstlerwiese“ mit einem Kreisverkehr und einem Tunnel unter den Bahnschienen und auf der L3016 in Höhe der Straße „Am Hühnerberg“ enden. Zur Erschließung der geplanten Wohnbebauung ist es vorgesehen, diese Straße für den allgemeinen Durchgangsverkehr zu öffnen.

„Wir wollen die Zerstörung des zur verkehrlichen und wohnungsbaulichen Erschließung geplanten Gebietes ‚Hornau West‘ verhindern, deswegen haben wir uns kurz nach der Stadtverordentenversammlung gegründet“, so fasst Peter Münker, Sprecher der BI, die Entstehung und das Anliegen zusammen. Die circa 10,7 Hektar große Fläche, um die es geht, wird neben der landwirtschaftlichen Nutzung als Erholungsgebiet von den Bürgerinnen und Bürgern geschätzt und ist teilweise mit Feldgehölzen und Streuobst bewachsen.

Feuerwehrstandort

Immer wieder wurde von der Kelkheimer Politik auf „die Unverzichtbarkeit eines neues Feuerwehrstützpunktes“ (Michael Hellenschmidt, SPD) hingewiesen, der im Rahmen der Gagernspange entstehen soll. Auch die UKW unterstützt einen Neubau, wollte aber, anders als die anderen Parteien, nur ein kleines Baugebiet am Berliner Ring, einschließlich eines neuen Feuerwehrstützpunktes - keine Durchgangsstraße, wie die angedachte Gagernspange. Das betonen Doris Salmon, Fraktionsvorsitzende der UKW sowie Bürgermeister Albrecht Kündiger auf Nachfrage auch weiterhin. „Wir waren immer dafür, nur ein kleines Gebiet zu bebauen, plus Feuerwehrneubau und die Natur in Hornau West zu schützen“, so Salmon. „Es ist ja sowieso schon ein Eingriff in die Natur, da sollte man umsichtig handeln“, fügt der Rathauschef an. In den Wehren (Hornau, Mitte, Fischbach) ist man sich uneins. „Die Tendenz in den Wehren geht in eine andere Richtung“, weiß Sascha Kessler, Mitglied der BI. Als freiwilliger Feuerwehrmann kennt er die Diskussionen, auch über den Standort Mitte, über den die Wehrführungen beraten haben. „Mitte hat den Vorteil, dass die Feuerwehr von jeder Seite an einen Anfahrtsweg angeschlossen ist.“

Dieser Idee erteilt Stadtbrandinspektor Stefan Kunisch eine Absage. Er weiß um die Diskussionen und kann sie nachvollziehen. „Natürlich machen sich die Kameraden ihre Gedanken. Schließlich könnte so ein neuer Feuerwehrstützpunkt für einige auch längere Anfahrtswege bedeuten.“ Der Standort Mitte ist aber aus Berücksichtigung der Auflagen und Normen, die bei einem Aus- oder Neubau eines Stützpunktes zu beachten sind, völlig ungeeignet. „Selbst wenn wir alles abreißen und noch den Parkplatz dazunehmen würden, der Platz würde nicht reichen“, so Kunisch. Er möchte jetzt die zu erstellenden Gutachten abwarten, mit denen der perfekte Standort ermittelt werden soll, der alle Stadtteile gut und schnell erreichbar macht. Und er appelliert: „Wir müssen versuchen, die Einsatzkräfte und die Politik zu konformieren.“

Mehr Mut nach vorn

Die Bürgerinitiative will jetzt in die Offensive gehen, „denn das Schlimmste für uns ist die Gleichgültigkeit und die Unwissenheit der Bevölkerung“, erklärt Peter Münker. „Im Bewusstsein der Bevölkerung ist noch gar nicht angekommen, was passieren wird.“ Die Initiative ist bereit, bis zum letzten Schritt zu gehen: einem Bürgerbegehren. Und sie will aktiver werden. So ist eine Vor-Ort-Begehung mit dem Bürgermeister und der UKW geplant, bei der auch die betroffenen Landwirte anwesend sein werden. Die Bürger von Kelkheim sollen mit einem Feldfrühstück und einem Stoppelackerfest für das Thema sensibilisiert werden. „Wir werden Präsenz auf dem Wochenmarkt zeigen und das nicht nur an einem Samstag“, verspricht Peter Münker. Die Initiative will versuchen, alle Kraft der Ehrenamtlichen zu bündeln, um die Bevölkerung vollumfassend zu informieren. Mehr Unterstützung wünscht man sich von den Fischbachern, die nach Meinung der BI bis jetzt zu passiv agieren. „Das Thema betrifft doch nicht nur uns Hornauer, sondern auch den Stadtteil Fischbach“, mahnt Markus Gärtig, ebenfalls aktives Mitglied der Bürgerinitiative. Schließlich würde der Verkehr in Fischbach ab dem Hühnerberg nur geringfügig entlastet.

Grundsatzentscheidung

Im Rathaus ist man sich der Brisanz dieses Themas bewusst und ahnt, dass es auf ein Bürgerbegehren hinauslaufen kann. „Ein völlig legitimer Schritt, den unsere Demokratie den Bürgern ermöglicht“, erklärt Albrecht Kündiger. Eine grundsätzliche Weichenstellung wird nach der Sommerpause erfolgen. „Die erstellten Gutachten (z.B. Umweltgutachten, Feuerwehrstandort) werden den zuständigen Ausschüssen übergeben, eine Planungsgrundlage muss geschaffen werden und dann gibt es eine Grundsatzentscheidung“, erklärt der Bürgermeister.

Dann weiß auch die Bürgerinitiative Gegen Hornau West, woran sie ist und wird sich weitere Schritte überlegen.

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